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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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fest, dass ein immer größerer Spalt entstand.
    Noch ein bisschen. Mach, beeil dich!
    Plötzlich fiel für einen kurzen Augenblick Licht in den Fond der Limousine, erlosch, flammte wieder auf. Tack, tack, tack. Licht, kein Licht, Licht.
    Die Stadt! Wir sind in der Stadt! Welche Stadt eigentlich? Egal, es wird nicht mehr weit sein.
    Mit aberwitziger Geschwindigkeit gruben sich ihre Zähne in die Lücke, die sie mittlerweile geschaffen hatte.
    Mehr als die Hälfte!
    Die Ohren der Frau wurden langsam taub von dem ständigen Quietschen, das ihre Bewegungen auslöste und das in ihrem Gehörgang wie eine extrem laute Sirene klang.
    Weiter, los!
    Der Wagen bremste ab, rollte, bremste erneut und blieb vor einer Ampel stehen. Yoko wusste es genau wegen des roten Lichts, das in den Innenraum fiel.
    Mit einer schnellen Bewegung drehte sie erneut den Kopf, brachte ihre Hände vor dem anderen Eckzahnpaar in Stellung, richtete sich aus und hatte schon wieder die Arbeit aufgenommen,
    Darauf hätte ich auch früher kommen können , tadelte sie sich ein klein wenig selbst.
    Weiter ging es, sowohl, was die Fahrt anging, als auch ihre Bemühungen. Etwa eine halbe Minute später bemerkte die Frau, dass sich das Band leicht zu dehnen begann. Sie stellte die Arbeit mit den Zähnen ein, holte tief Luft und gab langsam mehr und mehr Druck auf ihre Handgelenke, die in der Zwischenzeit brutal schmerzten und deren Haut auf mehreren Zentimetern Breite abgeschürft war.
    Pling! Meine Hände sind frei. Frei, frei, frei!
    Als Erstes wischte Yoko sich mit der linken Hand über die klatschnasse Stirn. Danach holte sie erneut tief Luft, streifte die offene Schlinge von der rechten Hand und schloss für ein paar Sekunden die Augen.
    Vermutlich wird sie schon in der nächsten Woche mit einem jungen Mann verheiratet werden, der ihrem Vater dient, so dass in spätestens zwei Wochen der Spuk, den sie ausgelöst hat, vorbei ist.
    Die junge Japanerin öffnete die Augen, nein, eigentlich riss sie die Augen weit auf, weil sie erst in diesem Augenblick den Sinn der Worte realisierte, die ihr Großonkel ein paar Minuten zuvor so völlig entspannt ausgesprochen hatte.
    Ich soll verheiratet werden. Niemals!
    Vorsichtig hob sie den Kopf ein paar Zentimeter und sah kurz aus dem Fenster. Die Wilhelmshöher Allee, unterer Teil. Also war Tondo auf dem Weg zu seinem Haus. Er würde hinter dem Bahnhof links abbiegen und hätte keine zwei Minuten später das Grundstück erreicht. Mit einem weiteren kurzen Blick vergewisserte sie sich, dass weder ihr Großonkel noch seine ›Mitarbeiterin‹ Interesse an dem zeigten, was sich auf der Rückbank zutrug. Stattdessen waren die beiden bemüht, auf alle erdenklichen Situationen vorbereitet zu sein.
    »Was machst du, wenn sie sich wehrt? Wenn sie nicht zurück will nach Japan?«
    »Auch daran habe ich gedacht. Sie wird so ruhiggestellt sein, wenn sie ins Flugzeug steigt, dass sie selbst einen Absturz mit einem freundlichen Lächeln quittieren würde.«
    »Das ist gut. Wer fliegt mit ihr?«
    »Das könnte eine Aufgabe für diesen Miura sein, wenn er denn nur wieder auftauchen würde. Aber leider ist er noch immer verschwunden.«
    »Das regelt sich schon. Vermutlich ist er bei einer Nutte hängen geblieben oder etwas in der Art.«
    »Trotzdem will ich nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er ist unzuverlässig und arrogant.«
    »Genau so, wie du früher selbst warst.«
    »Das ist etwas ganz anderes. Außerdem waren das ganz andere Zeiten.«
    Yoko folgte dem Gespräch der beiden zwar, in ihrem Hirn kamen jedoch nur Bruchstücke davon an. Den weitaus größeren Teil ihrer Denkleistung beanspruchte der Plan, mit dessen Hilfe sie sich aus dem Wagen befreien wollte.
    Gerade rollten sie langsam an einem Autohaus vorbei, weil Tondo einem anderen Wagen das Einfädeln ermöglicht hatte.
    Ich kenne die Straße. Noch 200 Meter, dann kommt eine Kreuzung, deren Ampel meistens auf Rot steht. Dort werde ich sie überraschen und aus dem Auto springen.
    Die schwere Limousine nahm wieder Fahrt auf, sodass Yoko schon befürchtete, dass die Ampel plötzlich freie Fahrt signalisieren würde, doch kurz darauf tippte ihr Großonkel die Bremse an und ließ den Lexus langsam bis zum Stillstand ausrollen.
    Ruhig, Yoko! Jetzt nur nicht durch irgendeinen Blödsinn alles vermasseln.
    Vorsichtig bewegte die junge Frau den rechten Arm nach oben und schob ihn, als er die richtige Höhe erreicht hatte, nach vorn, bis ihr Zeigefinger den Entriegelungshebel der Tür

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