Menschliche Einzelteile (German Edition)
selbst
nicht so richtig. Komm einfach mit runter.“
28. Mission Bier
Draußen
verfolgten unterdessen Hubert und seine Truppe das Gefecht. Allzu
genau konnten sie natürlich nicht wissen, was gerade im Haus
geschah. Dennoch besaß die Situation ein ungeheures
Unterhaltungspotential, denn hinter den geschlossenen Vorhängen
spielte sich ein Feuerwerk ab, als sei ein Mitglied des britischen
Königshauses in ein Blitzlichtgewitter geraten.
Nach
und nach gelang es Hubert auch immer besser, die Abschussgeräusche
der einzelnen Waffen einzuordnen. Da war das Rattern von mindestens
zwei unterschiedlichen Maschinenpistolen. Außerdem mischte
noch eine Waffe mit, die Einzelfeuer schoss. Von diesem Ding, das
einen Lärm veranstaltete, als fielen die Glocken vom Turm,
hörte Hubert allerdings überhaupt nichts. Entweder hatte
es den Schützen inzwischen erwischt, oder er nahm nicht an
diesem Gefecht teil. Hubert fragte sich, welche Waffe wohl solche
Schläge verteilen konnte. Er nahm an, Winkelmann und seine
Bande waren mit einer Pumpgun im Gepäck hier aufgekreuzt.
Maschinenpistolen,
Schrotflinten, Faustfeuerwaffen – wie, zum Donnerwetter war
dieser bescheuerte Stasi-Agent nur zu solcher Feuerkraft gekommen?
Der Bursche verfügte gerade einmal über genug Intellekt,
um als Laiendarsteller in einer dieser Gerichtsshows am frühen
Nachmittag teilzunehmen – und selbst dort hätte man ihm
keine Sprechrolle geben dürfen, denn die hätte er mit
hoher Wahrscheinlichkeit in den Sand gesetzt!
Oh
nein, dieses Ding war nicht auf Winkelmanns Mist gewachsen. Da
steckte jemand anderes dahinter. Hubert tippte auf diesen
verkrachten Kneipenwirt. Diesen Hintermayer. Der stand ebenfalls
ganz oben auf Huberts Liste. Gehörte damals zu den Randfiguren
der Frankfurter Unterwelt. War in verschiedene Hehlereien verwickelt
gewesen – und der eine oder andere Bruch ging auch auf sein
Konto. Der Bursche hatte sicherlich noch die besten Verbindungen zu
den ganz schweren Burschen aus der Szene.
In
diesem Augenblick tippte ihm einer seiner Männer auf die
Schulter. Hubert fuhr herum.
„ Mann,
Chef, da geht aber echt die Post ab.“ Aha, Müller Zwo,
die Intelligenzbestie des Reviers. „Und weil das hier grad so
spannend ist, da hab ich mir gedacht, es könnte doch mal jemand
kurz runter zum Revier fahren und noch ein bisschen Bier und was zum
Knabbern holen.“
Ja,
zum Donnerwetter nochmal! Da traute man diesem Hohlroller nicht das
Geringste zu – und dann kreuzte Müller Zwo plötzlich
mit einem brauchbaren Vorschlag auf.
„ Guter
Mann, Müller Zwo“, sagte Hubert. „Hier hast du den
Schlüssel von der Grünen Minna. Und bring noch ein paar
Kippen mit, wenn du an der Tankstelle vorbeikommst.“
Müller
Zwo druckste ein wenig herum. „Oh Mann, Chef, hoffentlich
verpasse ich dann nichts.“
„ Ach
was.“ Hubert klopfte seinem Mann auf die Schulter. „Dauert
doch nur fünf Minuten. Außerdem hat die Schießerei
schon wieder aufgehört. Ich warte jetzt einfach ab, bis du
wieder da bist, bevor ich die da drin anrufe.“
Müller
Zwo grinste, schnappte sich den Autoschlüssel und dampfte ab.
Hubert
wandte sich wieder dem Haus zu.
„ So,
Winkelmann. Woher du auch die ganzen Kanonen hast, ich hoffe für
dich, du erledigst diese Verrückten da drin. Ansonsten ist für
dich endgültig der Ofen aus. Das ist er sowieso, aber dann ist
er noch auser, als du dir vorstellen kannst. Der ist dann ganz aus.
Am ausesten.“
Hubert
fühlte sich wie ein großer Feldherr, dessen Taktik gerade
aufging. Er hob sein Fernglas an die Augen und beobachtete das Haus.
Er hatte zwar überhaupt kein Fernglas und hielt deswegen nur
seine leeren Hände vor die Augen, doch er dachte, diese Geste
gehe in diesem Moment eigentlich ganz in Ordnung.
29. Schmutziges Kind
Während
oben noch geschossen wurde, nervte Jessy im Wohnzimmer den Schinken.
Sie wollte den Ausgang der Schießerei nicht abwarten und
machte sich Sorgen um ihren Macker.
„ Och
Mensch, Schinken, jetzt geh doch mal hoch. Hör mal, die kriegen
da oben voll was auf die Mütze. Ich glaube, mein Remo schafft
das gar nicht richtig.“
Der
Schinken schüttelte den Kopf und zielte weiter mit seiner
Schrotflinte in den Treppenvorraum. Sören ahnte beinahe, was im
Schädel des Riesen vor sich ging. Immerhin war es bereits
Jessys vierter oder fünfter Vorstoß.
„ Zum
letzten Mal, ich bleibe hier“, knurrte der Schinken. „Wenn
ich jetzt auch noch da rauf gehe, dann kann jederzeit einer
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