Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
gefesselt waren, ist aus einem spezialverstärkten, feuerbeständigen Material, das hat sich bei der Analyse herausgestellt. Man kann diese Schnur aber in allen Baumärkten kaufen. Es ist denkbar, dass der Mörder aus purem Zufall dieses Seil erwischt hat. Er ist ziemlich dilettantisch vorgegangen, denn er hat den Benzinkanister einfach auf dem Gelände liegen lassen. Fußspuren waren nicht zu finden, denn der Boden war hart gefroren. Bislang steht niemand unter Verdacht, und wir haben auch keine Ahnung, was dahinter steckt. Auffallend ist aber, dass der Brandstifter keine Angst davor hatte, Spuren zu hinterlassen. Er fühlte sich also entweder völlig sicher, oder er ist schlampig veranlagt.«
    »Wenn er sich völlig sicher fühlt«, warf Einar ein, ein Mann Mitte vierzig, der mit Daníels Selbstmord befasst gewesen war, »deutet das nicht darauf hin, dass er davon ausgeht, dass wir den Mörder und den Ermordeten nicht in Verbindung bringen können? Das hieße, dass wir die Möglichkeit in Erwägung ziehen müssen, dass Halldór rein zufällig einem Mord zum Opfer gefallen ist. Der Mörder hat sich wahllos ein Opfer ausgesucht und den Mann vorsätzlich getötet − ohne dass sie sich gekannt haben. Nicht auszuschließen, dass er dieses Spiel wiederholt. Vielleicht haben wir jetzt einen Mordbrenner unter uns.«
    »Mordbrenner?«, fragte Erlendur. »Meinst du so etwas wie einen Serienkiller im Film?»
    »Falls er wirklich so schlampig vorgegangen ist, könnte das nicht eher darauf hindeuten, dass tatsächlich Schulkinder am Werk gewesen sind?«, gab ein anderer Kollege zu bedenken.
    »Das müssen wir untersuchen«, sagte Erlendur.
    »Typisch, dieses Vorurteil, dass Jugendliche schlampig sind«, sagte ein Mitarbeiter der Spurensicherung, der selbst zwei Kinder im Grundschulalter hatte. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Kinder imstande wären, so etwas zu tun.«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Sigurður Óli. »Wir kriegen in Bezug auf diese Altersgruppe seit neuestem äußerst merkwürdige Fälle auf den Tisch. Wir wissen, dass Alkohol-und Drogenmissbrauch immer häufiger schon in den unteren Jahrgangsstufen auftauchen. Persönlich bin ich der Ansicht, dass all diese Gewaltszenen im Fernsehen und im Kino daran schuld sind. Ich glaube, die Jugendlichen können nicht unterscheiden zwischen dem, was einem zur Unterhaltung vorgesetzt wird, und dem, was sie selbst in der Realität anstellen. Sie stehen von frühester Kindheit an unter dem negativen Einfluss der Medien und sind, bevor sie die Grundschule * verlassen, mit mehr Gewalt konfrontiert worden, als Erwachsene vor zwanzig, dreißig Jahren während ihres ganzen Lebens zu sehen bekommen haben. Und damit meine ich nicht nur die Spielfilme. Die Fernsehnachrichten sind doch keine Nachrichten mehr, sondern dienen genauso der Unterhaltung. Da werden Leute zerstückelt oder erschossen − und zwischendurch kommt Werbung.«
    »Meiner Meinung nach ist es kompletter Quatsch, dass Kinder zu Gewalt verleitet werden, nur weil sie Gewalt sehen«, sagte einer der jüngsten Anwesenden im Raum, ein Mann namens Þórólfur, der gerade erst bei der Kriminalpolizei angefangen hatte. »Wir haben keine handfesten Beweise dafür, dass Gewalt in Spielfilmen die Kinder dazu verleitet, sie nachzuahmen. Es gibt da den einen oder anderen isolierten Fall, der aufgebauscht wird, weil es Zuschauer bringt, wie du selbst gesagt hast. Aber gerade solche Programme können genauso gut zur Abschreckung vor Gewalt dienen. Gewalt wird es immer geben, und es dreht sich immer um dieselben Prozentzahlen. Wenn man Fernsehen und Kino dafür verantwortlich macht, dann nur deshalb, weil einem nichts Besseres einfällt und man sich an den Gedanken gewöhnt hat.«
    »Aber warum wurde er nicht zu Tode geprügelt oder erschossen oder erstochen? Warum diese ganzen Umstände?«, fragte eine Frau Mitte vierzig, die Elínborg hieß. Sie war eine der wenigen Frauen, die es in ihrem Job bei der Kriminalpolizei ausgehalten hatte. »Warum wurde dieser Mann angezündet? Das muss doch eine wichtige Rolle spielen. Wenn man jemanden verbrennt, steckt dahinter meiner Meinung nach entweder eine wahnsinnige Wut, oder es handelt sich um eine Art Ritual. Früher wurden die Leute wegen Ketzerei und Hexenwahn verbrannt. Und es ist immerhin denkbar, dass Halldór vor seinem Tod von dem Mörder in irgendeiner Form gefoltert wurde, bevor er das Feuer gelegt hat. Es ist gut möglich, dass der Mörder ein Sadist ist, oder es war doch

Weitere Kostenlose Bücher