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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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zu fassen bekam. Mit einer schnellen Bewegung zog sie die kleine, lederbezogene Klinke nach innen und wollte schon ihre gesamte Kraft in jene Bewegung legen, die sie in die Freiheit katapultieren würde, als sie bemerkte, dass der leicht gebogene Hebel zwischen ihrem Zeigefinger und dem Daumen sich nahezu ohne Widerstand bewegen ließ.
    Verflucht, die Kindersicherung.
    Yoko zog den Arm zurück, schloss die Augen und hoffte inständig, dass weder ihr Großonkel noch Mata Aroyo etwas von ihrem Versuch mitbekommen hatten.
    Stille .
    Das Gespräch auf den Vordersitzen war zum Erliegen gekommen; offenbar gab es keine kriminellen Machenschaften mehr, die besprochen werden mussten. Aber es gab auch keine verdrehten Köpfe oder etwas Ähnliches, das darauf hinwies, dass ihre Aktion von den beiden wahrgenommen worden war. Yoko drückte ihren Kopf, so fest es ging, auf das kühle Lederpolster, atmete nicht und bewegte sich auch nicht.
    Gottverdammte Kindersicherung!
    Nun setzte das Fahrzeug sich langsam wieder in Bewegung.
    »Da vorn ist eine Polizeisperre!«, rief die Frau auf dem Beifahrersitz aufgeregt.
    »Ja, schon, aber die winken alle Autos durch. Und ich bin mir sicher, dass sie nicht nach uns suchen.«
    »Aber …?«
    »Sei still, bitte.«
    Eine Polizeisperre. Die schickt der Himmel. Ich werde aufspringen und mit den Fäusten gegen die Scheibe schlagen. Irgendwie werde ich es schon schaffen, auf mich aufmerksam zu machen.
    Der Lexus verzögerte erneut, stoppte jedoch nicht, sondern rollte mit moderater Geschwindigkeit weiter. Yoko konnte an dem hellen Stoffhimmel die ersten Zuckungen von Blaulichtern erkennen.
    Was, wenn die gerade nicht in meine Richtung sehen? Wenn es vielleicht wieder dieser schwachsinnige Polizist ist, der Watane und mich zum Umparken geschickt hat? Dann wird mein ganzes Hämmern gegen die Scheibe nichts nützen, und dann wissen mein Großonkel und seine dummgeile Gespielin, dass ich nicht bewusstlos bin und alles mitgekriegt habe, was sie gesprochen haben.
    »Fahr langsamer, du machst sie noch auf uns aufmerksam.«
    Sie warf den Kopf herum und sah ihn vorwurfsvoll an.
    »Siehst du nicht, das Auto vor uns hält an.«
    »Du sollst ruhig sein, Mata. Wenn du jetzt nicht dein dummes Maul hältst, wird es dir gleich sehr, sehr leidtun.«
    »Du meinst wohl, du kannst mir dro …?«
    Weiter kam die Frau auf dem Beifahrersitz nicht, weil sie von einem markerschütternden Schrei unterbrochen wurde und sich dabei furchtbar erschreckte. Diesen Schrei stieß Yoko Tanaka aus, deren Körper in diesem Augenblick wie eine Schattengestalt zwischen den Vordersitzen auftauchte, sich mit voller Wucht auf ihren Großonkel warf, mit der linken Hand zwischen seine Beine fuhr und mit aller Kraft zusammenpresste, was sie zu fassen gekriegt hatte. Gleichzeitig schossen ihr Oberkörper und ihr rechter Arm nach unten in den Fußraum der japanischen Luxuslimousine und ihre Finger hatten kurze Zeit später gefunden, wonach sie gesucht hatte. Genau in dem Sekundenbruchteil, in dem Daijiro Tondo anfing, von Schmerzen gepeinigt aufzujaulen, drückte die junge Frau das Gaspedal bis zum Bodenblech durch. Der Wagen schoss nach vorn, wo der Fahrer eines kleinen Volkswagens gerade in ein Gespräch mit einem uniformierten Polizisten verwickelt war. Yoko schrie noch immer, Tondo schrie ebenfalls, weil sich der Griff um seine Hoden nicht lockern wollte, und Mata Aroyo stimmte nun in diesen Chor ein, weil sie, völlig zu Recht, befürchtete, dass der Lexus jeden Moment in den stehenden Polo krachen würde. Das Letzte, was Yoko Tanaka sah, bevor sie die Augen schloss und den Einschlag erwartete, war das panische Gesicht eines jungen Polizisten, der mit weit aufgerissenen Augen auf die mit voller Drehzahl angeschossen kommende japanische Nobelkarosse blickte, die zeitgleich mit seinem halben Schritt zurück das Heck des VW Polo traf. Obwohl der Fahrer des Kleinwagens, ein Handballkollege des Polizisten, voll auf der Bremse stand, wurde er mit so brachialer Wucht nach vorn katapultiert, dass er sofort das Bewusstsein verlor. Damit jedoch war seine Exkursion an diesem Morgen noch längst nicht beendet. Weil nämlich Tondo während Yokos Griff nach seinen Weichteilen das Lenkrad um ein paar Zentimeter nach links verrissen hatte, schoss nun der ganze Zug mit immer größer werdender Geschwindigkeit auf die Straßenbahnhaltestelle am Kirchweg zu. Der japanische Straßenkreuzer, aus dem noch immer ein seltsamer, schriller Chor zu vernehmen war und

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