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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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weißt, was ich meine. Der Danni, den ich die ganzen Jahre kannte, war in Wirklichkeit ein Produkt der Chemie, kastriert von der Pharma-Mafia. Die ganzen Jahre, die wir uns kannten, habe ich wahrscheinlich nie seine richtige Persönlichkeit gesehen. Das macht mir am meisten zu schaffen. Manchmal glaubte ich, den wahren Danni durch den Drogennebel durchschimmern zu sehen, ich hatte das Gefühl, ihn zu sehen, wie er in Wirklichkeit war, aber vielleicht war das nur Einbildung. Ich weiß bloß, dass der wahre Danni ein guter Kerl war.«
    »Ich kann mich an kaum etwas aus der Zeit erinnern, bevor er krank wurde«, sagte Pálmi und verstummte. Sie blieben noch eine ganze Weile in der Küche sitzen, und der Verkehrslärm drang durch die Vierfachscheiben zu ihnen herein. Es ging auf Mittag zu, der Betrieb auf der Straße war entsprechend stark. Der Verkehr dröhnte, und die Auspuffgase legten sich über die Stadt. Es hatte seit ein paar Tagen keinen Wind gegeben, und der gelbe Dunst rührte sich nicht von der Stelle.

Sieben
    Erlendur und Sigurður Óli fuhren nach Hafnarfjörður, um Halldór Svavarssons Schwester die Todesnachricht zu überbringen. Nach dem Kälteeinbruch war es jetzt wärmer geworden, und auf den Straßen lag Schneematsch. Tauender Schnee, Teer und Salz mischten sich zu einem bräunlichen, nasskalten unangenehmen Brei, den man unweigerlich mit in Autos und Häuser schleppte. Wenn wieder Frost einsetzte, verwandelte sich der Matsch in scheußliche Eisbuckel.
    Während der Fahrt redeten sie kaum miteinander. Erlendur und Sigurður Óli waren in Gedanken versunken. Mit Hilfe der Zahnarztkartei war die Identität des Toten bestätigt worden. Halldór Svavarsson. Die ersten Nachforschungen hatten bestätigt, dass es sich um Brandstiftung handelte. Auf dem Benzinkanister befanden sich aber keine Fingerabdrücke.
    Lange Zeit hatte es innerhalb der Kripo Reykjavík keinerlei Spezialisierung gegeben, die Mitarbeiter waren für sämtliche Belange zuständig gewesen. Das war aber inzwischen geändert worden, und die Mitarbeiter hatten sich auf bestimmte Gebiete spezialisiert. Alle außer Erlendur, der sich nicht festzulegen brauchte und selbst bestimmen konnte, womit er sich befasste. Er hatte von allen, einschließlich seiner Vorgesetzten, die längste Dienstzeit vorzuweisen.
    Es war nicht einfach, mit Erlendur auszukommen. Davon konnte Sigurður Óli ein Lied singen. Trotzdem klappte ihre Zusammenarbeit. Vielleicht lag es daran, dass Sigurður Óli öfter als alle anderen mit Erlendurs schwierigem Temperament in Berührung gekommen war.
    »Der Typ, der dahinter steckt, muss verdammt arrogant sein«, brach es plötzlich aus Erlendur heraus. »Es würde mich nicht überraschen, wenn so ein paar von diesen verdammten Jugendlichen aus der Schule ihn abgemurkst hätten. Der Brutalität von Jugendlichen sind ja heutzutage keine Grenzen gesetzt.«
    »Oder es war jemand, der es nur so aussehen lassen möchte, als sei da ein absoluter Dilettant am Werk gewesen«, entgegnete Sigurður Óli, ohne auf Erlendurs Ansichten über die Gewalt unter Jugendlichen einzugehen. »Du hältst es also für ausgeschlossen, dass er sich selber verbrannt hat?« »Meinst du etwa, dass er sich zuerst selbst gefesselt und dann ein Streichholz angezündet hat?«
    »Er hätte ein Feuerzeug in der Hand haben und es fallen lassen können. Ich weiß es nicht.«
    »Ich bezweifle stark, dass jemand sich selber so was antun würde«, sagte Erlendur. »Hast du auch davon gehört, dass gestern jemand in der Klinik aus dem Fenster gesprungen ist? Einar untersucht das, glaube ich.«
    »So what?«
    » So what ? Was soll das mit diesem so what , das man jetzt überall hört? Bist du nach Amerika gegangen, um so what zu lernen?«, sagte Erlendur und warf Sigurður Óli einen Seitenblick zu. »Ich finde bloß, dass es ein merkwürdiger Zufall ist. Zwei Todesfälle zur gleichen Zeit.«
    »Es bringt sich doch dauernd jemand um«, sagte Sigurður Óli.
    Sie fuhren schweigend weiter. Der Nachmittag war schon fortgeschritten, und es wurde zusehends dunkler. Im Radio kam wieder eine Nachricht über die Versuche schottischer Wissenschaftler, ein Schaf zu klonen. Erlendur fand diese Entwicklung abartig und hatte, wenn im Dezernat die Rede auf dieses Thema kam, mit seiner Meinung nicht hinterm Berg gehalten. Einige seiner Kollegen standen den Klonversuchen jedoch positiv gegenüber und begrüßten den Fortschritt. Zu ihnen gehörte Sigurður Óli.
    »Widerlich«, sagte

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