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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
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Wanderreisen zu Kraftorten verkauft? Das sind zum Beispiel alte keltische Kultstätten wie Stonehenge in England. Aber auch heimische Klöster und Kapellen sind dabei. Drei Mal dürfen Sie raten, wie teuer diese geführten spirituellen Wanderungen sind! Dafür könnten Sie locker eine Kreuzfahrt mit Außenkabine buchen.« Lea holte Luft.
    »Na, wenn es nur Geld kostet … Das müssen die Leute selbst wissen, was ihnen der ganze Hokuspokus wert ist«, bemerkte Franz Bender.
    »Da stimme ich Ihnen zu. Aber was meinen Sie wohl, wie viele psychisch Kranke in dieser virtuellen und alternativtherapeutischen Welt herumirren und nicht die Hilfe bekommen, die sie wirklich benötigen?«
    »Glauben Sie, dass es sich bei Frau van der Neer so verhalten hat?«
    »Ich kann es nicht ausschließen«, sagte Lea. »Wenige sind es sicher nicht, die direkt von irgendwelchen Channel- oder Sonst-wie-Sitzungen in die Psychiatrie eingeliefert werden müssen, weil sie den Kontakt zu der ›jenseitigen Welt‹ mit ihren ›Geistwesen‹ nicht verkraften. Und das ist nur die Spitze des Eisberges.«
    »Schon, aber Frau van der Neer ist zu Ihnen gekommen.«
    Kommissar Bender sprang nicht so einfach auf einen fahrenden Zug auf.
    »Richtig. Vielleicht aber nur, weil es sich nicht vermeiden ließ. Außerdem ist Mainz entfernt genug. Es könnte durchaus sein, dass diejenigen Teilnehmer, die psychische Probleme bekommen, erst einmal abgeschirmt werden. Schlechte Presse verdirbt das Geschäft.«
    »Klingt einleuchtend.« Leas energischer Diskurs hatte Kommissar Bender dann doch beeindruckt. »Ich würde mich gerne länger mit Ihnen unterhalten, aber ich muss noch dringend zum Haftrichter, in einer anderen Sache.«
    »Kein Problem, ich habe auch noch einiges zu erledigen.«
    »Aber eines wollte ich Ihnen noch weitergeben«, schob Bender nach. »Das Medaillon unter dem zerbrochenen Spiegel im Schlafzimmer der Toten wies ausschließlich Fingerabdrücke von Frau van der Neer auf. Über die Gravur mit den Buchstaben E und S haben wir Herrn Alexander van der Neer befragt. Das Medaillon war ein Geschenk von einer gewissen Ellen Jabowski. Seine Schwester hatte es einige Jahre lang nicht abgelegt. Im Medaillon befanden sich zwei Bilder – Susanna van der Neer und Ellen Jabowski im Alter von ungefähr achtzehn Jahren.«
    »Wie? Sie hat das Medaillon in den Spiegel geworfen und die Scherben auf dem Boden liegen lassen?«
    »Korrekt, sie hat die Scherben nicht aufgekehrt, obwohl die Wohnung ansonsten auffallend ordentlich war. Damit haben wir noch eine Frage mehr. Aber bitte zerbrechen Sie sich nicht für uns den Kopf, sonst verdienen Sie sich am Ende noch eine Gehaltserhöhung in Ihrem Nebenjob! Und unsere Behörde ist da etwas knauserig.«
    »Ich werde mir das zu Herzen nehmen und mir nur die Gedanken machen, für die ich bezahlt werde«, versprach Lea belustigt. »Nun, Herr Kommissar, der Haftrichter wartet.«
    Nachdem sie aufgelegt hatten, blieb Lea auf dem Schreibtischstuhl sitzen und sah nachdenklich aus dem Fenster.
    Bereits nach zwei Wochen konnte Susanna an den ersten Zusammenkünften teilnehmen und bekam sogar ein Zimmer in Aussicht gestellt. Sie hatte Jemina von ihrem Leben erzählt, den Irrtümern, ihrer Verzweiflung, dass sie nicht wusste, wie sie sich mit den Entscheidungen in ihrem Leben versöhnen konnte. Sie hatte ihr erzählt, dass sie zwischen Wut und Schuldgefühlen hin und her gerissen war und nur während der Vorbereitung einer Ausstellung Ruhe vor den eigenen Gedanken hatte.
    Wenn sie ein Bild Vermeers betrachtete, sah sie die Ruhe und Klarheit, mit der er die Szene gestaltet hatte. Diese Klarheit wollte sie bei der Betrachtung ihres Lebensweges erlangen. Sie wollte ihn überschauen können, seine Richtungswechsel und Kreuzungen verstehen. Sie wollte den letzten Abschnitt planen, einen Abschnitt, den sie überschauen wollte wie einen Weg, der sich erst am Horizont zwischen Himmel und Erde verliert.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit wusste sie, dass genau das ihr Ziel war. Nicht Vergebung oder Vergeltung. Sie wollte Hell und Dunkel, Farbe, Konturen, Kontraste und Übergänge klar vor sich sehen wie ein Gemälde.
    Susanna dachte an ein wundervolles Bild von Artemisia Gentileschi. Sie bewunderte diese hochbegabte Malerin. Mit neunzehn Jahren vergewaltigt von ihrem Lehrer Agostino Tassi, hatte sie nicht weniger als fünf Bilder gemalt, in denen Judi t h dem Holofernes den Kopf abschlug. Fünf Bilder waren notwendig gewesen, um ihre Dämonen

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