Menschenskinder
so einfach kommst du mir nicht davon!
»Meinst du nicht, dass die Arbeiter das Gartentürchen auch allein aufmachen können?«, fragte ich süffisant.
Ärgerlich winkte er ab. »Du weißt doch genau, was ich meine! Es muss doch jemand da sein, der aufpasst, damit sie hier nicht totalen Kahlschlag betreiben.«
»Ich setze mal voraus, dass diese Männer mehr Ahnung haben als wir beide zusammen, und außerdem kann sich doch Sven mit ihnen absprechen. Der nimmt sich einen Tag Urlaub, und dann kannst du sicher sein, dass hinterher nicht ein einziges Ästlein auf deinem so genannten Rasen liegen bleibt.«
Unverständliches knurrend verließ er das Zimmer. Die hart ins Schloss gezogene Tür signalisierte Missvergnügen. Egal, jetzt würde ich erst einmal Steffi anrufen (vielleicht hätte ich seinerzeit doch ein paar Telekom-Aktien kaufen sollen!) und mir erzählen lassen, mit welchen Argumenten sie ihrem Vater den Philippinen-Trip vermiest hatte. Die Bademoden waren trotz ausgiebiger Betrachtung noch immer nicht attraktiver geworden, also klappte ich den Katalog endgültig zu und packte ihn zum Altpapier.
Das Telefon war besetzt. Jetzt hätte mich ja brennend interessiert, mit wem Rolf telefonierte, doch ich wollte mir nicht die Blöße geben, »rein zufällig« in sein Zimmer zu platzen in der Hoffnung, ein paar Gesprächsfetzen aufzuschnappen. Brauchte ich auch nicht, wenig später kam er schon wieder die Treppe herunter. »Ich habe eben noch mal mit dieser Gartenbaufirma gesprochen. Die Sekretärin konnte mir keinen festen Termin sagen, sie sicherte lediglich zu, dass die Leute auf jeden Fall kommen und wir spätestens zwei Tage vorher Bescheid kriegen. Was sagst du nun?«
»Du hast ihnen doch hoffentlich Svens Telefonnummer gegeben?« Ende des ersten Aktes.
Der zweite begann am nächsten Morgen, als Rolf am Frühstückstisch neben der Zeitung den Band Torp – Zz abgelegt hatte. Während er genüsslich seinen Buttertoast kaute, las er mir das nach seiner Ansicht Wissenswerte über Tropenkrankheiten vor. Danach drohten uns bei einer Reise in jene Regionen wenigstens zwei Dutzend Krankheiten, von denen ich die meisten noch nie gehört hatte. Weder wusste ich, was Frambösie ist, Kala-Azar oder Orientbeule, aber die fiel ja sowieso weg, weil wir gar nicht in den Orient wollten, und mit Pinta oder Trichuriasis konnte ich auch nichts anfangen. Leider war nicht aufgeführt, wie sich diese Leiden äußerten bzw. auf welche Art man sie sich einfängt. Die Rattenbisskrankheit bekommt man wahrscheinlich, wenn man so einem Vieh in die Quere gerät, aber auf einer Insel in der »mit allem Komfort ausgestatteten« Hotelanlage war doch wohl kaum damit zu rechnen, und Pappataci-Fieber klingt auch mehr nach Regenwald und Sumpf und nicht nach Strand und Meer.
»Doch, sehr beeindruckend«, gab ich zu, nachdem Rolf noch Malaria, Gelbfieber und Cholera erwähnt hatte, »doch da wir uns weder durch einen Dschungel kämpfen werden noch die Absicht haben, in verseuchten Gewässern zu baden, sehe ich eigentlich keine Gefahr für Leib und Leben. Und auf dem Meer, wo du dich wohl überwiegend aufhalten wirst, ist die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Infektion noch viel geringer.«
Daraufhin sagte er erst einmal gar nichts mehr und klappte nur schweigend das Buch zu. Diese Runde war zweifellos an mich gegangen!
Katja war es schließlich, die ihrem Vater aus der Klemme half. Sie war vorbeigekommen, um mich an den Weihnachtsbasar der Grundschule zu erinnern, auf dem auch »ihre« Kinder selbst Gebasteltes zum Verkauf anbieten würden. »Wehe, du nimmst nicht wenigstens ein paar Karten, davon haben wir nämlich haufenweise, und die beklebten Schachteln sind auch ganz gut geworden. Du weißt doch sowieso nie, was du Frau Ranitz zu Weihnachten schenken sollst.«
»Bestimmt keinen Pappkarton.« Frau Ranitz ist unsere Putzfrau, gehört schon beinahe zur Familie und bekommt ihre Gratifikation immer in Verbindung mit einem kleinen Geschenk. Allerdings hatte ich im Laufe der Jahre schon alles durch, angefangen von Duftwässerchen über Tücher, Vasen, Leuchter und Windlicht bis zu Modeschmuck, mit dem ich allerdings völlig daneben gelegen hatte. Wir haben ihn dann gegen einen grün-goldenen Ledergürtel eingetauscht.
»Du sollst ihr ja nicht bloß die Schachtel schenken, sondern den Geldschein da reintun«, erläuterte Katja. »Hinterher kann sie das Teil immer noch zur Aufbewahrung von Gummibändern oder Parfümpröbchen verwenden.« Dann
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