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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Erlendur wie zu sich selbst. »Der Natur so ins Handwerk zu pfuschen.«
    »Ich hab gelesen, sie wollen Schafe mit menschlichem Blut züchten, oder so was Ähnliches. Schweine mit Menschenherzen«, warf Sigurður Óli ein.
    »Verdammte Unnatur«, sagte Erlendur. »Den Menschen ist nichts heilig!«
    »Es sieht so aus«, sagte Sigurður Óli und lächelte süffisant. Das Altersheim war das größte Gebäude in ganz Hafnarfjörður, dreizehn Stockwerke mit jeweils zehn kleinen Appartements auf den einzelnen Etagen. Die Bauunternehmer zocken offenbar bei den alten Leutchen kräftig ab, dachte Erlendur. Angeblich gab es dort so etwas wie einen Notfall-Service, und deswegen verkauften sie den Alten die Appartements zu völlig überzogenen Preisen. Die Betreuung in Notfällen war aber eigentlich minimal, und der Hausmeister war nie zu erwischen. Erlendur war sich sicher, dass viele der alten Leute ganze Häuser verkauft hatten, um an eine winzige Wohnung in einem solchen Seniorensilo heranzukommen. Denn dort gab es ja Geselligkeit, Abwechslung und Unterhaltung. Möglicherweise sogar amouröse Abenteuer.
    Sie nahmen den Aufzug in den zehnten Stock und betätigten die Klingel mit dem Schild Helena Svavarsdóttir. Die alte Dame kam zur Tür, öffnete sie einen winzigen Spalt und spähte hinaus. Eine Kette verhinderte, dass die Tür sich weiter öffnete. Die Frau war klein und hager und hatte ein faltiges Gesicht mit winzigen stechenden Augen, mit denen sie die beiden Männer zu durchbohren schien. Sie kann um die achtzig, aber genauso gut auch neunzig sein, dachte Sigurður Óli.
    »Helena Svavarsdóttir?«, redete Erlendur sie fragend an und schaute auf das Türschild.
    »Das bin ich. Wer seid ihr?«
    »Wir sind von der Kriminalpolizei. Mein Name ist Erlendur, und das hier ist Sigurður Óli. Es geht um deinen Bruder, Halldór Svavarsson.«
    »Wir sind nur Halbgeschwister. Was ist mit ihm?«
    »Dürfen wir vielleicht einen Moment zu dir hereinkommen?«
    »Nein, wieso denn?«
    »Wir sind hier, um dir mitzuteilen, dass dein Bruder, also, ich meine, dein Halbbruder, tot ist«, sagte Erlendur.
    Die Frau starrte sie eine Weile an und machte die Tür zu. Dann hörten sie die Kette, und die Tür wurde wieder geöffnet. Die alte Frau, die am Stock ging, ließ sie herein. Drinnen war es stickig wie in einem Backofen. Erlendur und Sigurður Óli erlaubten sich, die dicken Wintermäntel auszuziehen. Die Wohnung war winzig. Rechts von der kleinen Diele befand sich eine Kochnische mit zwei Kochplatten, einem kleinen Backofen und einer Arbeitsplatte. Daran schlossen sich ein Esstisch und ein kleines Wohnzimmer mit einer alten, aber gut erhaltenen Sofagarnitur an. Bilder von Verwandten hingen an allen Wänden und stellten den einzigen Schmuck dar, abgesehen von einer schön gerahmten Radierung über dem Sofa, die eine junge Frau darstellte. Erlendur glaubte die Signatur von Kjarval zu erkennen. Links von der Diele war ein kleines Badezimmer mit Dusche, und daneben lag das Schlafzimmer. Eine alte Pendeluhr an der Wand passte auf die Zeit auf. Was sie wohl für dieses kleine Kabuff bezahlt?, dachte Erlendur, während er seine Blicke durch das Appartement schweifen ließ, beschloss aber, lieber nicht zu fragen.
    Die Nachricht von Halldórs Tod schien Helena nicht besonders mitzunehmen.
    »Habt ihr den Hauswart gesehen?«, fragte sie und bedeutete ihnen, sich zu setzen. »In diesem Saftladen funktioniert überhaupt nichts. Seit zwei Tagen versuche ich, diesen Menschen zu erwischen. Hier auf unserer Etage hat niemand ihn auch nur ein einziges Mal gesehen, und wenn ich unten bei ihm anrufe, piept es immer nur so merkwürdig.« »Den Hauswart? Nein, ich glaube nicht«, antwortete Sigurður Óli, obwohl er genau wusste, dass er ihn sowieso nicht erkannt hätte, selbst wenn er im Eingang über ihn gestolpert wäre.
    »Der Service hier ist ein Skandal. Es wurden einem Gott weiß was für Versprechen gemacht, aber das war alles nur Schwindel. Und jetzt soll auch noch das Unterhaltungsprogramm eingeschränkt werden.« Helena schien kein Interesse am Tod ihres Bruders zu haben.
    »Halldór kam gestern Abend bei einem Brand ums Leben. Gewisse Gründe sprechen dafür, dass es sich um Brandstiftung gehandelt hat. Weißt du, ob er Feinde hatte?«, fragte Erlendur und musste innerlich schmunzeln, obwohl der Anlass ernst war. Helena erinnerte ihn an seine verstorbene Großmutter. Vor der hatte er immer einen Heidenrespekt gehabt.
    »Ich wüsste niemanden,

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