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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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und ich weiß zu wenig über sie, um Sirrin wirksam unterstützen zu können. Aber sollte es Probleme geben, werde ich natürlich eingreifen.«
    Wie es aussah, waren Sirrin und die anderen zu einem Entschluss gekommen. Die Magierin trat nun neben die grüne Eirun und legte ihre Hände auf deren Kopf. Tharon beugte sich vor, um ja nichts zu verpassen. Schwarzlandmagier pflegten in solch einer Situation Artefakte einzusetzen. Doch bei der Grünen und erst recht bei der Violetten wäre es zu gefährlich, nur auf einen Knopf zu drücken und zu warten, dass die Versteinerung sich löste.
    Sirrin spürte die Angst der Grünen und rief nach Hekendialondilan. »Halte ihren Kopf und sing etwas, damit sie erkennt, dass sie unter Freunden ist.«
    Das Runimädchen stimmte ein Lied ihres Volkes an, das vonblühenden Bäumen erzählte, und blickte auf Tenaril herab. Das grüne Mädchen konnte höchstens hundert Jahre älter sein als sie und wäre damit im richtigen Alter, jene Freundin für sie zu werden, nach der sie sich seit langer Zeit sehnte. Vor lauter Anspannung weinte sie eine Träne, die auf die andere fiel.
    »Bist du traurig?«, fragte Tenaril, die ihre Gefühle mitbekam.
    »Nein, nur sehr aufgeregt. Ich freue mich so, dich kennenzulernen! Wenn du wieder auf den Beinen bist, möchte ich dich bitten, mit mir zu kommen. Meine Mutter hat sicher nichts dagegen, wenn wir zusammenbleiben.« Hekendialondilan sendete ihr die Bilder des heimatlichen Waldes, in dem sie und ihre Mutter lebten.
    »Es ist schön«, antwortete Tenarils Geist traurig, weil sie an ihre verlorene Heimat denken musste.
    »Nein, nicht! Du darfst die Kontrolle nicht verlieren!«, schrie Sirrin auf, die als Erste mitbekam, wie die Geisterballung in allen Farben aufloderte und näher kam. »Bitte entspanne dich und versuche an etwas Angenehmes zu denken!«
    »Ich versuche es.« Obwohl Tenarils Körper noch versteinert war, glaubte Merani, die in ihrer Nähe stand, einen schuldbewussten Ausdruck auf dem Gesicht der Grünen zu erkennen.
    »Wir müssen die beiden ganz langsam entsteinern. Wenn das grüne Sp… äh, Mädchen Krämpfe bekommt, dreht die Geisterballung durch«, erklärte Sirrin und ließ die Entsteinerungsmagie ganz sacht in die beiden fließen.
    Im gleichen Augenblick flammten sowohl das Lir-Mädchen wie auch ihr Riesenleib, dessen Rücken sich mittlerweile wie ein Gebirgswall aus dem Meer erhob, violett auf, und ein heißer Windstoß fegte über die Insel.
    »Merani, hilf du mir, sie zu beruhigen. Und du, Mera, musst mich bei der Entsteinerung unterstützen, sonst geschieht doch noch ein Unglück. Es ist wie eine Waage, die nicht aus dem Lot geraten darf!« Sirrin schüttelte sich, um ihre Anspannung loszuwerden, und nickte dann Mutter und Tochter auffordernd zu.
    Als Merani vorsichtig Kontakt zu dem violetten Wesen aufnahm, wurde ihr Geist aus ihrem Körper gerissen, und sie fand sich in einer fremdartigen Umgebung wieder. Die Luft und der Sand waren glühend heiß und voller fremder Magie, aber sie fühlten sich seltsamerweise sehr angenehm an. Vor ihren Augen breitete sich eine Wüste aus, die von Horizont zu Horizont reichte und nur von einzelnen großen Oasen unterbrochen wurde. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass sie die Erinnerung der Versteinerten aufnahm. Nun aber erschrak sie. Was würde geschehen, wenn das violette Mädchen erwachte und sich in einer weitaus kälteren, von Felsen und zahllosen kleinen Seen geprägten Landschaft wiederfand?
    Mit aller Konzentration versuchte Merani, den Geist der Lir zu beeinflussen. »Bitte, tu nichts, was uns behindern könnte. Wir wollen dir doch nur helfen.«
    Statt einer Antwort sah sie plötzlich einen goldschimmernden Ball vor sich, der immer größer wurde, bis sie eine riesige Landmasse und viele kleinere Inseln erkennen konnte. Dann stürzte sie auf ein Gebiet großer Inseln nieder. Als sie aufprallte, war es, als würde jede Faser in ihr zerreißen, und der Schmerz fegte jeden Gedanken weg bis auf einen: In dieser Kälte würde sie erstarren und sterben.
    »Nein, nicht!«, schrie sie geistig so laut auf, dass selbst die weniger magisch begabten wie Kip und dessen Frau es vernahmen.
    »Merani! Beruhige dich!«, vernahm sie die Stimme ihrer Mutter und spürte gleichzeitig deren heilende Kräfte.
    Nun schämte sie sich, weil sie, anstatt zu helfen, noch zusätzliche Probleme verursacht hatte. Sie fühlte, wie der Körper des Lir-Mädchens zu zittern begann, und redete beschwörend auf

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