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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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musste ich besorgen, was allerdings ganz einfach war, denn wir wohnten direkt am Grunewald. »Nimm aber nur ganz trockenes Reisig«, trichterte mir Omi ein, »wenn es noch feucht ist, qualmt es die ganze Wohnung voll!«
    Mein erster Blick am Poltermorgen galt also dem Thermometer, in dem sich das Quecksilber weitgehend verkrochen hatte und irgendwo bei zehn Grad stehen geblieben war.
    »Plus oder minus?«, fragte Sven, einen skeptischen Blick in den Himmel werfend. Er war gestern Abend schon gekommen in der weisen Voraussicht, seine Schwester würde für eine zusätzliche Hilfskraft bestimmt dankbar sein. War sie auch, schickte ihn erst zum Einsammeln der Salat- und Kuchenspenden los und teilte ihn abends mit zum Bierzapfen ein. Speziell dieser Tätigkeit hat er sich dann auch mit Hingabe gewidmet.
    Wir einigten uns darauf, dass die niedrigen Temperaturen auf den Frühnebel zurückzuführen seien, nicht gerade häufig in dieser Jahreszeit, andererseits nicht außergewöhnlich, und danach käme ganz bestimmt die Sonne heraus.
    Um elf Uhr war sie noch immer nicht da, aber wenigstens war das Thermometer gestiegen, und der leichte Nieselregen erschien uns nicht mehr ganz so kalt.
    Anruf von Steffi: »Regnet’s bei euch auch? «
    »Nein, warum?«
    »Hier gießt es Strippen.«
    »Das muss nichts bedeuten, es liegen ja 63 Kilometer dazwischen.«
    »Eben! Was momentan bei uns runterkommt, ist in einer Stunde bei euch.«
    »Wir haben aber Südwind!«, behauptete ich kühn. Den haben wir zwar noch nie gehabt, andererseits ist Meteorologie nicht gerade Stefanies Hobby. »Was ihr jetzt habt, ist hier schon längst vorbei!« Das war nicht mal geschwindelt, der Regen hatte tatsächlich nachgelassen.
    »Ich bringe trotzdem Gummistiefel mit!«
    Die hat sie dann aber doch zu Hause gelassen. Erst hörte es auf zu regnen, dann zogen die Wolken ab, die Sonne brach durch, und plötzlich hatten wir blauen Himmel und Temperaturen, die mich erneut vor die wichtigste Frage aller Fragen stellte: »Was soll ich anziehen??«
    Normalerweise hätte ich mir darüber keine Gedanken gemacht, Jeans und Bluse aus dem Schrank geholt, eine gemusterte natürlich wegen möglicher Senfspuren auf dem Ärmel oder ähnlicher zu erwartender Unglücksfälle, hätte ein Paar bequeme Treter angezogen und vorsichtshalber eine Wolljacke mitgenommen. Das zumindest war mein Outfit auf Steffis Polterabend gewesen, doch da hatte mich niemand gekannt und auch kaum jemand den Wunsch geäußert, diesen Zustand zu ändern.
    Hier nun sah die Sache ein bisschen anders aus. Es würden nicht nur das halbe Kollegium aus Nickis Schule erscheinen, einschließlich Rektor, sondern auch Studien- und sonstige Freunde, die mich zwar nicht kannten, jedoch alle schon mal was von mir gelesen hatten oder es zumindest vorgaben.
    Einem Autor stehen nach Veröffentlichung seiner Bücher eine bestimmte Anzahl kostenloser Belegexemplare zu, und besonderes gut heraus ist er, wenn seine Werke auch noch als Taschenbücher erscheinen – diese Verlage sind meistens etwas großzügiger. Hat der Autor allerdings halb- bis ganz erwachsene Kinder, reichen die Vorräte trotzdem nicht. Die zwar immer abgewandelte, im Tenor jedoch gleich lautende Frage kehrt nämlich regelmäßig wieder: »Määm, hättest du wohl noch ein Buch für mich? Ich bin morgen bei Anja (kann auch Simone, Tina, Alex oder sonst wie heißen) zum Geburtstag (Party, Taufe, Wohnungseinweihung, Krankenbesuch), und weil sie (er) weiß, dass du Bücher schreibst, würde sie (er) sich bestimmt freuen …« undsoweiter. Das gewünschte Exemplar hat das Kind natürlich schon herausgesucht und hält es mir samt Kugelschreiber entgegen. »Schreib noch irgendwas Nettes rein, ja?«
    Auf diese Weise sind eine Menge meiner Bücher in Umlauf gekommen, und sogar der Rektor hat mal eins gekriegt, warum, weiß ich aber nicht mehr.
    Manchmal gibt es Rückmeldungen. »Von Kerstin soll ich dir bestellen, dass ihre Mutter dein Buch ebenfalls gelesen und gleich zwei andere gekauft hat.« Na also, da hat sich die Spende doch wenigstens amortisiert! Oder: »Ich soll dich von Birgit fragen, ob deine Tante Lotti wirklich so heißt? Du hättest nämlich ganz genau ihre Patentante beschrieben, nur der Name würde nicht stimmen, weil die von Birgit Gertrude heißt. Oder hieß, inzwischen ist sie gestorben.« Nicki hatte schon angedeutet, dass sich einige der so Beschenkten darauf freuen, mich nun auch persönlich kennen zu lernen, allen voran das Kollegium,

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