Merani und die Schlange unter dem Meer
auf der Suche nach ihm und dem Feuerthron«, setzte Argo den Satz fort.
»Die Kerle hätten verhandeln können!«, antwortete Mera zornerfüllt. »Stattdessen kommen sie wie eine Schädlingsplage über das Land und versuchen unsere Leute mit Beeinflussungsmagie unter ihre Herrschaft zu zwingen. Einem solchen Pack dürfen wir den Feuerthron nicht ausliefern!«
Argo lachte. »Womit wir wieder beim Thema wären! Uns bleibt nichts anderes übrig, als auf unseren guten Stern zu vertrauen. Wir haben Freunde, Mera! Das ist mir klar, seit wir vor sechsunddreißig Jahren Wassuram gestürzt haben. Diese Freunde geben sich nicht immer zu erkennen, aber es gibt sie. Du müsstest sie doch auch wahrnehmen.«
»Ich fühle gar nichts!«, antwortete Mera schroffer als beabsichtigt.
Die Trennung von Girdhan, der mehr als drei Jahrzehnte wie ein Teil von ihr gewesen war, belastete sie ebenso wie die Hilflosigkeit gegenüber den magischen Mitteln der Invasoren. Der Kampf gegen diese Leute würde zu so fürchterlichen Verlusten führen, dass sie sich fragte, ob sie den Völkern des Archipels guten Gewissens zum Widerstand raten konnte. Dann aber dachte sie an die Runi auf Runia, die Wassuram hatte ausrotten wollen, und begriff instinktiv, dass die neuen Feinde nicht anders handeln würden. Sie schlug mit der Faust auf die Reling. »Wir werden keine Sklaven der Fremden werden!«
»So sehe ich es auch«, antwortete Argo. Dann wandte er sich zum Achterdeck um, auf dem eine Ardhunierin das Steuerruder bediente. »Drei Strich mehr nach Backbord, Steuerfrau.«
»Aber dann segeln wir genau in diesen gelben Sturm hinein«, rief diese erschrocken zurück.
»Der zieht südwärts ab. Bis wir dort sind, ist er weg.«
Nun befolgte die Frau den Befehl und sorgte dafür, dass die Matrosen die Segel trimmten. Der Bug des Schiffes schwang in die neue Richtung, und der Rumpf legte sich noch weiter über.
Mera musterte den Arghan nachdenklich. »Ich beneide dich um dein Talent, magische Ströme zu fühlen und zu erkennen, wie sie ziehen.«
»Das ist eine meiner wenigen Stärken. Dafür hast du eine Menge Fähigkeiten, die mir fehlen, Mera. Gemeinsam sind wir beide wahrscheinlich stärker als die stärksten Magier der Eindringlinge. Davon bin ich fest überzeugt, und das werden auch die Invasoren noch begreifen.«
»Wollen wir hoffen, dass unsere Gegner bald einsehen, dass ihnen hier keine Kinder mit Flitzebogen gegenüberstehen. Sonst müssten wir es ihnen handgreiflich beibringen!«
Obwohl die See vor ihnen aussah, als würde sie jedes Schiff verschlingen, das sich in diesen Hexenkessel hineinwagte, fasste Mera nach dem Gespräch mit Argo wieder Mut. Sie legte die Hände aufdie Reling und blickte nach oben. Über ihnen kreisten Sturmvögel und ließen sich auch von den scharfen Böen, die über das Meer zogen, nicht beeindrucken.
»Ja, Argo! Wir werden es schaffen.«
»Natürlich werdet ihr das!«, klang es plötzlich in ihren Gedanken auf.
»Was hast du gesagt?«, fragte sie irritiert.
Argo sah sie erstaunt an. »Ich? Gar nichts.«
»Ich habe eine Stimme vernommen. In meinem Kopf! Sie klang … grün! Aber sie hörte sich nicht so an, als käme sie von einem Feind. Wie sagtest du eben? Wir haben noch Freunde, und die benötigen wir auch dringend. So, jetzt geht es mir wieder besser, und ich bekomme Hunger.«
Argo lächelte erleichtert, weil es ihm gelungen war, Mera wieder aufzurichten. Im Kampf gegen die magischen Elemente und die fremden Aggressoren war sie sehr wichtig, und er durfte nicht zulassen, dass die Schwermut ihre Kräfte beeinträchtigte.
5
Tharon fiel vor Staunen die Kinnlade herab, als er den Kristall in Meranis Hand sah. »Bei allen Dämonen des Westens! Weißt du, was das ist, Mädchen?«
Merani schüttelte verständnislos den Kopf. »Ein Kristall eben, wie es sie in den Bergen viele gibt.«
»Oh nein! Das ist eine Lir-Schuppe, ein Stück aus dem Panzer eines gewaltigen Wesens.«
»Ist das so etwas Ähnliches wie ein Arghan?«, fragte Careedhal neugierig.
Regandhor, der nun, nachdem Anih ihn mit der Reservekleidungihres Sohnes versehen hatte, einem Mitglied der ilyndhirischen Flotte glich, hob interessiert den Kopf. Der Junge schien zu wissen, was es mit den Arghan auf sich hatte. Dabei war sein eigener Arghan-Kern noch fest geschlossen.
Tharon schüttelte den Kopf. »Eine Lir ist nicht mit einem Arghan zu vergleichen. Arghan erscheinen entweder als geflügelte Schlangen oder als gepanzerte, vierfüßige
Weitere Kostenlose Bücher