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Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Heeger
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Blau, das Matisse verwendet hatte, leuchtete und zeigte keine Schatten. Eine gute Wahl für ein Sprechzimmer.
    Das andere Bild im Zimmer war ein Gemälde von Georgia O’Keeffe und zeigte einen See bei New York. Es schien, als sei das intensive Blau des Sees direkt in das andere Bild hinübergeflossen. Die Wälder im Vordergrund waren in ihrer Farbigkeit unaufdringlich. Der Berg im Hintergrund strahlte Beständigkeit und Ruhe aus. Bewegung, Aktivität, Rückzug und Ruhe, der Rhy t hmus des Lebens. Susanna wandte ihren Blick ab. Wenn sie die Menschen nur jemals so gut würde verstehen können wie die Sprache der Bilder.
    Hier war nichts bedrohlich, sie konnte durchatmen.
    Die Ärztin wartete, bis sie die Bilder fertig betrachtet hatte. Ihr Blick ruhte konzentriert auf der Person, die ihr gegenübersaß.
    Sie musste diese Ungewissheit loswerden: »Ich muss wissen, was nach dem Teufel kommt, die nächste Zahl.«
    Als sie die Frage gestellt hatte und ihren Worten nachhörte, ahnte sie bereits, dass sie die Antwort darauf nicht bekommen würde. Jedoch: Wer wusste schon, wie sich die Wege offenbarten? Vielleicht war es nicht nur der Weg von Marcion, der zur Erlösung führte?
    Die Ärztin fragte nach der Bedeutung der Zahl. Schlagartig durchfuhr Susanna die Befürchtung, dass sie möglicherweise im Begriff war, einen Verrat zu begehen. Wenn sie nun etwas preisgab, das geheim bleiben musste? Wenn der Teufel seine Kette nicht von ihrem Hals lösen würde? Wenn sie die Erlösung vergebens erwartete? Wenn sie hier, in diesem Moment, ihre Chance verspielte und sich wie so oft in ihrem Leben falsch entschied?
    Die Ärztin insistierte: »Was meinen Sie? Können Sie mir erzählen, welche Bedeutung der Teufel für Sie hat?«
    Sie rang danach, sich verständlich zu machen, ohne etwas preiszugeben. »Ich suche Erlösung von der Schuld, ich suche Vergebung!«
    Wieder fragte die Ärztin nach.
    Wie konnte man diesen Satz auch verstehen, der gleichzeitig schwergewichtig und jenseitig im Raum stand? Es war nicht möglich, und sie musste es einsehen.
    »Das ist schlecht, sehr schlecht.« Sie sprach, kaum wahrnehmbar, mehr zu sich selbst. Sie sah das Gesicht Marcions vor sich, sie spürte seine Missbilligung fast unmittelbar. Sie wollte ja den Weg gehen, der sie führte, hinter den Sinn und zu ihrem Ziel kommen. Wenn Marcion von ihrem Ausflug nach Mainz erführe, würde er sie ausschließen. Er hatte die Macht, ihr die Tür zu weisen und sie zu verstoßen. Sie erahnte plötzlich das Ausmaß des Risikos, das sie dabei war einzugehen. Sie durfte nicht bleiben. Sie erhob sich abrupt. So schwer es ihr fiel, diesen Raum zu verlassen, sie musste sich zusammenreißen.
    Als sie aufsah und die Anteilnahme ihres Gegenübers spürte, wollte sie etwas Versöhnliches zurücklassen. Aber sie schwieg.
    Lea zwängte sich mit ihrem Wagen zwischen einen VW Touran und eine hervorstehende Hausecke, was sie wegen der abfallenden Straße und ihres ohnehin begrenzten Fahrtalents beinahe überforderte. Zumal der VW funkelnagelneu war und jede kleinste Spur in dem dunkelroten Lack die Wirkung eines Graffitis haben würde. Lea musste Handbremse und Motor quälen, wobei Letzterer sich lautstark beschwerte, aber schließlich konnte sie das Einparkmanöver als geglückt ansehen und befand, dass sich ihre Fahrkünste sehen lassen konnten.
    Dieses Bodenheim war ein nettes Örtchen, ursprünglich hatte es zu Mainz gehört. Die Großlage St. Alban mit den unzähligen Weinbergen war in früheren Zeiten dem Mainzer Kloster St. Alban angegliedert gewesen, und das über die Landesgrenzen hinaus bekannte Albanfest zog Jahr für Jahr Heerscharen von Besuchern an. Seit Menschengedenken war der Wein noch nie ausgegangen. Auf dem Bodenheimer Wappen war ein Esel zu sehen, der aus einem Brunnen säuft. Sören hatte, obschon aus einem völlig weinunkundigen Land stammend, mit einem Blick auf das Wappen die Botschaft erfasst: Nur der Esel säuft Wasser …
    Dies war Frederikes erste Einladung bei Denise Mahler. Sie war zögerlich gewesen, als sie die Geburtstagseinladung vor einer Woche erhalten hatte. Frederike war schon immer vorsichtig im Umgang mit Menschen, die sie nicht gut kannte. Lea hatte sie ungeachtet dessen überzeugt, dass es wichtig war, offen für neue Kontakte zu sein. Die Kleine war skeptisch geblieben, hatte sich aber dem mütterlichen Ratschluss gefügt und war der Einladung gefolgt.
    Der Türsummer zeigte an, dass man die Haustür öffnen konnte, und Lea betrat

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