Menschliche Einzelteile (German Edition)
mitgenommen,
das mir sehr wichtig ist. Das hat mir nämlich mein Kumpel
Doktor von Brechtow anvertraut. Ich meine damit nicht die Kohle. Die
war nur ein kleines Dankeschön für den Gefallen, den ich
dem Doktor getan habe. Kohle ist mir egal. Ich habe genug davon. Die
könnt ihr von mir aus behalten. Nein, mir geht es um die DVD.
Die werdet Ihr auf der Stelle dem Doktor übergeben, falls er
noch lebt, ist das klar?“
Sören
blickte auf. Bevor er sich zurückhalten konnte, ging es mit ihm
durch: „Meinst Du diesen Horrorfilm, Onkel Wotan? Diesen
italienischen Schmachtfetzen? Den können wir doch nochmal in
der Videothek ausleihen.“
Am
anderen Ende der Leitung blieb es lange still. Dann ertönte
wieder die Stimme des Eisenonkels, leise und gefährlich: „Du
dämlicher, grenzdebiler Totalversager! Du hast ja überhaupt
keine Ahnung, worum es hier eigentlich geht. Jetzt verschwinde aus
der Leitung und gib mir Doktor von Brechtow. Ach was, verschwinde am
besten komplett aus meinem Leben, du Niete! Und nimm Deine
verblödete Mutter gleich mit. Die sollte dich lieber als
Zirkusnummer bei ihren Society-Schlampen herumreichen, anstatt ihren
menschlichen Abfall am Wochenende bei mir zu parken!“
An
dieser Stelle zog sich Sören noch ein Stück tiefer in die
Sofakissen zurück. Es passte ihm überhaupt nicht, in
Gegenwart von Heinz-Maria derart zur Minna gemacht zu werden –
ob Heinz-Maria nun ein Kerl war oder nicht. Deswegen überlegte
Sören auch zum ersten Mal in seinem Leben, ob er dem Eisenonkel
Kontra geben sollte. Bevor er jedoch dazu kam, seinem Plan konkrete
Züge zu verleihen, kam ihm Ewald zuvor.
„ Du
mieser Geldsack“, brüllte der Neandertaler in Richtung
des Telefons. „Weißt du, was mit dem Doktor los ist? Den
haben die Säue gefressen! Ja, so ist das: Der Typ ist platt.
Gekillt. Und deine DVD kannst du dir auch in die Haare schmieren.
Die hatte unser Kumpel bei sich. Und der ist tot. Wir sind nämlich
nicht alleine hier drin. Hier treiben sich noch zwei Killer herum.
Mit denen haben wir genug zu tun. Und deswegen bist du mir sowas von
scheißegal, das glaubst du nicht!“
Der
Eisenonkel ließ sich erneut viel Zeit mit der Antwort.
„ Soso,
der Doktor ist also tot. Dann haben ihn die Russen doch noch
erwischt. Und Ihr Vollidioten bringt denen auch noch genau das, was
sie haben wollen. Aber gut, kein Problem. Ich komme vorbei und
bringe die Sache in Ordnung. Ich bin Wotan Vieth, versteht Ihr?
Wotan Vieth! Und ihr könnt euch schon einmal in der Reihenfolge
aufstellen, in der ich euch abknallen soll. Bis gleich, Ihr
Tortenheber.“
Klick.
Leitung
tot.
Gemessen
an der Spannung, die im Raum herrschte, wollten offenbar alle
gleichzeitig losreden, doch niemand bekam einen Ton heraus. Nur
Sören schaffte es, einige Wörter zu krächzen: „Oh
Leute, das gibt Ärger.“
Selbstverständlich
wurde er ignoriert.
Stattdessen
ertönte „La Cucaratscha“.
Alle
schrien gleichzeitig auf. Der Typ aus Frankfurt feuerte aus Versehen
seine Glock 17 ab und sagte „Mannomann!“
„ Ruhe!“,
rief Remo. „Ruhe. Diesmal rede nur ich, klar?“
Er
nahm den Handapparat. „Hallo?“
Stille.
Am anderen Ende der Leitung redete jemand. Sören vernahm die
Stimme, die leise aus dem Hörer drang.
Remo
sagte: „Ja?“ Dann lauschte er der Stimme für einige
Sekunden. Dann sagte er: „Nein. Nein, ich … äh …
ja?“ Wieder redete die Stimme auf der anderen Seite. „Nein
nein.“ Pause. „Nein, wirklich.“
„ Wer
ist das?“, flüsterte Jessy. Remo winkte ab – Sörens
Nachtsicht funktionierte inzwischen gut genug, um solche Details zu
erkennen.
Schließlich
sagte Remo: „Nein, kein Problem. Nein, wirklich. Okay, alles
klar. Tschüss!“ Dann legte er den Handapparat wieder auf
die Basisstation.
„ Und,
wer war das?“, fragte nun der Schinken.
Remo
zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Verwählt.“
31. Göbel die Pflaume
Draußen
wurde Hubert unterdessen gerade damit fertig, Göbel zur Sau zu
machen. Dieser Idiot hatte doch tatsächlich das Feuer eröffnet,
als Winkelmann seine Nase zur Tür hinaus gestreckt hatte. Dabei
hatte Hubert überhaupt keinen Schießbefehl gegeben.
Göbel
brachte zu seiner Verteidigung vor, er habe Winkelmann für
einen der beiden Killer gehalten. Hubert hätte dies als
Entschuldigung durchaus durchgehen lassen können, denn nur er
selbst erkannte Winkelmann schon aus hundert Metern Entfernung.
Schließlich wartete er bereits lange genug auf eine
Gelegenheit,
Weitere Kostenlose Bücher