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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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lassen. Mit Bier! Jedes Mal, wenn eine Stewardess (Pardon! Sie heißen jetzt ja Flugbegleiterinnen) auf ihrem nächtlichen Kontrollgang bei uns vorbeikam, orderte mein Nachbar eine neue Dose. Das hätte, mich ja nicht weiter gestört, wäre er nicht zunehmend anlehnungsbedürftiger geworden. Anfangs hatte er mich nur vollgeblubbert. Da sein Englisch ähnlich perfekt war wie meins, nämlich miserabel, verstand ich sowieso kaum etwas, kann also nicht sagen, ob er den philippinischen Außenhandel erläuterte oder die Wetterprognosen für die nächsten Tage, zumal seine Aussprache mit zunehmendem Bierkonsum immer undeutlicher wurde – doch dann sackte er allmählich zusammen, lehnte den Kopf an meine Schulter und entschlummerte. Es half nichts, wenn ich ihn wegschob, er murmelte nur Unverständliches und kippte wieder zur Seite. Auch die Flugbegleiterin hatte kein Glück. Zwar schaffte sie es, ihn wachzurütteln, aufrecht hinzusetzen und den Wunsch nach einer weiteren Dose Bier zu überhören, doch als sie wenig später mit einem Glas Mineralwasser zurückkam, war Dornröschen schon wieder eingeschlafen. An meiner Schulter! Schließlich wurde es mir zu dumm. Ich schob dieses leise vor sich hin schnorchelnde Männlein nicht mehr zur Seite, sondern vorsichtig nach vorne, worauf es im Zeitlupentempo abwärts rutschte und auf dem Boden landete. Dort blieb es, Kopf auf meiner Tasche, solange liegen, bis das Frühstück serviert wurde. Statt Kaffee verlangte dieser Mensch doch tatsächlich Bier! Und bekam es auch noch!
    Mit der Zeitverschiebung ist das auch so eine Sache! Wir waren nach Mitternacht gestartet, stundenlang durch die Nacht geflogen, hatten unterwegs sogar ein bisschen Tageslicht mitgekriegt, doch als wir in Manila landeten, brach die Dämmerung herein. Völlig dunkel war es, nachdem wir Pass- und Zollkontrolle hinter uns hatten und endlich, erschöpft und reichlich entnervt, auf der Straße standen.
    Wichtigstes Teil von Hannes’ Urlaubsgepäck ist nämlich seine Unterwasser-Kamera nebst Zubehör, bestehend aus hundsgemein schweren Lampen, Zusatzobjektiven und allerlei Ersatzteilen, weil grundsätzlich gerade das kaputtgeht, was man vor Ort nicht kriegt. Verstaut wird das ganze Zeug in zwei Metallkoffern, und wenn die beim Sicherheits-Check durch den Scanner rutschen, werden die meist etwas gelangweilt davor sitzenden Beamten jedes Mal sofort hellwach. Hannes wird zur Seite gewinkt, muss die Koffer öffnen, die Kamera ebenfalls, es könnte ja eine Bombe drinstecken, die Lampen werden aufgeschraubt, das Zubehör kontrolliert, und wenn er Glück hat, darf er schon nach zehn Minuten gehen; wenn er besonders gründliche Aufpasser erwischt, dauert es länger.
    Hier hatte es länger gedauert. Zu lange, denn als wir endlich abrücken durften, waren unsere Mitpassagiere längst verschwunden und mit ihnen vermutlich auch der Taxifahrer, der uns nicht nur ins Hotel bringen sollte (das hätten wir ja notfalls noch allein hingekriegt), sondern auch für unseren morgigen Weitertransport zum nationalen Flughafen verantwortlich sein würde.
    »Ich hab ja gleich gesagt, dass das von Deutschland aus nie klappen kann!«, moserte Steffi, während sie in ihrer Tasche herumkramte und schließlich fündig wurde. »Das ist die Nummer von dieser Reiseagentur, jetzt brauche ich bloß noch eine Telefonzelle.«
    »Und einheimisches Kleingeld!«, erinnerte Hannes. »Ich glaube nicht, dass du hier mit deiner Mickymauskarte weiterkommst.«
    »Quatsch! Telefonieren können wir auch vom Hotel aus. Wir schnappen uns jetzt ein ganz normales Taxi, fahren …«
    »Zwei!«, unterbrach mich Steffi mit einem beziehungsreichen Blick auf unseren Gepäckstapel. »Wir brauchen zwei!«
    »Also schön, dann nehmen wir eben zwei, so teuer werden die schon nicht sein, und dann …«
    »Kann jemand von euch erkennen, was da drüben auf dem Schild steht?«
    »Auf welchem? Hier gibt’s nämlich eine ganze Menge!«, giftete Stefanie, folgte dann aber doch Hannes’ Zeigefinger, der auf einen etwas entfernt parkenden Wagen deutete. In der geöffneten Tür hockte der Fahrer und wedelte gelangweilt einen Pappdeckel hin und her. »Wenn er das Ding mal stillhalten würde, könnte ich den Text vielleicht entziffern«, murmelte sie, »aber wahrscheinlich verscheucht er bloß die Fliegen.« Trotzdem ging sie ein paar Schritte näher heran und winkte dann aufgeregt mit beiden Händen. »Der erste Buchstabe ist falsch, und das H in der Mitte fehlt, aber sonst könnte es

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