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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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der gegen zu wenig Wohnraum, zu wenig Bafög und noch einiges andere Zu wenig demonstriert worden war), stieg aus dem Privatwagen ein junges Paar und kam auf uns zu. »Das sind ja Henning und Sabine«, rief Katja überrascht, »ich habe euch gar nicht gesehen. Steht ihr schon lange hier?«
    Die Zeiten, als der enge und häufig auch der nicht so enge Freundeskreis bei uns ein- und ausgegangen, abgefüttert und nicht selten mit einem Gratisexemplar meines letzten Buches wieder verabschiedet worden war, schien nun endgültig vorbei zu sein; Henning und Sabine kannte ich nämlich nicht, hatte auch noch nie etwas von ihnen gehört. »Tom, weißt du, wer die sind?«
    Tom wusste es auch nicht. »Ich blicke da sowieso nicht mehr durch. Als wir uns kennen lernten, gab’s nur die Schulkameraden, mit denen Katja auch privat Kontakt hatte, dann kamen Kommilitonen dazu, die Freunde aus dem Seminar, später der ganze Klüngel aus der Referendarzeit, jetzt gibt es auch noch die Kollegen, inzwischen aus zwei Schulen … wenn Katja ihren nächsten Geburtstag feiert, kann sie in Waldminningen die Scheune mieten. Groß genug ist sie, da geht nämlich einmal im Jahr beim Schützenfest richtig der Bär ab.«
    Und wenn sie vierzig wird, braucht sie das Hilton, ergänzte ich im Stillen, bevor ich mit Sabine und Henning bekannt gemacht und informiert wurde, dass Henning Jörgs Trauzeuge sein würde. Automatisch klopfte er auf seine Jackentasche, in der ich das wichtigste Accessoire der Hochzeit vermutete, nämlich die Ringe. Für Nicole würde selbstverständlich Katja trauzeugen, das hatten die beiden schon im zarten Alter von fünfdreiviertel Jahren vereinbart, nachdem sie bei Fräulein Astrids Hochzeit Spalier gestanden hatten. Die hatte ihren Schutzbefohlenen später erzählt, dass und warum man aufs Standesamt muss und erst danach in die Kirche darf, weil es sonst nämlich nicht gilt.
    »Ich passe schon auf, dass alles richtig gültig gemacht wird«, hatte Katja versprochen, »sonst sagt der Stefan später, das muss erst mal jemand beweisen, dass er dich geheiratet hat, und dann haut er einfach ab.« Seinerzeit war dem ganzen Kindergarten klar gewesen, dass Nicki und Stefan mal heiraten würden, während sich Katja in Bezug auf den Vater ihrer mindestens vier Kinder noch nicht hatte festlegen wollen. »Der findet sich dann schon.«
    »Wo bleiben die denn?« Zum wievielten Mal ich auf die Uhr gesehen habe, weiß ich nicht, doch langsam wurde ich unruhig. »Es ist vier Minuten vor elf. Jörgs Eltern sind auch noch nicht da.«
    »Die kommen zusammen«, sagte Katja, »erstens ist Papas Auto repräsentativer, und zweitens ist es nicht üblich, dass der Bräutigam selber fährt.«
    Stimmt! Nein, stimmt nicht, denn im selben Moment bog der blumengeschmückte Mercedes in die Zufahrt. Hinterm Steuer saß unzweifelhaft Jörg, neben ihm die Braut. Ein zweiter Wagen folgte.
    »Also doch«, murmelte Katja, »sie haben’s nicht lassen können!«
    Während Sven mit der Kamera herumflitzte und jeden filmte, der nicht schnell genug aus der Reichweite des Objektivs kam (die meisten hatten es aber doch geschafft, denn die Rohfassung des späteren Films zeigte erstaunlich viele Rückenpartien), plauderte Katja – natürlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit – aus dem Nähkästchen. »Es soll ja richtig Krach gegeben haben zwischen seinen Eltern und Jörg. Er wollte partout keine Blumen, mit einem Rosenbeet auf’m Kühler fährt er nicht durch die Stadt, hat er gesagt, das käme überhaupt nicht in Frage undsoweiter. Ich weiß ja auch nicht, warum, Nicki ist vermutlich gar nicht erst gefragt worden, und wenn, dann hätte sie sowieso Nein gesagt, vierundzwanzig Stunden vor der Trauung sollte man kein Risiko mehr eingehen.«
    »Manchmal kannst du ganz schön giftig sein!« Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Steffi hinter uns stand und lange Ohren machte.
    »Ich bin überhaupt nicht giftig, ich sage nur die Wahrheit!« Sie drehte sich kurz um. »Papi versprüht wieder Charme nach allen Seiten, wir haben also noch einen Moment Zeit, bevor es ernst wird. Ich nehme mal an, dass Jörgs Mama für die Blumen verantwortlich ist. Er ist das einzige Kind, und wenn die beiden schon nicht kirchlich heiraten, was ihr bestimmt nicht recht ist, dann möchte sie wenigstens in Kleinigkeiten die Tradition beibehalten. Der Brautschmuck fürs Auto gehört nun mal dazu, da kann ich Frau B. voll und ganz verstehen. Wenn ich mal heirate … äh, heiraten sollte, dann will

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