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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
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Weise zu der Schilderung des Bruders, der sie als äußerst penibel und extrem ordentlich beschrieb, schon wegen der Sehbehinderung. Sie muss zwanghaft ordentlich gewesen sein.«
    »Vielleicht Einbrecher? Vielleicht wurde die Wohnung durchwühlt?«
    »Dafür gab es keine Hinweise, es fehlte auch nichts an Schmuck und anderen Wertgegenständen. Es sah einfach unordentlich aus. Die Frau hätte niemals ihre Wohnung in diesem Zustand zurückgelassen, der Bruder war sich dabei völlig sicher. Auch wenn sie vorgehabt hätte, sich umzubringen, sie hätte vorher aufgeräumt.«
    Da war etwas Wahres dran. Die Menschen konnten von bestimmten Gewohnheiten nicht lassen, selbst nicht in extremen Ausnahmesituationen. Lea hatte sich oft genug darüber gewundert.
    »Also, das für uns Auffällige und Ähnliche zum Fall Susanna van der Neer ist die Vermutung, dass es durch irgendeinen Umstand plötzlich zu dem Impuls oder was auch immer kommt, sich das Leben zu nehmen und …« Der Dauerton der Klingel kündigte Frederike an. Lea bedachte die Worte Kommissar Benders, … ein Impuls oder was auch immer.
    Irgendwie schwamm doch alles noch im Trüben herum, so sehr sie sich auch anstrengte, es wurde nichts fassbarer.
    »Herr Kommissar.«
    »Ja?«
    »Ich bitte Sie, wenn Sie irgendetwas finden, das Klarheit bringt, auch wenn es unangenehm ist, ich muss es wissen!«
    »Sie haben mein Wort, versprochen«, sagte Bender. »Die Nebenstelle unseres Ermittlungsteams wird nicht übergangen.«

    Lea hatte Frederike geöffnet. Mit geübtem Schwung warf sie ihre Schultasche samt Sportrucksack in die Diele. Bei drei Schultaschen, drei Sporttaschen und womöglich noch Schwimmutensilien oder der E-Gitarre von Jonas musste man am Nachmittag hier einen Hürdenlauf absolvieren.
    »Was gibt es Neues, mein Schatz?«
    Lea begann die Pellkartoffeln aus ihrer Schale zu lösen.
    »Nichts Besonderes, Mathe ist ausgefallen.«
    Der Alltag mit den Kindern, die von Klassenarbeiten, Frühstückspausen, Vokabeltests erzählten und die üblichen »Zettel«, wie Benachrichtigungsschreiben aus dem Großraum Schule familienintern genannt wurden, auf den Küchentisch legten, hatte eine unerwartet beruhigende Wirkung auf Leas angespannte Gemütslage. Dies war ihre Welt mit festen Spielregeln, Terminen, Wiederholungen, die einem das Gefühl von Vorhersagbarkeit vermittelten.
    Vielleicht war es genau das, was der bunte Esoterikzirkus versprach. Voraussagen mit beruhigender Wirkung, ähnlich wie bei der Wettervorhersage. Man konnte dem Regen nicht entgehen, aber wenigstens den Regenschirm einpacken.
    Das Schicksal, dieser Begriff, der bei der Hypnosesitzung in Heidelberg aufgetaucht war … Lea hatte über seine Bedeutung nachgedacht. Aber weit war sie mit ihren Gedanken nicht gekommen, denn ernüchtert musste sie feststellen, dass es ein Begriff war, von dem aus man überall hin weiterdenken konnte. Wie ein Wetterhahn drehte er sich ständig in alle Himmelsrichtungen. Die Möglichkeiten waren so vielfältig, dass dies eigentlich ein Nichts bedeutete.

Zwanzigstes Kapitel
    Vor fast fünfundzwanzig Jahren musste es gewesen sein, dass dieses prächtige Stad t haus im viktorianischen Stil so fes t lich beleuchtet gewesen war. Das Dinner hatte sich als Empfang irgendeines ausländischen Botschafters entpuppt. Das Licht der Kronleuchter hatte unwirklich gefunkelt und die Klänge des Streichertrios sich mit dem Stimmengewirr der Gäste vermischt.
    Susanna hatte sich auf einem Stuhl niedergelassen, staunend diese Welt betrachtend, die ihr bekannt und doch fremd schien. Unaufhörlich wurde die Tür geöffnet, der Bu t ler nahm die Mäntel entgegen, geleitete die Gäste in den Empfangssaal. Die Gastgeber, ein Diplomat mit Gattin, waren enge Freunde der englischen Geschäftspartner ihres Vaters. Einige der Gäste kamen ihr sogar bekannt vor.
    »Das ist also aus Susanna geworden«, hatte eine männliche Stimme sie unvermittelt aus ihren Gedanken gerissen.
    »David?«
    Sie hatte gewusst, dass es David war, bevor sie sich umgewandt und in das Gesicht des Mannes geblickt hatte.
    David. David, mit dem sie viele Sommer, erst als Kind und dann als Teenager, auf einem Landsitz in der Nähe von Newbury verbracht hatte, wenn ihre Väter in Geschäftsangelegenheiten unterwegs waren. Die Männer hatten Tische, Sofas, Sessel und Schränke aus dem letzten Jahrhundert aufgespürt, David und sie waren dem Leben selbst auf der Spur gewesen. Sie waren mit der Eisenbahn ans Meer gefahren, hatten

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