Merani und die Schlange unter dem Meer
zuckten mehrmals Flammenzungen aus seinem Maul und schmolzen Löcher ins Gestein. »Ich bin ein Idiot! Wenn ich meine Kraft hier vergeude, kann ich keine Höhle mehr in den Hang schmelzen, um einen halbwegs sicheren Platz für Sirrin zu schaffen«, schimpfte er mit sich selbst.
Als er die Anhöhe erreichte und dort ein längliches Gebilde entdeckte, das wie ein riesiges Skelett aussah, war ihm sofort klar, dass er die Überreste eines weitaus größeren Verwandten gefunden hatte, der gewiss schon seit Jahrhunderten tot war. Es schwangen noch immer die Reste einer tödlichen schwarzen Kriegsmagie in dem Skelett, die diesem Arghan das Leben gekostet hatte. Regandhor rieb seinen Kopf an den Schädelknochen des Toten undvermochte dessen restliche Ausstrahlung mit seinen feinen Sinnen aufzunehmen. Der andere schien nicht zu den Vermissten seiner eigenen Sippe zu zählen, die weit im Osten Zuflucht gefunden hatte. Hatte es also außer ihnen noch andere Arghan auf dieser Welt gegeben?
Regandhor wusste um die Gefahren, die seinesgleichen in den Wirren des Großen Krieges drohten, und machte sich daher wenig Hoffnung, weitere seiner Art zu finden. Dafür war sein Volk zu viel gejagt und zu viele von ihnen getötet worden. Er hob seinen Kopf und stieß einen langen Feuerstrahl als Ehrensalut für den Toten aus. Dann aber richtete er sein Augenmerk wieder auf seine Begleiterin, die ohne seine Hilfe in den Tod hinübergleiten würde.
Eine tiefe Höhle wäre als Versteck am besten geeignet. Irgendwo in der Nähe musste sich eine befinden, das fühlte er. Aber eine herannahende gelbe Gewitterwand hielt ihn davon ab, danach zu suchen. Einen Augenblick lang musterte er das Arghanskelett. Zwar tobten auch hier magische Strömungen, doch die Knochen ließen kaum einen Hauch davon in das Innere des Brustkorbs.
»Es tut mir leid, Verwandter, doch um meine Freundin Sirrin zu retten, muss ich deine Reste als Unterschlupf benutzen.« Regandhor bog zwei Rippen des Skeletts auseinander und schob Sirrin hinein. Dann vergrößerte er die Öffnung und schlüpfte hinterher. Drinnen war es so eng, dass er seinen Schwanz und seinen Hals eng an seinen Körper schmiegen musste, um Platz zu finden. Es gelang ihm jedoch, die Rippen wieder so anzubringen, dass das Skelett vollständig war. Dann legte er Sirrin an seine Flanke, so dass ihr Kopf nach unten zeigte und das Wasser aus ihren Lungen herausfließen konnte.
Außerhalb des Skeletts brannte die Luft, doch in seinem Schutz war kaum etwas davon zu spüren. Um Sirrins willen war Regandhor froh darüber. Doch als er seinen Kopf auf seinen Rücken legte, stahl sich eine große Träne aus seinem rechten Auge. Trotz aller Gefahren hätte er diesen großen Arghan lieber lebend angetroffen.
8
In der Felsenfestung von Gurrland konnte die Magierkaiserin Mera den Feuerthron kaum noch verlassen, denn ein Sturm folgte dem anderen. Entgegen den anfänglichen Befürchtungen steigerte sich die Kraft der Stürme jedoch nicht mehr. Dafür aber entstanden die magischen Unwetter nun beinahe in jedem Winkel der Inneren See, so dass das gesamte Meer von Wardania im Norden bis nach Girdania zu einem einzigen sturmdurchtosten Gebiet geworden war.
Weiter im Osten nahm Mera eine starke schwarze Präsenz wahr, die mit erstaunlicher Geschwindigkeit näher kam. Zuerst hielt sie diese auch für einen magischen Sturm und versuchte ihn abzulenken. Doch ihre durch den Feuerthron verstärkten Kräfte glitten daran ab wie Hände an einem glitschigen Fisch.
»Das gefällt mir gar nicht!«, entfuhr es ihr.
Girdhan hatte ein wenig geschlafen. Nun fuhr er hoch und starrte sie erschrocken an. »Was ist geschehen?«
»Etwas starkes Schwarzes kommt auf uns zu, aber ich kann es mit meinen magischen Sinnen nicht erfassen.«
»Könnten das die schwarzen Schiffe sein, von denen Menanderah gesprochen hat?«, fragte Girdhan.
»Ilyna bewahre uns davor! Das Ding ist so voll Magie, dass ich es eher für einen magischen Sturm halte.«
»In einen magischen Sturm müsstest du hineinsehen können!«
»Vielleicht schaffen wir es gemeinsam!« Mera streckte die Hand aus und legte sie auf die Hand ihres Ehemanns. Beide schlossen die Augen und sandten ihre magischen Fäden aus. Doch zunächst sahen sie nur das Farbenspiel am Himmel, das nach Osten hin abnahm, und einen dichten schwarzen Nebel von einer Größe, dass sich eine ganze Flotte darin hätte verbergen können.
»Das ist kein magischer Sturm, sondern ein Tarnzauber. Mal
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