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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Prüfung. »Was ist denn da alles drin?«
    »Na, Ananas, Weintrauben, Orangen, Melone … weshalb interessiert dich das überhaupt? Du kannst doch nicht mal Apfel von Birne unterscheiden!«
    »Stimmt!« Er wollte zum Teller greifen, hielt jedoch inne und grinste seine Frau an. »Nein, stimmt nicht, Williams Christ und Calvados.«
    »Ach ja, mir bitte auch einen!«, rief Tom, der am Ende vom Tisch saß und nichts mitbekommen hatte. »Oder haben die hier auch Grappa?«
    In englischen Romanen trinken die englischen Männer nach ihrem Dinner meistens Portwein. Warum sie das tun, ist mir rätselhaft. Wenn man zu viel gegessen hat, nützt er nämlich gar nichts. Bei uns gibt es in solchen Fällen einen Obstler. Der hilft. Und hinterher einen Kaffee oder Espresso. Die helfen zwar nicht, schmecken aber besser und bilden den krönenden Abschluss eines Festmahls.
    Bis dahin waren wir gerade gekommen, als ein seriös aussehender Herr an unseren Tisch trat, sich erkundigte, ob denn alles zur Zufriedenheit gewesen sei und dann beiläufig erwähnte, es sei bereits nach drei Uhr.
    Ja, und???
    Nun, es sei doch wohl abgesprochen gewesen, dass die Räumlichkeiten ab fünfzehn Uhr dreißig wieder für den normalen Betrieb zur Verfügung stehen würden, die ersten Kaffeegäste warteten bereits, es müsse ja auch noch aufgeräumt werden …
    »Das heißt, wir werden jetzt vor die Tür gesetzt?«, brachte Herr B. die Sache auf den Punkt.
    Der seriöse Herr wand sich vor Verlegenheit. Nein, so direkt könne man das nicht sagen, es täte ihm ja auch sehr Leid, er habe jedoch seine Order, und ob wir vielleicht so freundlich wären …
    Natürlich sind wir gegangen, sogar ziemlich schnell, nur dass wir dabei freundlich gewesen sind, würde ich nicht behaupten. Die nette, aufmerksame Bedienung bekam ihr Trinkgeld, und das Bukett hat Nicki auch mitgenommen, weil die Blumen ja nichts dafür können, aber die Sache werde noch ein Nachspiel haben, prophezeite Jörgs Vater. Von einem Zeitlimit wisse er nichts, in spätestens einer halben Stunde wären wir ohnehin gegangen, ob wir denn wirklich die beiden Kaffeetrinker da hinten in der Ecke stören würden, und überhaupt sei dieser Rausschmiss nun mal keine Art!
    Der seriöse Herr verlor nicht einen Augenblick lang die Contenance, vielmehr entschuldigte er sich nochmals für diesen Hinauswurf (bei ihm hatte der allerdings bedauernswertes Missverständnis geheißen), hielt die Tür auf und wünschte uns noch einen schönen Verlauf des Tages.
    Genau das war das Stichwort! »Ich will ja nicht drängeln«, meinte Nicki, als wir etwas planlos auf dem Parkplatz herumstanden, »aber hinten im Wagen liegt unser Koffer, und wir wissen immer noch nicht, warum.«
    »Ihr werdet es gleich erfahren.« Erst wühlte Katja in ihrer Tasche, dabei war die zum Wühlen viel zu klein und hätte schon bei ersten Blick ihren Inhalt preisgeben müssen, dann klopfte sie ihre Jackentaschen ab, auch vergeblich, und endlich fiel ihr etwas ein. »Du hast doch die Autoschlüssel! Warum sagst du das nicht gleich?«
    Tom war derartige Vorwürfe gewöhnt. »Ich habe gedacht, du suchst mal wieder deinen Geldbeutel. Der war seit mindestens fünf Tagen nicht mehr weg, aber die Schlüssel hast du doch erst vorgestern zum letzten Mal vermisst.« Er reichte ihr das Etui.
    »Na und? Ordnungsliebende Menschen sind bloß zu faul, sich alles zusammenzusuchen.« Katja öffnete die Wagentür, guckte ins Handschuhfach, machte es wieder zu, inspizierte die Rücksitze, fand nichts, suchte auf dem Boden, fand auch nichts, überlegte kurz und entriegelte schließlich die Heckklappe. Während sie um den Wagen herumging, lächelte sie uns entschuldigend zu. »Stimmt ja, der Umschlag war zu groß fürs Handschuhfach.« Und dann: »Ihr könnt meine Mutter fragen. Ich hab’ ja eine ganze Menge toter Vögel in der Tasche, aber Faulheit gehört wirklich nicht zu meinen negativen Charakterzügen.«
    »Kannst du dir bei deinem Hang zu planvoller Unordnung auch gar nicht leisten«, konterte Nicole, »jetzt mach’s nicht so spannend und sag endlich, was in dem Kuvert ist.
    »Nur drei kleinere Kuverts.« Sie zog die länglichen Umschläge heraus, steckte sie fächerförmig zusammen und hielt sie auffordernd hoch. »Wer von euch beiden will ziehen? Die Chancen stehen immerhin 3:1.«
    »Ich nicht«, sagte Jörg sofort, »ich erwische doch bloß die Eintrittskarte fürs Freibad oder bestenfalls eine Kanufahrt auf’m Neckar.«
    »Was heißt hier bestenfalls«,

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