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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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benützten, um die Invasoren zurückzuschlagen. Doch als sie ihre magischen Sinne auf den Festungsberg richtete, fand sie dort eine gespenstige Leere vor. Es gab keine Schirmfeldermehr, und die Menschen verließen die Stadt auf Booten über den Nordwest- und den Südwestfluss. Auch anderswo zogen sich die Bewohner in Richtung Westen zurück. Für Merani sah es so aus, als würden ihre Landsleute ihre Heimat aufgeben, weil sie nicht mehr an einen Sieg über die Invasoren glaubten. Dann aber entdeckte sie einen Trupp Soldaten im Gebirge, deren Anführer ihr Vater war. Der Magierkaiser wollte sich offensichtlich nicht geschlagen geben, aber er kämpfte mit herkömmlichen Mitteln. Daher fragte Merani sich bange, was mit dem Feuerthron geschehen war.
    »Er wurde von den Fremden ausgeschaltet«, glaubte sie eine geisterhafte Stimme zu vernehmen. Gleichzeitig wurde ihr Geist nach Norden gezogen, und sie entdeckte inmitten der tobenden See ein Schiff, das beharrlich auf den Geburtsort der magischen Stürme zuhielt. Es handelte sich um einen Segler der Ardhunier, deren Schiffe zu den schnellsten und wendigsten im gesamten Archipel zählten. Doch um durch das Chaos in der Inneren See zu kommen, brauchte es mehr als ein Wunder.
    Als Meranis Geist noch näher an das Schiff herankam, erkannte sie ihre Mutter und Fürstgemahl Argo, die mit angespannten Sinnen die Umgebung überwachten und der Steuerfrau Befehle erteilten, die an deren Geschick und die Fähigkeiten der Mannschaft höchste Ansprüche stellten.
    Merani stöhnte auf und fragte sich, warum ihre Mutter eine derart selbstmörderische Reise unternahm. Dann entdeckte sie im Bauch des Schiffes eine matte schwarze Präsenz und begriff, was geschehen war. Der Feuerthron war nicht länger ein mächtiges Artefakt, sondern nur noch ein unbequemes Sitzmöbel aus Kristall. Aber er durfte den Invasoren nicht in die Hände fallen, denn die würden ihn vermutlich wieder in Gang setzen und damit ihre kleine Welt ins Unglück stürzen.
    »Noch mehr Unglück, als schon jetzt auf uns zurollt?«, fragte sich Merani. Sie glaubte nicht, dass der Untergang noch aufzuhalten war. Oder doch? Sie dachte an Tharon, den fremden, faszinierendenSchwarzmagier, und irgendetwas sagte ihr, dass der Feuerthron zu ihm kommen musste. Aber sie konnte nicht das Geringste tun, um ihrer Mutter und Argo zu helfen.
    »Wir tun, was wir können«, vernahm sie in diesem Augenblick eine Stimme in sich. »Unsere Macht ist jedoch beschränkt. Aber wir können wenigstens einen Teil der Stürme vom Schiff deiner Mutter ablenken.«
    »Hoffentlich klappt es so, wie ihr euch das vorstellt. Aber wer seid ihr eigentlich?« Merani spürte, wie ihre Gereiztheit wuchs. Sie hasste es, im Dunkeln zu tappen, während um sie herum entscheidende Dinge geschahen.
    »Du wirst es bald erfahren«, hallte es noch in ihr, dann wurde es still um sie. Gleichzeitig stürzte sie in die Tiefe und schlug mit hoher Geschwindigkeit im Wasser ein. Obwohl sie nicht körperlich anwesend war, verspürte sie den Schmerz des Aufpralls. Dann packte sie wieder die Angst, zu ersticken oder von den gewaltigen Wassermassen über ihr erdrückt zu werden. Mühsam nur gelang es ihr, sich daran zu erinnern, dass sie ein Geist war und selbst festen Fels zu durchdringen vermochte.
    Mit einem Mal vermochte sie sich nach ihrem eigenen Willen zu bewegen, und sie spürte sehr viel Violett unter sich. Auch andere Farben waren in der Nähe, darunter ein inselgroßer gelber Fleck, der kaum merklich auf das Violett zuzufließen schien. Wenn die beiden zusammentrafen, würde hier eine Gegenfarbenexplosion entstehen, die alle bisherigen wie ein Kerzenlicht aussehen ließ.
    Merani konnte sich die Wucht der Wassermassen vorstellen, die dann als Tsunami gegen die Küsten branden würden. Dabei reichten schon die Stürme aus, den Archipel auf Dauer zu vernichten. Bei dieser Erkenntnis spürte sie, wie ihre Kraft nachließ. Es war sinnlos weiterzukämpfen. Geh zurück in deinen Körper und warte auf das Ende, flüsterte etwas in ihr.
    »Du darfst nicht aufgeben!« Für einen Augenblick schwebte ein grüner Geist in ihrer Nähe, dünn, blass und so durchscheinend,dass sie zweimal hinschauen musste, um zu erkennen, dass da etwas war.
    »Wer bist du?«, fragte Merani misstrauisch.
    »Du hast mich schon einmal gesehen. Erinnere dich!«
    »Bist du das grüne Runimädchen, das versteinert auf dem Grunde des Meeres liegt?«
    »Das bin ich. Wenn du mir und den anderen nicht hilfst,

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