Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
Vom Netzwerk:
Frauenzentrum?« Es war nur ein winziger Moment der Verzögerung wahrzunehmen, dann stand die Antwort: »Ich kenne Cleo nur flüchtig, ich gebe dort im Frauenzentrum Kurse. Integrationskurse für junge Ausländerinnen«, fügte sie mit einem Lächeln hinzu, »und Cleo Hollmann ist dort die Leiterin.«
    Susanna forschte im Gesicht der anderen nach einem Hinweis auf Unwahrheit, doch sie konnte keinen entdecken.
    »Vielen Dank, dass Sie auf meine vielleicht merkwürdige Frage geantwortet haben.«
    »Kein Problem, möchten Sie nun eintreten?«
    »Gerne, danke.«
    Jemina Faradiz ging voraus und öffnete die Tür zu einem Zimmer. Ein weißer Raum, ein Tisch, ein ovales Sofa, zwei Stühle und zwei runde Sitzkissen auf dem Boden. Keine Bilder an der Wand, nur zwei Wandkerzenhalter. Die Kerzen waren nicht angezündet, da es Vormittag war. Sie setzten sich.
    »Erzählen Sie!«
    Susanna zögerte, doch dann begann sie von ihrer Hoffnung, ihren Ängsten, ihren Albträumen, ihrem Leben zu sprechen. Ihr Gegenüber unterbrach sie nicht. Als sie geendet hatte, lag die Stille schwer im Raum. Sie brachte die Gemütsbewegungen der Frau zur Ruhe. Jemina Faradiz hielt sie mit ihrem Blick fest, gab ihr Halt.
    »Sie werden ein ganz neues Verständnis Ihres Lebensweges bekommen. Unser Institutsleiter wird Ihnen die Aufgabe in Ihrem Leben erklären und Ihr Ziel. Es gibt keinen wie ihn. Er arbeitet nur mit den alten Weisheiten, er kann sie lesen.«
    Susanna bekam Herzklopfen. Die Sicherheit, mit der Jemina sprach, hüllte sie ein wie eine warme Decke. Dass die Erlösung von ihren Ängsten und Gewissensnöten so nahe schien, versetzte sie in Aufruhr. Diesmal habe ich Glück gehabt, dachte sie. Sie war dankbar, dass Jemina in der Pension nach ihr gefragt hatte, nachdem sie ihr nach dem Vortrag den Zettel übergeben hatte. Vielleicht war es eine Fügung des Schicksals gewesen, das es nun gut mit ihr meinte.
    Als Lea vom Spaziergang nach Hause kam, saß Lilly bereits in ihrem Korb in der Diele, und aus dem Bad hörte sie das Geräusch von fließendem Wasser. Marie stand wohl unter der Dusche. Auf dem Weg in die Küche stieß sie fast mit Jonas zusammen, der ein halbes Baguette mit Salamischeiben belegt hatte und kauend wieder in sein Zimmer verschwinden wollte.
    »Na, Großer, was gibt’s Neues bei dir?«, erkundigte sich Lea und legte ihm die Hand auf den Oberarm. Mehr Zuwendungsbekundungen waren »uncool«, und Lea hatte gelernt, sich auf das Mögliche zu beschränken.
    »Nichts eigentlich, wir schreiben morgen Latein. Weißt du vielleicht, was satis habere heißt? Wir müssen bis morgen so einen Text übersetzen.«
    Das Vertrauen der Kinder in Leas Funktion als Lexikon war unbeirrbar, und da sie ihren Ruf zu verteidigen hatte, entschloss sie sich nachzufragen. »Wie genau?«
    » Satis habere «, wiederholte Jonas mit nun leerem Mund die Lateinvokabeln.
    »Also, satis hat bestimmt etwas mit Satisfaktion zu tun.« Schließlich hatten schon die Rolling Stones gesungen »I can’t get no satisfaction.«
    »Mann, Latein ist so öde!«
    »Ach komm, Jonas, Latein ist die Grundlage für alle romanischen Sprachen. Außerdem schult es das logische Denken.«
    »Hat den Römern nichts genützt, Mama. Das Römische Reich ist trotzdem zerstört worden.« Darauf konnte Lea nichts pädagogisch Sinnvolles erwidern. Jonas legte nach. »Matze hat gesagt, Latein sei die späte Rache der Römer an den Germanen. Die quälen uns seit Jahrhunderten mit ihrer Sprache.«
    »Na, wenn das schon Jahrhunderte so geht, gibt es keinen Grund, dass ausgerechnet du die Tradition brichst.«
    Jonas verzog sein Gesicht. »Ach, Mama, mulierem ornat silentium !«
    Schweigen ist der Frauen Zier . Diesen Spruch hatte ihr alter Lateinlehrer den schwätzenden Mädchen mehr als einmal zugerufen.
    Um sich vor einer Fortführung dieser Diskussion in Sicherheit zu bringen, biss Jonas schnell wieder in sein überdimensioniertes Brötchen und setzte sich in Richtung seines Zimmers im Untergeschoss in Bewegung. Lea ließ sich auf dem Küchenstuhl nieder und schob einen Vollkorntoast in den Toaster. Es müsste ein Schild für den Kopf geben: Wegen Überlastung geschlossen, dachte sie und rieb sich die Stirn. Und ich müsste Kommissar Bender zurückrufen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie ihn vielleicht noch in seinem Büro im Polizeipräsidium würde erreichen können. Sie hatte Glück. Kommissar Bender war persönlich am Apparat.
    »Entschuldigen Sie bitte, dass es so lange gedauert

Weitere Kostenlose Bücher