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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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wir natürlich nichts, wer spricht schon philippinisch?), deshalb waren wir froh, als Hotelmanager Roy auftauchte. Er grinste uns aufmunternd an, orderte bei Julio eine Runde Moonlight-Cocktail für alle (ein absolut zutreffender Name, spätestens nach dem zweiten Glas überfällt einen unwiderstehliche Müdigkeit!), und dann erfuhren wir endlich, was Sache war.
    Auf einer der umliegenden größeren Inseln fand ein Manöver statt, und da der kommandierende General – wie vermutlich alle Generäle dieser Welt – den bei derartigen Veranstaltungen üblichen Unbequemlichkeiten wie Schlafsack im Zelt und Eintopf aus der Gulaschkanone ein anständiges Bett sowie ein mehrgängiges Menü am gedeckten Tisch bei weitem vorzog, hatte er sich und seinen Stab kurzerhand auf die Touristen-Insel abkommandiert.
    In das befreiende Gelächter, unterstützt von den orangefarbenen Moonlights, erfolgte denn auch ein bühnenreifer Auftritt: Das uns immer noch mit Argusaugen beobachtende Vorauskommando nahm plötzlich Haltung an, und dann marschierte, eskortiert von vier höheren Chargen, ein ziemlich kleines, ordenbehangenes und mit viel Silber aufgeputztes Männlein vom Strand kommend auf die Terrasse, grüßte militärisch in die Runde, reichte dem Manager gnädig die Hand, nahm ebenso gnädig den von Julio dargebotenen Drink entgegen und enteilte Richtung Bungalows. Er schien sich hier auszukennen. Roy eilte hinterher. Ihm folgten, einer davon hustend, weil er zu hastig sein Glas geleert hatte, die Adjutanten.
    Das Schlusslicht bildeten unsere Bewacher, immer noch mit gezückten MP’s, aber wenigstens zeigten die Mündungen jetzt nach unten. Über dem ganzen Szenario kreiste der Hubschrauber, bevor er endlich abdrehte und verschwand.
    »Da hat bloß noch ein Stabstrompeter gefehlt und das kleine Mädchen mit dem Blumenstrauß!« Natürlich hatte ich, wie alle anderen auch, weiche Knie gehabt und mir ein paar Minuten lang vorgestellt, wir würden günstigenfalls in ein Internierungslager abgeschoben und so lange festgehalten werden, bis man uns dank bundesrepublikanischer Drohungen, es gäbe keine Entwicklungshilfe mehr, wieder laufen lassen müsste. Der vermeintliche Überfall hatte sich als bühnenreife Operette entpuppt, und nun waren wir alle nur noch gespannt, wie sie weitergehen würde.
    Wir wurden maßlos enttäuschte. Zwar kam der Hubschrauber noch mal und lud ein rundes Dutzend Soldaten ab, doch die verteilten sich über die ganze Insel und blieben weitgehend unsichtbar. Der Herr General und seine vier Schatten hatten die zwei am weitesten abgelegenen Bungalows requiriert, erschienen zum Abendessen erst dann, als der Speisesaal schon leer war, und ließen sich auch später in der Bar nicht blicken. Ihre Anwesenheit wurde uns erst wieder am nächsten Morgen bewusst, als noch vor Sonnenaufgang der Hubschrauber unsere Besatzer wieder abholte und mit seinem Radau die ganze Insel weckte. Offenbar beginnt ein Krieg immer im Morgengrauen, auch wenn’s nur ein simulierter ist, und ohne General kann er ja nicht anfangen!
    Eine Feststellung sei mir aber noch gestattet: Noch nie in meinem Leben habe ich mich so beschützt gefühlt wie in jener Nacht. Von den rundherum aufgestellten Wachen hatte eine wenige Schritte neben meinem Bungalow Posten bezogen, obwohl gerade hier wegen der vielen Klippen wirklich keine Gefahr vom Meer her drohte. Und trotzdem habe ich zum ersten und auch einzigen Mal in diesen drei Wochen bei geschlossenem Fenster geschlafen!
    »Na, schon die Rechnungen geschrieben?«, flachste Hannes, als ein etwas gestresst aussehender Roy von ihm wissen wollte, ob denn die Klimaanlage wieder in Ordnung sei.
    »Welche Rechnungen?«
    »Für die Army. Unterkunft und Verpflegung für fünf Offiziere nebst Mannschaft schlägt doch ganz schön zu Buch. Wenn bei uns die Bundeswehr während eines Manövers …«
    »Bei Ihnen vielleicht«, unterbrach ihn Roy mit einem schmerzlichen Lächeln, »aber ich werde mich hüten, dem General auch nur einen Dollar zu berechnen.«
    »Dem nicht«, stimmte Hannes zu, »aber der Armeeführung.«
    »Der schon überhaupt nicht! Wissen Sie, was dann passiert?«
    Nein, das wusste Hannes nicht.
    »Dann findet das nächste Manöver auf dieser Insel statt!«
    »Kriegst du Resy noch in deinen Koffer?« Stefanie hielt mir das gelbe Viech mit den grünen Fußsohlen, den fünf Haarstoppeln auf der Stirn (von ihr äußerst kühn als »Stehwelle« bezeichnet) und dem grünen Band um den mageren Hals

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