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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und zweitens müssen ein paar von den anderen Gästen früh nach Hause.«
    »Und du glaubst nicht, dass wir für die Übrigbleibenden genug Stühle zusammenkriegen?«
    »Doch, aber wer hat denn so kurz nach dem Mittagessen schon wieder Hunger?« Als ob es nur ums Essen ginge!
    Katja hatte schließlich die Initiative ergriffen und vor drei Wochen einen Telefon-Rundspruch gestartet. »Leute, das können wir so nicht lassen«, hatte sie begonnen, »was ist denn das für eine Hochzeit, wenn das Brautpaar hinterher in seine vier Wände zurückkehrt, als ob nichts geschehen wäre?
    Hochzeitsreise geht nun mal nicht, was den Schluss nahe legt, dass Lehrer tunlichst während der Schulferien heiraten sollten, aber eine Hochzeitsnacht müsste wenigstens drinsitzen. Was meinst denn du?«
    »Dafür fühle ich mich nicht zuständig.«
    Sie lachte. »Eure aktive Mitwirkung ist auch nicht gefragt, es geht mehr um die indirekte, also um Bares. Ein RomantikHotel ist nämlich nicht gerade billig.« Kataloge habe sie durchgeblättert, Angebote eingeholt und sich schließlich für ein kleines romantisches Hotel in einer kleinen romantischen Stadt entschieden. »Knapp hundertfünfzig Kilometer entfernt, davon über die Hälfte Autobahn, also bequem zu erreichen. Das Hotel hat im Romantik-Führer zwei Krönchen und ein halbes Dutzend andere Auszeichnungen. Sieht wirklich schnuckelig aus. Es gibt sogar ein Hochzeitszimmer mit Himmelbett und Sektfrühstück, das Candlelight-Dinner am Abend ist auch im Preis enthalten.«
    »Aha, und wie hoch ist der?«
    Sie nannte eine Summe, für die andere Paare eine Woche Mallorca buchen.
    »Keine Angst, ihr sollt das ja nicht allein bezahlen. Wir beteiligen uns natürlich alle zu gleichen Teilen.«
    Und wenn schon. »Geht es denn nicht etwas weniger romantisch?«
    »Ich bringe dir morgen den Prospekt vorbei, dann wirst du mich verstehen. Das Haus ist über hundert Jahre alt.«
    »Hoffentlich sind die Betten jünger«, fiel mir noch ein, bevor ich den Hörer auflegte, um den Brautvater über die geringfügige Aufstockung des Hochzeitsgeschenks zu informieren.
    Die so Beschenkten wussten noch nichts von ihrem Glück, sie konnten nur etwas ahnen. Katja hatte ihnen lediglich geraten, das Auto aufzutanken, ein Köfferchen für zwei Übernachtungen zu packen, fürs Wochenende keine frische Milch zu kaufen und Badesachen mitzunehmen.
    »Wir sollten allmählich los«, sagte Rolf mit Blick auf die Küchenuhr, »ich weiß ja nicht, wie viele Autos zusammenkommen werden, aber mehr als sechs gehen auf den kleinen Parkplatz nicht rauf, und ich habe keine Lust, einen halben Kilometer weit durch den Regen zu laufen.«
    »Musst du auch nicht«, beruhigte ihn Sven, »es hat aufgehört.«
    Tatsächlich. Was da noch feucht heruntertropfte, kam von den Bäumen. Die dunklen Wolken wurden langsam heller, und hinten in unserer Wetterecke war sogar schon ein zartblauer Schimmer zu sehen. »Leute, es wird schön! Jetzt brauche ich aber noch fünf Minuten zum Umziehen!«
    Daraus wurden dann doch zehn, weil ich auch die Strümpfe wechseln musste, dunkelblau zu hellgrau sieht nun mal nicht aus, und trotzdem waren wir die Ersten. Allerdings nicht auf dem Parkplatz, da standen schon der seinem Status angemessene große Dienstwagen des Bürgermeisters, zwei Autos der Stadtgärtnerei und ein Privatwagen. »Dass der Boss seinen festen Stellplatz hat, verstehe ich ja«, sagte Sven, »doch wenn Hochzeiten sind, sollten die anderen für das niedere Volk gesperrt werden.«
    »Versuch’s mit einer schriftlichen Eingabe bei der Stadtverwaltung. Vielleicht hat man bis zu deiner eigenen Trauung eine Regelung getroffen«, sagte Rolf, ihm den Schlüssel zuwerfend. »Fahr bitte den Wagen weg, du auch, Hannes, und wir anderen blockieren derweil die zwei Parkplätze durch ein Sittin, oder wie das auf neudeutsch heißt …«
    »Willst du dich wirklich da drüben in die Pfütze setzen?« Fremdwörter sind häufig ein Glücksspiel, besonders für jemanden, der auf einem humanistischen Gymnasium gewesen ist und vom Englischen kaum mehr als das Kauderwelsch der Werbebranche beherrscht. Also klärte ich meinen Mann auf. »Das heißt Sit-in und besagt, dass man dabei sitzt.«
    »Lohnt sich ja gar nicht«, widersprach er sofort, »die werden doch immer gleich an Händen und Füßen weggeschleppt.«
    Bevor Katja ihre eigenen, allerdings kaum spektakulären Erfahrungen beisteuern konnte (sie hatte in Heidelberg mal an einer Studenten-Demo teilgenommen, bei

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