Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
hatte sein gesamtes Wissen über Flugzeuge vom Free-Vee und aus den reißerischen Abenteuerromanen, die er früher mal gelesen hatte. Es war erst das zweite Mal, dass er an Bord so einer Maschine saß, und im Vergleich zu diesem Vogel war das Pendelflugzeug, das ihn von Harding nach New York gebracht hatte, ein Badespielzeug gewesen. Die heftige Vibration unter seinen Füßen verwirrte ihn.
    »Amelia?«
    Sie richtete sich langsam auf und hob ihm ihr gezeichnetes, tränenverschmiertes Gesicht entgegen. »Ja?« Ihre Stimme klang heiser, benommen, verwirrt. Als hätte sie vergessen, wo sie sich befand.
    »Kommen Sie nach vorn. Wir starten gleich.« Und zu McCone gewandt: »Setzen Sie sich, wohin Sie wollen, kleiner Mann. Sie können sich im ganzen Flugzeug frei bewegen, aber lassen Sie die Crew in Ruhe.«
    McCone sagte nichts, sondern setzte sich gleich neben den verhängten Durchgang zwischen der ersten und zweiten Klasse. Dann schien er es sich anders überlegt zu haben, stand auf, marschierte in die nächste Klasse und war verschwunden.
    Richards ging auf die Frau zu, wobei er sich an den Rückenlehnen aufstützte. »Ich würde gern am Fenster sitzen«, sagte er. »Ich bin erst einmal geflogen.« Er versuchte zu lächeln, aber sie sah ihn nur verständnislos an.
    Er schlüpfte in seinen Sitz, und sie rutschte neben ihn. Sie schloss sogar den Sitzgurt für ihn, damit er die Hand nicht aus der Jacke zu nehmen brauchte.
    »Sie sind wie ein böser Traum«, sagte sie. »Einer, der nicht endet.«
    »Es tut mir leid.«
    »Ich habe ihnen nicht …«, flüsterte sie, aber er legte ihr eine Hand auf den Mund und schüttelte den Kopf. Er sah ihr in die Augen und formte mit den Lippen das Wort Nein!
    Das Flugzeug drehte sich, mit heulenden Turbinen, langsam, mit unendlicher Vorsicht, herum und begann wie eine dicke, tollpatschige Ente, die auf das Teichufer zuwatschelte, auf die Startbahn zuzurollen. Sie war so groß, dass Richards das Gefühl hatte, sie stünden still und die Erde zöge langsam unter ihnen hinweg.
    Vielleicht ist alles bloß Einbildung, dachte er gehetzt. Vielleicht haben sie vor den Fenstern zwei riesige 3-D-Leinwände angebracht, und -
    Er brach diesen Gedankengang ab.
    Sie hatten das Ende der Rollbahn erreicht, und der Jumbo wandte sich schwerfällig nach rechts. Im rechten Winkel fuhren sie an den Startbahnen zwei und drei vorbei. Vor der Startbahn eins drehte die Maschine nach links und blieb noch einmal stehen.
    Über die Bordsprechanlage informierte Holloway sie mit tonloser Stimme: »Wir starten jetzt, Mr. Richards.«
    Das Flugzeug setzte sich in Bewegung, zuerst langsam, nicht schneller als ein Luftauto, und dann immer schneller werdend, bis es so gewaltig beschleunigte, dass Richards vor Angst fast laut aufgeschrien hätte.
    Er wurde in seinen weichen Sitz gepresst und die Landelichter draußen flitzten plötzlich mit atemberaubender Geschwindigkeit am Fenster vorbei. Die zerrupften Büsche und abgestorbenen Bäume, die sich dunkel von dem flammend roten Horizont abhoben, rasten auf ihn zu. Das Turbinengeheul wurde immer lauter und höher und höher, und der Fußboden vibrierte wieder.
    Plötzlich bemerkte er, dass Amelia Williams sich mit beiden Händen an seiner Schulter festklammerte; auch ihr Gesicht war eine vor Angst verzerrte Grimasse.
    Lieber Gott, sie ist auch noch nie geflogen!
    »Wir fliegen«, sagte er leise. Er musste den Satz immer wiederholen, unfähig, damit aufzuhören. »Wir fliegen. Wir fliegen.«
    »Wohin?«, flüsterte sie.
    Er konnte ihr nicht antworten. Er fing selber gerade erst an, es zu ahnen.

… Minus 025 Countdown läuft …
     
    Die beiden Polizisten, die an der Straßensperre am Osteingang des Flughafens postiert waren, beobachteten, wie der silberne Vogel auf die Startbahn einbog und an Geschwindigkeit gewann. Seine Bordlichter blinkten orange und grün in der Dämmerung, und das anschwellende Turbinengeheul dröhnte ihnen in den Ohren.
    »Er fliegt tatsächlich. Himmel, er hat es geschafft.«
    »Wohin?«, sagte der andere.
    Sie sahen, wie der große Schatten sich vom Boden hob. Die Motoren hatten jetzt ein seltsam flaches Geräusch, wie ihre Artillerieübungen an einem kalten Morgen. Der Jumbojet hob sich in einem steilen Winkel in den Himmel und wirkte dabei so real, so greifbar und prosaisch wie ein Stückchen Butter auf einem Teller. Und doch war es unwahrscheinlich, dass er flog.
    »Glaubst du wirklich, dass er’ne Bombe hat?«
    »Teufel, woher soll ich das

Weitere Kostenlose Bücher