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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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der arme Reodhendhor?«
    Anih hatte die Geschichte, wie ihr Mann zusammen mit Mera, Girdhan, Careela, Hekendialondilan und Argo den Herrn des Feuerthrons gestürzt hatte, oft genug gehört. Daher erschreckte sie der Gedanke, ebenfalls zu einem körperlosen Geist zu werden, der niemals den Weg zu seinem Gott finden würde, und sie fasste nach Meranis Hand. »Wenn du es versuchen willst, dann tu es! Aber fühle dich nicht gedrängt.«
    Merani lächelte beruhigend. »Das tue ich nicht, Tante Anih. Seit ich diesen Kristall das erste Mal in der Hand gehalten habe, wusste ich, dass diese Stunde einmal kommen würde.« Dann drehte sie sich um und setzte sich neben Tharon. »Ich bin bereit, großer Magier!«
    »Irgendwann werde ich Sirrin für diese Bezeichnung erwürgen!«, brummte Tharon.
    Tirah, der es wieder besser ging, hob den Kopf und grinste. »Jetzt wäre es am gefahrlosesten für dich, großer Magier. Sirrin liegt in Stasis und kann sich nicht wehren, während ich zu schlapp bin, um sie zu schützen.«
    »Du vergisst Regandhor. Der Bursche hat mehr drauf, als er uns zeigt. Aber dahinter werde ich auch noch kommen. Jetzt kümmern wir uns erst einmal um den Kristall!« Tharon legte seine rechte Hand auf Meranis Schulter und krallte seine Finger so fest in ihre Haut, dass sie vor Schmerz aufstöhnte.
    »Das muss sein«, beschied ihr der Magier. »Konzentriere dich, dann spürst du es nicht! Und jetzt richte deine Gedanken auf die Lir-Schuppe!«
    Merani schloss die Augen und streckte langsam die Hand nach dem Kristall aus. Zunächst tat sich gar nichts. Dann aber vernahm sie ein Wispern und Raunen, ohne Worte zu verstehen. Noch während sie sich den Stimmen neugierig näherte, wurde sie von einer ungeheuren Kraft gepackt und davongerissen.
     
    6
     
    Erst allmählich wurde Merani sich bewusst, dass sie wieder einmal nur als Geist existierte. Ihr Körper lag in der Höhle und schien unerreichbar fern zu sein. Für eine Weile befürchtete sie, niemals mehr in ihn zurückkehren zu können. Dann aber fühlte sie eine feine Verbindung zwischen ihren beiden Teilen und konnte sogar wahrnehmen, was in der Höhle geschah. Der schwarze Magier war von dem Ereignis anscheinend völlig überrascht worden, denn er fluchte leise und tastete mit seinen magischen Sinnen in ihrem Körper herum.
    »Keine Angst! Mir geht es gut«, sendete sie, konnte aber nicht feststellen, ob ihre Gedankenstimme den Magier erreicht hatte, denn sie wurde von den Winden gepackt und so weit nach oben getragen, dass sie die Sterne über sich flimmern sah. Gleichzeitig konnte sie den gesamten Archipel überblicken.
    Rasch merkte sie, dass sie die Informationen eines Spähartefakts der Fremden empfing, das immer wieder auf andere Teile des Archipels gerichtet wurde. Auf diese Weise bekam sie Einzelheiten mit, die sie bereits von der Arbeit mit dem Feuerthron kannte. Sie sah Dörfer und Städte so scharf, als hinge sie direkt darüber, und konnte Mensch und Tier beobachten. Wie es aussah, flüchteten Tausende Gurrländer von ihrer Heimatinsel und wurden zu den ardhunischen Inseln und nach Gelonda gebracht. Schiffe aller Völker halfen bei der Evakuierung, obwohl sie an anderen Orten ebenso dringend gebraucht worden wären. Malvone gab die in der Inneren See gelegene Insel Malanar auf, die Menschen von Terila flohen nach Teren, und auf den anderen Inseln wurden die Küstengebiete an der Inneren See geräumt.
    Bei diesem Anblick weinte Merani Geistertränen. Die Innere See war zu einem Tummelplatz gewaltiger Stürme geworden, deren Ausläufer über die Hauptinseln hinwegfegten. Ihr Blick suchte die Insel der Runi. Diese hatten den Schirm von Runia beinahe bis auf die Küste zurückgenommen und ihre vorgelagerten Inseln ebenfalls dem Toben der Stürme preisgegeben.
    Merani begriff, dass ihre kleine Welt tatsächlich im Begriff war unterzugehen. Doch sie schwor sich, bis zum letzten Atemzug für die Rettung des Archipels zu kämpfen.
    Ihr nächster Blick galt den Feinden. Als Erstes entdeckte sie das große schwarze Schiff in der Ostbucht. Fremde Krieger, die wie Gurrländer aussahen, und Männer in langen, mit Abzeichen überladenen Talaren besetzten ihre Heimat und stießen dabei auf keinerlei Gegenwehr. Beinahe das ganze Gebiet östlich des Gebirges war bereits in fremder Hand, und die ersten feindlichen Truppen stießen, dem Tal des Nordflusses folgend, auf Gurrdhirdon vor.
    Merani konnte nicht begreifen, weshalb ihre Eltern nicht die Kraft des Feuerthrons

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