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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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in dem die Insassen in einer merkwürdigen Konfiguration Platz genommen hatten, schob den deutschen Kleinwagen mitsamt seinem handlungsunfähigen Chauffeur zunächst über den erhöhten Bordstein, wobei der Polo kurz abhob und seine Ölwanne einbüßte. Dann aber folgte der Wolfsburger der eingeschlagenen Richtung, wohingegen der japanische Wagen weiter nach links abdriftete, was zum Ende der gemeinsamen Exkursion führte, womit allerdings der röhrende Achtzylinder sein Pulver noch längst nicht verschossen hatte, denn nun ging es auf der anderen Seite der Haltestelle weiter, wo er die komplette Überdachung niederriss, anschließend die Wilhelms­höher Allee querte und mit voller Wucht in dem dahinterliegenden Kiosk einschlug, währenddessen gleichzeitig alle verfügbaren Airbags ins Innere des Wagens ploppten. Obwohl die Reise damit definitiv ein Ende hatte, brüllte der großvolumige Motor des Japaners noch für einen kurzen Moment auf, bis schließlich auch seine elektronischen Sensoren zweifelsfrei durchschaut hatten, dass an diesem Morgen an eine Weiterfahrt nicht zu denken war und die Benzinzufuhr unterbrachen.

32
     
    »Ilona Dörrbecker«, wiederholte Lenz den von Lehmann genannten Namen. »Das ist die Frau, die nach Aussage des Eigentümers den Mietvertrag für die Halle unterschrieben hat.«
    »Wie, das waren gar nicht die Eberhardt-Brüder?«, wollte Jürgen Lehmann wissen. »Ich dachte, die beiden hätten die Halle gemietet?«
    »Nein. Aber das können wir besprechen, wenn wir uns gleich sehen. Wir sind unterwegs.«
    »Dann mal los.«
    Lenz beendete die Verbindung, steckte das Telefon zurück in die Jacke und betrat wieder das Krankenzimmer.
    »Wir müssen leider los«, informierte er sowohl seinen Mitarbeiter als auch die Röders in aller Kürze.
    »Schade«, erwiderte der Mann auf dem Bett, dessen Frau wieder die Maske aufgesetzt hatte und leicht rasselnd döste.
    »Jetzt hatte ich mich gerade an Sie gewöhnt.«
    »Wir sehen uns bestimmt wieder, Herr Röder. Und wenn es nur ist, um einen Kaffee bei Ihnen abzustauben.«
    »Jederzeit gerne«, gab er den Beamten mit.
    »Was gibt es denn schon wieder?«, wollte Hain auf dem Weg zum Fahrstuhl wissen.
    Lenz gab ihm die Information weiter, die er von Lehmann erhalten hatte.
    »Das ist nicht schlecht, so können wir uns morgen früh den Weg zu ihr sparen. Wenn sie allerdings wirklich so hysterisch ist, wie Lemmi es dir beschrieben hat, werde ich wohl besser im Auto warten, während du mit ihr sprichst.«
    Statt einer Replik bedachte Lenz den jungen Oberkommissar nur mit einem langen, mitleidigen Blick, der von seiner gekräuselten Stirn demonstrativ betont wurde.
    »Schon gut, schon gut«, ruderte Hain augenblicklich zurück. »Ich verstehe schon, dass du dich ohne mich zunehmend unsicher fühlst. Wahrscheinlich einfach eine Folge des Alterungsprozesses.«
    »Danke, du ewigjunge Pestbeule.«
    Über ihren Köpfen ertönte ein dezenter Klingelton, woraufhin die Fahrstuhltüren auseinanderglitten und die Beamten einstiegen.
    »Der ganze Fall wird zunehmend mysteriöser, Paul«, fasste Hain die Ergebnisse der eben vorgenommenen Befragung zusammen. »Meinst du, dieser Tondo steckt da irgendwie drin?«
    »Was weiß ich? Mir wäre es schon recht, wenn wir eine Verbindungslinie von ihm zu den Eberhardt-Brüdern aufdecken könnten.«
    »Und wie hängt dieser Japaner da drin, dem vermutlich morgen früh die Eier abgeschnitten werden?«
    »Du kannst Fragen stellen.«
    Als die beiden Kripobeamten das Krankenhaus verließen, schoss gerade ein Notarztwagen mit eingeschaltetem Blaulicht an dem kleinen Pförtnerhäuschen vorbei, bog nach links ab und schaffte es gerade noch rechtzeitig, unter dem Vordach der Notaufnahme zu bremsen. Lenz zog den Kragen seiner Jacke hoch und sah in den Kasseler Nachthimmel, wo wieder leichter Schneefall eingesetzt hatte.
    »In einer Nacht wie dieser möchte ich keinen Dienst in der Notaufnahme schieben müssen«, sinnierte er.
    »Ich auch nicht. Da bin ich doch viel lieber ein Bulle bei der Kripo und schlag mir die Nacht mit irgendwelchen bösen Buben um die Ohren. Ist irgendwie viel netter.«
     
    Ilona Dörrbecker als hysterisch zu bezeichnen, wie Hauptkommissar Lehmann es getan hatte, gab die Realität nur recht unzureichend wieder. Die etwa 35-jährige Frau, die einen halben Meter neben dem Mann vom KDD stand, redete unermüdlich und mit großen Gesten ihrer langen Arme auf ihn ein. Im Näherkommen erkannte Lenz, dass die Frau trotz der

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