Menschliche Kommunikation
und ausschließlich Werkzeuge des Auftrumpfens werden, wie Goggenmoggel das mit bewundernswerter Klarheit ausdrückt:
Ach verstehe nicht, was Sie mit meinen», sagte Alice.
Goggenmoggel lächelte verächtlich. «Wie solltest du auch - ich muss es
dir doch zuerst sagen. Ich meinte: «Wenn das kein einmalig schlagender
Beweis ist!>»
«Aber «Glocke> heißt doch gar nicht ein »,
wandte Alice ein.
«Wenn ich ein Wort gebrauche», sagte Goggenmoggel in recht hochmütigem Ton, «dann heißt es genau, was ich für richtig halte - nicht mehr
und nicht weniger.»
«Es fragt sich nur», sagte Alice, «ob man Wörter einfach etwas anderes
heißen lassen kann.»
«Es fragt sich nun>, sagte Goggenmoggel, «wer der Stärkere ist, weiter nichts» [31, S. 148].
3.33 Ich- und Du-Definitionen. Wenn dieselbe Aussage über die Elektronenzahl des Uranatoms von einem Physiker einem andern gegenüber gemacht wird, ergibt sich eine ganz andere Situation. Die Unstimmigkeit liegt dann nicht im Inhalt der Mitteilung, da seine Richtigkeit beiden Partnern bekannt und deshalb unbestritten ist. Gerade aber ihrer Selbstverständlichkeit wegen wird der andere Physiker die Mitteilung übel nehmen, denn sie übermittelt ihm ja keine Information, sondern vielmehr die impertinente Unterstellung, dass sein Kollege ihm nicht einmal die grundlegendsten beruflichen Kenntnisse zutraut. Wir haben es also nicht mit einer Meinungsverschiedenheit auf der Objektstufe (dem Inhaltsaspekt ihrer Kommunikation) zu tun, sondern mit einer Meinungsverschiedenheit auf der Beziehungsstufe. Dort aber haben Unstimmigkeiten eine weit größere pragmatische Bedeutung als auf der Inhaltsstufe. Wie wir bereits gesehen haben, setzen sich Menschen im Beziehungsaspekt ihrer Mitteilungen nicht über Tatsachen außerhalb ihrer Beziehung auseinander, sondern tauschen untereinander Definitionen ihrer Beziehung und damit implizit ihrer selbst aus.6 Diese Ich- und Du-Definitionen haben ihre eigene hierarchische Ordnung. Angenommen, A offeriert B eine Definition seiner selbst. A kann dies auf verschiedene Art und Weise tun, doch wie immer er seine Mitteilung auf der Inhaltsstufe formulieren mag, der Prototyp seiner Mitteilung wird auf der Beziehungsstufe immer auf die Aussage «So sehe ich mich selbst» hinauslaufen.' Es liegt in der Natur der menschlichen Kommunikation, dass B nunmehr drei Wege offenstehen, darauf zu reagieren, und alle drei sind von pragmatischer Bedeutung.
3.331 Bestätigung. B kann als erstes As Selbstdefinition bestätigen, indem er A in der einen oder der anderen Weise mitteilt, dass
auch er A so sieht. Diese Bestätigung oder Ratifizierung von As
Identität durch B stellt die wichtigste Voraussetzung für geistige
Stabilität und Entwicklung dar, die sich bisher aus unseren Untersuchungen ergeben hat. Wir müssen annehmen, dass sich ohne
diese das eigene Selbst oder das Selbst des anderen bestätigende
Wirkung die menschliche Kommunikation kaum über den sehr
engen Rahmen jener Mitteilungen hinausentwickelt hätte, die für
Schutz und Überleben unerlässlich sind; es bestände kein Grund
zur Kommunikation lediglich um der Kommunikation willen.
Alltägliche Erfahrung lässt jedoch keinen Zweifel darüber, dass
ein großer Teil unserer Kommunikationen gerade diesem Zwecke
dient und nicht etwa nur dem Informationsaustausch. Die Vielfalt der Gefühle, die Menschen füreinander haben können, würde
kaum existieren, und wir würden in einer Welt leben, in der es
nichts außer reiner Zweckmäßigkeit gäbe, einer Welt ohne Schönheit, Poesie, Spiel und Humor. Es hat den Anschein, dass wir
Menschen mit anderen zum Zweck der Erhaltung unseres Ichbewusstseins kommunizieren müssen. Diese Annahme wird in
zunehmendem Maß durch Experimente auf dem Gebiet der Einschränkung des Sensoriums (sensory deprivation) unterbaut, die
beweisen, dass es uns nicht möglich ist, unsere geistige Stabilität auf längere Dauer nur mittels Kommunikation mit uns selbst aufrechtzuerhalten. Was die Existenzialisten die Begegnung nennen, gehört vermutlich hierher, so wie jene subjektiv unverkennbare Steigerung des Ichgefühls, die der Herstellung einer bedeutungsvollen Beziehung zu einem anderen Menschen folgt. Martin
Buber schreibt:
In allen Gesellschaftsschichten bestätigen Menschen einander ... in ihren menschlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, und eine Gesellschaft kann in dem Maße menschlich genannt werden, in
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