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Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer

Titel: Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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wieder in den Händen gehalten hatte.
    Beim Blick auf sein Foto im Pass kamen die Erinnerungen an seine Attacke und ihre Reaktion zurück, und im gleichen Augenblick schossen erneut Tränen aus ihren Augen.
    Verdammt , dachte die hübsche junge Frau, ich will nicht mehr weinen. Ich will es nicht mehr!
    Mit zitternden Fingern nahm sie die Teetasse in die Hand, trank einen Schluck und stellte den Pott zurück. Gerade, als sie dabei war, die ganzen Zettel und Dokumente zusammenzuraffen, um sie wieder in die Brieftasche zu verfrachten, fiel ihr Blick auf den bunten Papierumschlag von Japan-Airlines, in dem das Flugticket steckte. Dort hatte jemand mit krakeliger Schrift eine Telefonnummer notiert. Eine deutsche Mobilfunknummer!
    Ihr Herz schlug bis zum Hals und ihr Mund wurde schlagartig trocken, als sie das Ticket aus der Hülle gezogen hatte und sich die Nummer noch einmal ansah. Kein Zweifel, es war eine 0171, die Vorwahl eines deutschen Mobilfunkanschlusses, gefolgt von einer siebenstelligen Ziffernfolge. Watane klaubte alles bis auf die Tickethülle zusammen und ließ es, zusammen mit der leeren Brieftasche, in ihrem Rucksack verschwinden. Dann lehnte sie sich zurück in die roten, weichen Polster und überlegte fieberhaft, was sie als Nächstes unternehmen würde.
    Eigentlich gab es keine andere Möglichkeit, als auf der Stelle zur Polizei zu gehen. Eigentlich. Ein Mann hatte ihr ein Messer an die Kehle gesetzt mit der festen Absicht, sie zu töten. Wenn das kein Grund war, was dann? Doch dort würde es ihr garantiert nicht möglich sein, Shinji aus der ganzen Sache herauszuhalten. Shinji, von dem sie nicht einmal wusste, wo er sich aufhielt, und um den sie sich die größten Sorgen machte. Und der keine Bewilligung hatte, in Deutschland zu arbeiten. Sie musste trotzdem auf der Stelle die Behörden informieren, sonst …
    Plötzlich schoss ihr ein anderer Gedanke durch den Kopf. Hastig kramte die Japanerin ihr Mobiltelefon aus dem Rucksack und griff nach dem Umschlag mit der Nummer darauf, ließ jedoch, noch bevor sie die erste Ziffer eingetippt hatte, das Gerät wieder sinken.
    Was, wenn der Angerufene ihre Nummer sah? Sie benutzte zwar eine anonyme Prepaidkarte, die noch aus der Zeit mit dem Immobilienspekulanten stammte, hatte jedoch keine Ahnung, was technisch machbar war und was nicht. Mit feuchten Fingern klickte sie sich durch das Menü des Telefons, bis sie die Funktion gefunden hatte, die anonymes Anrufen ermöglichte. Mit einer Tastenberührung gab sie die Einstellung frei, manövrierte sich zurück auf den Hauptbildschirm, atmete tief durch, gab langsam die Zahlenfolge ein, die auf dem Umschlag zu lesen war, und wartete. Es dauerte einen Moment, bis ein erstes Klingeln ertönte. Ein zweites, und noch eins. Knacken.
    »Hai.«
    Watane erschrak. Mit einem Hai , dem japanischen Wort für ›Ja‹, hatte sie nicht gerechnet.
    »Wer spricht dort, bitte?«, fragte sie möglichst akzentfrei auf Deutsch.
    »Hier ist Tondo«, antwortete der Mann nun in sehr asiatisch gefärbtem Deutsch. »Daijiro Tondo. Firma Nipimex. Wen wollen Sie denn sprechen?«
    »Oh, ich glaube, ich habe mich verwählt. Bitte entschuldigen Sie.«
    Ohne auf eine Reaktion zu warten, beendete Watane das Gespräch, holte tief Luft und schloss die Augen.
    Daijiro Tondo!

17
     
    »Ilona Dörrbecker«, brummte Hain. »Die Adresse ist in Bettenhausen. Wollen wir da wirklich heute noch hin?«
    Lenz zog den Sicherheitsgurt von der B-Säule weg, klickte die Lasche ins Gurtschloss und machte ein unschlüssiges Gesicht.
    »Ich glaube, es reicht für heute«, konstatierte er dann. »Diese Frau Dörrbecker können wir auch morgen früh noch dazu befragen, was sie mit diesen ganzen Fischen zu tun hat.«
    »Oh, geil!«, jubelte der junge Oberkommissar. »Dann bringe ich dich jetzt nach Hause.«
    »Gerne.«
    Noch bevor die beiden Polizisten die Parklücke verlassen hatten, klingelte das Telefon des Hauptkommissars.
    »Ja, Lenz«, meldete er sich.
    »Hallo, Paul. Hier ist RW.«
    »Grüß dich. Thilo und ich wollen gerade Feierabend machen und ich hoffe inständig, dass dein Anruf diesem wirklich berechtigten Anliegen nicht im Weg steht.«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich schätze die Chance mal auf fifty-fifty.«
    »Das ist eine Scheißquote für einen Polizisten, RW.«
    »Mag sein. Aber vielleicht ist an der Sache ja auch gar nichts dran.«
    Lenz stöhnte innerlich auf. Sätze, in denen ›die Sache‹ vorkam, bedeuteten in der Regel nichts Gutes.
    »Also,

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