Menschliche Einzelteile (German Edition)
Doktor die Daten so gut versteckt, dass niemand
sonst sie jemals finden konnte. Dann war die Sache ohnehin gelaufen.
Kritisch würde es nur werden, wenn die Daten plötzlich
doch noch auftauchten. Doch Max würde das Haus sorgfältig
durchsuchen, wenn alles und jeder erledigt war.
Er
wandte sich zur Hintertreppe, um wieder nach oben zu gehen, als ihm
plötzlich ein Körper entgegen flog. Max identifizierte ihn
als einen dieser Schmalspur-Gauner. Der mit der Strumpfmaske. Und
hinter diesem Burschen kam ein Senior die Treppe hinab gestampft,
der beinahe vollständig aus Bösartigkeit zu bestehen
schien.
„ Was
denn, noch einer?“, knurrte der Mann, als er Max erblickte.
„Kannst dich gleich in die Reihe der Leute einsortieren, denen
ich heute noch den Arsch aufreiße. Bist dann als nächster
dran, wenn ich mit diesem Jammerlappen hier fertig bin.“
Das
fand Max interessant. Dieser Mann wirkte nicht unsympathisch auf
ihn.
„ Ach,
Sie sind auch in der Menschenbeseitigungsbranche tätig?“,
fragte Max.
Der
Mann funkelte ihn an. „Ich bin Banker. Das ist so etwas
Ähnliches, könnte man sagen.“
„ Banker?
Sagen sie, sind sie möglicherweise Herr Wotan Vieth? Doktor von
Brechtow hatte ihren Namen kurz im Zusammenhang mit wichtigen Daten
erwähnt, bevor er leider auf tragische Weise von uns ging.“
„ Genau
der bin ich“, fauchte der Mann. „Und ich will die DVD
zurück haben, die mir der Doktor anvertraut hat.“ Vieth
wies mit dem Kinn auf den Burschen, der am Boden lag. „Diese
Dünnbrettbohrer haben die DVD geklaut. Aber ich werde aus
diesem Scheißkerl herausprügeln, wo sie versteckt ist.“
Nun
spitzte Max die Ohren. Eine DVD? Das war die Lösung! Vor
einigen Stunden hatte er den Doktor gefragt, wo er die Daten
versteckt habe. Der Doktor hatte daraufhin nur mit den Worten
„Banker“ und „Wotan Vieth“ geantwortet,
bevor ihn der Herzinfarkt dahingerafft hatte. Max hatte angenommen,
der Doktor habe etwas aus der nordischen Mythologie daher gefaselt,
doch wie er nun erkennen musste, handelte es sich bei Wotan Vieth
nicht um eine Hammer schwingende Gottheit aus Walhalla, sondern um
diesen Geldsack, der gerade vor ihm stand. Also, wenn das kein
glücklicher Zufall war!
„ Ich
mache ihnen einen Vorschlag“, sagte Max. „Ich gehe nach
oben und helfe ihnen bei der Suche. Sollte ich die DVD finden, dann
lasse ich es sie wissen. Und falls sie aus diesem Typen
Informationen herausbekommen, dann informieren sie mich.
Einverstanden?“
Wotan
Vieth beäugte Max einige Sekunden lang. Aus seinem Blick sprach
das blanke Misstrauen. Doch dann nickte der Banker langsam.
„Einverstanden. Ich weiß zwar nicht, weswegen ich dir
trauen sollte, aber du scheinst mir aus dem rechten Holz gestrickt
zu sein. Also, geh da rauf und nimm dir ein paar von diesen Maden
vor. Aber lass mir welche übrig. Ich muss mich heute Abend noch
ein wenig abreagieren.“
„ Gut“,
sagte Max. „Wir treffen uns am Haupteingang. Sagen wir mal …
in gut einer halben Stunde. Bis dahin sollte die Sache erledigt
sein.“
„ Einverstanden“,
sagte Wotan Vieth. „Und wenn du die DVD nicht findest, dann
ist das auch nicht schlimm. Ich habe noch eine Kopie bei mir zu
Hause.“
„ Eine
Kopie?“ Max horchte auf.
„ Natürlich
habe ich eine Kopie gezogen. Jetzt pass mal gut auf, mein Sohn: Ich
habe für diesen alten Furz von Doktor hier jahrelang Geld
gewaschen. Und als er mit dieser DVD ankam, da dachte ich mir, es
könne ja nicht falsch sein, sich eine kleine Rückversicherung
anzulegen. Ich habe das Ding in einer DVD-Hülle in meinem
Videoregal versteckt. Da steht drauf: 'Ein Zombie hing am
Glockenseil'. Das ist, glaube ich, ein italienischer Schundfilm von
Lucio Fulci. Da kommt kein Mensch drauf!“
Max
nickte zu dem Mann mit der Strumpfmaske, der sich am Boden wälzte.
„Und wozu dann das Ganze?“
„ Ganz
einfach: Ich darf nicht riskieren, dass die DVD den Bullen in die
Hände fällt. In den Daten, die da drauf sind, steht
nämlich auch mein Name drin. Ich muss die Daten erst frisieren,
bevor ich sie weitergebe. Abgesehen davon geht es hier um das
Prinzip. Ich lasse mich nicht von irgendwelchen Hohlrollern
beklauen!“
Max
wandte sich zur Vordertreppe. Erst auf dem Weg nach oben gestattete
er sich ein breites Grinsen. Die DVD hatte er in jedem Fall in der
Tasche – ob er sie nun hier fand oder ob er noch einen
Hausbesuch bei diesem Banker machen musste. Und in einer halben
Stunde würde Max einige Minuten zu spät zum
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