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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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sie Getränke bringen, Heizöl oder neue Möbel.
    »Zu wem wellet Se denn?«
    »Ganz bestimmt nicht zu euch!«, fertigte Steffi den noch recht jugendlichen Wortführer ab, dabei war es doch noch gar nicht sooo lange her, dass sie selber dazugehört hatte. »Wer bist du überhaupt?«
    Die Frage blieb unbeantwortet, denn Anne, die das Eckhaus bewohnt und als Einzige von uns freien Blick zur Straße hat, kam schon die Treppe herunter; in einer Hand hielt sie den Rest der Pressglasvase, in der anderen drei Untertassen. »Könnt ihr mir die mal eben abnehmen? Eddie hatte sie schon wieder in die Hütte gebracht zu dem ganzen Grillkrempel, weil sie zum Wegschmeißen angeblich zu schade sind, dabei bin ich froh, wenn ich diese dämlichen Hühner nicht mehr sehen muss!«
    »Hahn und Henne, nicht wahr?« Grinsend nahm ihr Steffi das Geschirr aus der Hand »Ist vor zwanzig Jahren mal sehr modern gewesen.«
    »Du sagst es – vor zwanzig Jahren! Da hat meine Großmutter nämlich angefangen für meine Aussteuer zu sammeln!«
    Die Vase musste sie allerdings wieder mitnehmen. »Kein Glas«, protestierte Hannes sofort, »viel zu gefährlich! Diese winzigen Splitter fliegen meterweit, da kann im wahrsten Sinne des Wortes schon mal einer ins Auge gehen! Außerdem« – er betätigte in der Fahrerkabine einen Knopf, worauf sich die hintere Ladeklappe öffnete – »haben wir genug mitgebracht.«
    »Ach du liebe Zeit!«, war alles, was mir einfiel beim Anblick dieses Sammelsuriums von Übertöpfen, angeschlagenen Terrakottafiguren, kopflosen Engeln, Keramikzwergen ohne Mützen und Weihnachtsmännern ohne Füße. »Wo um alles in der Welt habt ihr das her?«
    »Wonach sieht es denn aus?«
    Ja, wonach eigentlich? »Nach Ausschuss!«, sagte ich schließlich.
    »Richtig!«, bestätigte Hannes, während er die drei Teller neben einen tönernen Elch mit halbem Geweih parkte. »Das sind alles Transportschäden, der Bruch und die kleinen Unfälle der letzten acht Monate. Normalerweise fliegt: so was in die Mülltonnen, aber seit Herbst haben wir gesammelt.« Er nahm einen der drei halbmeterhohen Engel ohne Kopf in die Hand. »Der ist innen hohl. Könnt ihr euch vorstellen, was das für einen Krach macht, wenn er zerplatzt?«
    Schon möglich, doch »Ich bin mir gar nicht sicher, dass es überhaupt dazu kommen wird«, dämpfte ich seine Vorfreude, »wenn der Sicherheitstrupp den Lkw sieht, machen die garantiert die Zufahrt dicht.«
    In kurzen Worten schilderte ich Jörgs Besuch und seine unterschwellige Warnung, doch davon ließ sich Hannes nicht beeindrucken. »Entweder springt er über seinen Schatten, oder wir rücken geschlossen wieder ab. Dann wird er Steffi und mich allerdings auch bei der Hochzeit nicht sehen!«
    »Kann man da mal rein?« Karen, ihre Bowlenschüssel mit Loch unterm Arm, war dazugekommen und hatte gleich die hinten aufgereihten Übertöpfe entdeckt. »Warum wollt ihr die wegschmeißen? Da ist doch überhaupt nichts dran!«
    »Nein, aber wer stellt sich heutzutage noch ’n lila Blumenpott aufs Fensterbrett?« Er drückte auf einen anderen Knopf, die Laderampe fuhr langsam herunter, und kaum hatte sie den Boden berührt, da stürzte Karen schon in den Wagen. »Die sind ja gar nicht alle lila. Darf ich mir von den anderen ein paar raussuchen?«
    »Nimm sie alle!«, gestattete Hannes großzügig und bückte sich nach dem erdbeereisrosa Kübel mit dem Fassungsvermögen eines Wassereimers. »Da kriegst du sogar einen Oleander rein!«
    »Habe keinen.« Sie nahm einen kakaofarbenen Topf hoch, stellte ihn jedoch nach kurzer Musterung wieder hin. »Ein bisschen heftig sind die Farben ja wirklich. Wer hat sich denn darin ausgetobt?«
    »Meine Schwiegermutter!« Offenbar befürchtete Steffi, dieser farbliche Missgriff würde ihr zugeschrieben werden. »Die Dinger sind schon Ladenhüter gewesen, als ich in die Firma gekommen bin!«
    Jetzt interessierte sich auch Anne für das Angebot. »Trotzdem könnte ich ein paar für den Garten gebrauchen.«
    Steffi nickte. »Du musst von jeder Farbe mindestens zwei nehmen, damit du endlich mal ein paar Farbtupfer drin hast.« Auch Anne hat, wie wir alle, den Kampf gegen untergebuddelte Zementtüten und zerbrochene Hohlziegel längst aufgegeben. Es gedeiht nun mal nichts Blühendes in unserem Hinterland.
    »Die sieht man bei unserer Kuhweide doch sowieso nicht, oder hast du schon mal erlebt, dass Eddie den Rasen mäht?«
    »Entschuldigung, aber verkaufen Sie auch Pflanzen?« Frau Wallner, schon

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