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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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kleinen Straßen und Gassen so gründlich, dass ich schließlich kapitulierte und einem vorbeifahrenden Taxi winkte. »A l’hotel …wie heißt unser Kasten noch mal?«
    Das wusste Steffi aber auch nicht mehr. »Irgendwas mit Blüten oder so ähnlich, jedenfalls war’s was mit Ikebana.«
    Im Gegensatz zu seinen New Yorker Kollegen, die häufig nicht mal Englisch verstehen, war dieser Taxifahrer mehrsprachig. »Sie wohnen in Japanisch ’otel?« Und als ich nickte: »Dann isch weiß, wir ’aben nur ein, Quai de Grenelle, n’est pas?«
    »Ja, ich glaube, so heißt die Straße«, sagte Steffi und ließ sich zufrieden auf die Rückbank sinken. »Das Hotel finde ich dann schon.«
    »Wenn ich davorstehe, erkenne ich es auch!« Es zeugt nicht gerade von Intelligenz, durch eine fremde Stadt zu laufen und nicht mal den Namen, geschweige denn die Adresse seines Hotels zu wissen. Übrigens hieß es weder Blütenstaub noch etwas anderes mit Blumen, sondern schlicht und einfach Nippon. Doch so ganz schief gelegen hatte Stefanie nicht, im Keller gab es nämlich eine Kirschblüten-Bar.
    »Ob noch Zeit ist für einen Sprung in den Swimming-Pool?«
    »Warum denn nicht?« Ich sah auf die Uhr, während der Lift schon wieder hielt und zwei kichernde Teenager einbaggerte.
    »Na ja, vielleicht sind die Zwillinge inzwischen total ausgehungert und lechzen nach sofortiger Fütterung!«
    »Oder sie sind satt, weil sie sich mit Crepes vollgestopft haben!« Inzwischen bekommt man diese hauchdünnen Eierkuchen auch bei uns an jeder Straßenecke, doch seinerzeit waren sie besonders für Nicole das Nonplusultra der französischen Küche.
    Die Mädchen schienen weder hungrig noch satt zu sein, genau genommen waren sie nicht mal ansprechbar, denn beide schliefen tief und fest.
    »Hei, aufgestanden«, brüllte Stefanie, »während wir kilometerweit durch die Hitze traben und uns die Hacken schief latschen, um pflichtgemäß historische Gemäuer zu begucken, liegt ihr im klimatisierten Zimmer und pennt! Schlafen könnt ihr zu Hause billiger!«
    »Sooo historisch ist Sacré-Cœur nun auch wieder nicht«, sagte Katja gähnend »da gibt es viel Antikeres.«
    »Und das wäre?«
    »Woher soll ich denn das auf Anhieb wissen? Spiel dich bloß nicht so auf, nur weil du eine Kirche besichtigt hast, die erst in diesem Jahrhundert fertig geworden ist. Der Kölner Dom steht länger, aber da warste noch nicht drin!«
    »Ich auch nicht«, meldete sich eine verschlafene Stimme aus dem anderen Bett, »aber ist der nicht in Köln?«
    Am liebsten hätte ich jetzt irgendetwas an die Wand geworfen, nur gab es nichts, was entsprechend wirkungsvoll sein und trotzdem mein Portemonnaie nicht übermäßig belasten würde. Für selbstverschuldete Schäden haftet bekanntlich der Hotelgast. Die Nachttischlampe stand zwar in Reichweite, sah auch billig aus, hässlich war sie sowieso, aber trotzdem entging sie der Vernichtung, weil sich das Zuleitungskabel nicht so ohne weiteres aus der Wand ziehen ließ.
    Stattdessen stürmte ich aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter mir zu. Sofort ging sie wieder auf. Katja steckte ihren Kopf durch. »Hast du schlechte Laune?«
    »Überhaupt nicht! Ich werde mich jetzt lediglich im Pool ertränken!«
    »Zwecklos«, sagte sie grinsend, »der ist wegen Renovierungsarbeiten geschlossen! Was glaubst du denn, weshalb wir schlafen gegangen sind?«
    Ein Restaurant nach dem Essen zu verlassen, ohne ein anständiges Trinkgeld zu geben, dazu gehört Mut. Am nächsten Tag wieder hinzugehen, ist Tollkühnheit. Wir taten es trotzdem. Es war nicht sehr groß, man konnte draußen sitzen, die vorbeiflanierenden Menschen beobachten, ein bisschen lästern und nebenbei auch noch recht gut essen. Nur der ebenso jugendliche wie arrogante Kellner passte nicht so ganz dahin. Er hatte uns gestern geflissentlich übersehen, und als Katja nach zwanzig Minuten Wartezeit fragte, ob wir endlich bestellen könnten, meinte er sehr von oben herab: »Hatten Sie schon die Karte?«
    Darauf Katja wie aus der Pistole geschossen: »Wieso? Hat der Koch mir denn geschrieben?« Ich gebe ehrlich zu, dass ich sie um ihr nahezu perfektes Französisch noch mehr beneidet habe als um ihre Schlagfertigkeit.
    Da der garçon keinen Humor hatte, bediente er uns höchst widerwillig, und als er später mit der Rechnung erschien, habe ich mir das Wechselgeld bis auf den letzten Sou herausgeben lassen.
    Sollten wir noch mal in seinem Revier auftauchen, würde er vermutlich fristlos

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