Menschliche Einzelteile (German Edition)

so sah er Margit am Kopf der Hintertreppe. Sie visierte
Remo mit einer Pistole an und feuerte sofort. Zu Remos Glück
bot sein Schädel ein verhältnismäßig kleines
Ziel, sodass die Kugel nur harmlos an seiner Nase vorbei zischte.
    Remo
tat das Einzige, was seine Körperhaltung zuließ: Er
versuchte, sich mit einer Limbonummer aus Margits Schussfeld zu
manövrieren. Doch sein Körper machte ihm einen Strich
durch die Rechnung. Also plumpste Remo auf seinen Hintern, anstatt
sich zu biegen wie eine Pappel und sich unter Margits Kugeln hinweg
zu ducken. Während Remo umkippte gelang es ihm aber immerhin,
eine Salve aus seiner Sa.25 in Margits Richtung zu schicken und die
Killeramazone in Deckung zu scheuchen. Dann blickte er auf und sah
Ewald, der auf ihn hinab schaute.
    „ Was
machst du denn da für einen Scheiß?“
    Remo
gestikulierte mit seiner MP in Richtung der Treppe. Dabei versuchte
er zum zweiten Mal an diesem Abend, gleichzeitig zu schreien und zu
flüstern. Das so entstandene „Schrüstern“
klang einfach nur bescheuert. „Da ist die Alte. Die Fatsche.
Die Killersau.“
    Ewald
schaute ihn einige Sekunden lang an. Auf seiner Miene spiegelte sich
vieles wieder – Ärger, Angst, Überraschung. Alles
Mögliche, nur kein Verständnis. Schließlich
schüttelte Ewald seinen Neandertalerkopf und sagte: „Na
und? Dann leg die Schlampe doch einfach um.“
    Nun
wurde Remo allmählich sauer. „Was glaubst du denn, auf
wen ich gerade geballert habe, du Trümmerhaufen? Die dusselige
Kuh ist die Treppe runter abgehauen.“
    Remo
kämpfte sich wieder auf die Füße. Dabei ließ
er die Hintertreppe nicht aus den Augen. Gute Maßnahme, denn
prompt tauchte Margits Kopf wieder am Kopf der Treppe auf. Remo
feuerte und schoss daneben. Margit schoss zurück und verfehlte
ebenfalls. Remo nutzte die Gelegenheit und zog sich wieder in den
Treppenvorraum zurück.
    „ Du
kannst jetzt runterkommen, Liebling“, rief Margit nach oben.
„Ich gebe dir Rückendeckung. Dann können wir diesen
Idioten den Rest geben und uns die Bullen vorknöpfen.“
    „ Das
kannst du vergessen, du alte Planschkuh“, brüllte Ewald.
„Ihr habt gegen uns überhaupt keine Chance. Wir sind
nämlich zu zweit und ihr zwei seid ganz alleine. Und wenn ich
mit dem Hasenhirn da oben fertig bin, dann lasse ich mir mit dir
richtig viel Zeit, du Futotze!“
    Margit
rief zurück: „Ja klar, genau wie euer kleiner Freund, der
Cineast. Der wollte es auch ganz langsam mit mir machen. Deswegen
habe ich mich richtig lange mit ihm beschäftigt, bevor ich ihm
ins Gesicht geschossen habe.“
    „ Hast
du wirklich?“, rief Max von oben.
    „ Ja.
Mitten auf die Zwölf.“
    „ Dann
steht es zwei zu eins.“
    „ Nein,
Schatz. Eins zu eins. Der Doktor zählt nicht. Erstens war der
schon viel zu alt und zweitens ist der ganz von alleine gestorben,
als du angefangen hast, die Plastikfolie neben seinem Stuhl
auszubreiten. Und den anderen können wir auch nicht komplett
zählen. Der war schon so gut wie tot, als die ihn hier rein
geschleppt haben.“
    Max
schien einen Moment zu überlegen. Dann antwortete er: „Nun
ja, aber zwischen seinem Herzinfarkt und dem Ausrollen der Folie
besteht ja ein Kausalzusammenhang. Rein juristisch gesehen dürfte
ich damit für seinen Tod verantwortlich sein. Und bei dem
anderen war nur der Sack ab. Der war also noch fast gesund.“
    Wieder
herrschte ein Augenblick Stille. Dann sagte Margit: „Na gut,
so gesehen hast du Recht.“
    „ Also
zwei zu eins.“
    „ Einverstanden.“
    Im
Treppenvorraum konnte Remo nur den Kopf schütteln. Das war es
also gewesen für Detlev. Diese Schlampe hatte ihn einfach
abgeschossen. Und nun steckten Remo und Ewald ziemlich in der
Klemme. Wie sehr sie in der Klemme steckten, wurde Remo von Sekunde
zu Sekunde deutlicher. Also handelte er entsprechend. Er zog sich
allmählich zur Treppe nach unten zurück und zog Ewald mit
sich. Der wehrte sich.
    „ Was
soll das?“
    „ Wir
hauen ab.“
    „ Was?“
Ewald kam sofort wieder auf Drehzahl. „Du willst einfach
abhauen? Nix da! Wir gehen jetzt da rauf und reißen diesem
Arschloch die Rübe von den Schultern.“
    Remo
schüttelte den Kopf und zog Ewald weiter. „Kannst du
abhaken. An die kommen wir nicht ran. Die können uns jetzt
schon von drei Seiten angreifen. Das können wir nicht mehr
überblicken.“
    Ewald
überlegte. „Von drei Seiten? Wie soll das denn gehen? Die
sind doch nur zu zweit.“
    Remo
winkte ab. „Denk nicht drüber nach. Ich kapier das