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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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abgeschnitten hatte!«, fiel Steffi ein.
    »Unsinn! Da haben ihn immer noch nur wenige gekannt, die Bildzeitung hat’s ja noch nicht gegeben. Der olle Vincent ist erst bekannt geworden, als er nix mehr davon hatte. Das muss man sich mal vorstellen: Hängt sein Leben lang bei seinem Bruder am Tropf, und heute sind seine Bilder Millionen wert!«
    Im Augenblick interessierten mich van Goghs Werke herzlich wenig, ich habe keine Millionen, und wenn ich welche hätte, wüsste ich was Besseres damit anzufangen, als mir ein weltbekanntes Kunstwerk übers Sofa zu hängen. Das würde mir sowieso nur geklaut. Ich wollte jetzt wissen, ob mein Ehemann nur das Bild jenes hoffnungsvollen Malers begutachtet hatte und nicht auch noch etwas weniger Abstraktes.
    »Doch«, bestätigte er sofort, »einen ausgezeichneten Chablis. Und danach hat mich der Sohn des Hauses heimgefahren. Du müsstest ihn auch kennen, er hat damals in der Nacht zum 1. Mai zusammen mit Sven und Sascha den Zebrastreifen auf die Straße gemalt.«
    Jetzt ging mir endlich ein Licht auf. »Also ist das vorhin an der Klotür der Vater von Andy gewesen? Woher kennt der denn Nicole? Oder Jörg?«
    »Den wohl weniger, aber seinen Vater. Die spielen nämlich zusammen Golf.«
    Na ja, dann …
    Um dieses Kapitel endgültig zum Abschluss zu bringen, sei noch vermerkt, dass Tom und Hannes wirklich mitgeholfen haben, den riesigen Scherbenhaufen zu entsorgen. Zu dritt haben sie die Trümmer in den Lkw geschaufelt und zur Deponie gekarrt. Die Kosten dafür übernahm Hannes. »Ich kann sie wenigstens von der Steuer absetzen!«

Kapitel 11
    M änner, die Angst haben, dass der Erfolg sie umbringt, sollten sich um einen Job beim Wetterdienst bemühen!
    Sven hatte sich während der letzten Stunde durch die Fernsehkanäle gezappt, hatte zusätzlich den entsprechenden Videotext abgerufen und trabte nun an zum Rapport. »Entwarnung! Die Schirme könnt ihr zu Hause lassen! Heiter bis bewölkt, Temperaturen relativ hoch, gegen Abend örtlich Gewitterneigung – sie haben bloß nicht gesagt, wo örtlich ist.«
    Steffi hakte sofort nach. »Was ist für dich
relativ hoch?«
Eine berechtigte Frage. Kein Mann, der im Winter T-Shirts trägt, zum Schneeschippen lediglich ein dünnes Jeansjäckchen drüberzieht, eine Zimmertemperatur von einundzwanzig Grad als total überhitzt bezeichnet und bei zehn Grad unter Null neben dem geöffneten Fenster schläft, kann normal sein. Wüsste ich es nicht besser, müsste ich annehmen, Svens direkte Vorfahren seien Eskimos gewesen.
    »So um die siebzehn Grad«, meinte er denn auch ohne Rücksicht auf die Restfamilie, deren weiblicher Teil sowieso erst ab fünfundzwanzig Grad von ›angenehmen Temperaturen‹ spricht.
    »Leute, wir haben Sommer! Das ist amtlich. Die Schotten werfen ihre Weihnachtsbäume weg!«
    »Mir egal, ich ziehe was Langärmeliges an«, sagte Stefanie, »in diesen alten Gemäuern ist es immer kalt, oder weshalb sonst sind die Adligen im Mittelalter oft so früh gestorben? Guckt euch doch mal alte Stiche von Minnesängern an und ihren edlen frouwen, die würden doch heute allesamt unters Jugendschutzgesetz fallen. Aber die mussten ja so früh anfangen, sonst hätten sie ihre eigene Hochzeit nicht mehr erlebt.«
    Stefanies Angst vor einem frühen Kältetod liegt in der Tatsache begründet, dass unser Standesamt im fünfhundert Jahre alten Wasserschloss untergebracht ist, mit seinen dicken Mauern, einer breiten Wendeltreppe mit abgetretenen Steinstufen und außen rum an drei Seiten Wasser – sehr romantisch natürlich und der passende Hintergrund für die Hochzeitsfotos. Etwas desillusionierend nur die Notwendigkeit, in den übrigen Räumen Teile der Stadtverwaltung unterzubringen, das Ordnungsamt zum Beispiel und das Friedhofsamt, die Meldestelle und was es sonst noch an unerlässlichen Behörden gibt, um knapp zwanzigtausend Einwohner zu verwalten.
    Nun hatte sich jedoch vor einigen Jahren herausgestellt, dass das ganze Gemäuer ziemlich marode war und dringend restauriert werden musste. Die einzelnen Ämter wurden vorübergehend evakuiert, und als nach anderthalb Jahren das Wasserschloss in neuem Glanz erstrahlte (zugegeben, es ist ein Schmuckstück geworden) und alle Behörden wieder eingezogen waren, stellte der Gemeinderat fest, dass es nunmehr zu klein und ein ›richtiges modernes Rathaus‹ vonnöten sei, und zwar mitten in der Stadt. Daran bauen sie immer noch.
    »Deine Burgfräulein haben im Winter ihre Lungenentzündung

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