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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Fähigkeiten, die über das hinausgingen, was er von gegnerischen Eirun gewohnt war. Vor allem durfte er nicht mehr an seinen eigenen Namen denken. Wie er allerdings Tirah dazu bringen sollte, diesen vor ihrer Gefangenenwärterin und deren Freunden zu verbergen, wusste er nicht. Er konnte nur hoffen, dass die junge Violette genug Selbstbeherrschung besaß.
    »Was wollen du und deine Freunde mit uns machen?«, fragte er, weil er nicht stumm herumliegen wollte.
    »Wir wollen mit euch reden und euch auffordern, unseren Archipel wieder zu verlassen«, antwortete Hekendialondilan.
    Der Mann, der sich als ihr Gefangener bezeichnet hatte, irritierte sie. Zwar hielt er seine Gedanken jetzt im Zaum, so dass sie nur ab und zu ein Wort oder einen Begriff auffangen konnte, doch das, was sie bereits erfahren hatte, war seltsam genug. Der Mann hasste ihr Weiß und fürchtete es. Gleichzeitig aber galt sein Zorn Leuten der eigenen Farbe. Dies erinnerte sie an die Explosion seines Bootes. Dieses Unglück hatte Daar sicher nicht bewusst herbeigeführt. Daraus schloss Hekendialondilan, dass der Mann Feinde unter den Leuten seiner eigenen Farbe besaß. Zuerst wunderte sie sich darüber, aber dann erinnerte sie sich daran, dass der Schwarzmagier Wassuram auch die gleichfarbigen Girdanier unterjocht hatte.
    Ein Stöhnen, welches das violette Mädchen ausstieß, beendete Hekendialondilans Überlegungen. »Hab keine Angst!«, sagte sie laut. »Du bist in Sicherheit.«
    »Das Boot! Wir sind nicht hinausgekommen, Tha…«, begann Tirah, wurde aber sofort von dem Magier unterbrochen.
    »Wir sind beide gerettet worden und vorerst Gefangene weißer Eirun. Ob das besser ist, als tot zu sein, weiß ich nicht, aber ich hoffe es. Übrigens will ich uns beide richtig vorstellen. Ich bin Daar, Magier dritten Ranges in der vierten Brigade des neunten Korps der zweiundzwanzigsten Armee des Schwarzen Reiches, undmeine Begleiterin ist Tirah, eine Adeptin des Violetten Landes und Prinzessin von Mar.«
    Etwas in seiner Stimme ließ Hekendialondilan aufhorchen. »Dein Name … er stimmt nicht. Du heißt anders!«
    Jetzt konnte der Magier einen Fluch nicht mehr unterdrücken. Gleichzeitig brach sein Stolz durch, und er funkelte das Eirunmädchen zornig an. »Also gut. Dann wisse, dass ich Tharon bin!«
    »Das hättest du auch gleich sagen können. Oder sind solche Verwirrspiele bei euch üblich?« Hekendialondilan schüttelte lachend den Kopf und beugte sich über Tirah.
    »Bist du in Ordnung? Wenn ja, wäre es lieb von dir, wenn du dich um deinen Begleiter kümmern könntest. Er ist schwer verletzt, aber ich kann nichts für ihn tun.«
    Tirah starrte die Eirun an, ohne zu begreifen, was diese von ihr erwartete. Zwar war Hekendialondilan nicht die erste ihres Volkes, der sie begegnete, denn im Gegensatz zu den Nachwuchsmagiern des Ordens vom Heiligen Schwert hatte sie ihre Ausbildung während mehrerer Feldzüge gegen den gemeinsamen Feind erhalten. Aber jene Spitzohren hatten ihr entweder mit blanker Klinge in der Hand gegenübergestanden oder mit Pfeilen auf sie geschossen. Dieses Kind trug jedoch nur einen kleinen Dolch am Gürtel und war sonst unbewaffnet. Zwar hatte sie selbst Rüstung und Schwert auf »Giringars Hammer« zurückgelassen, doch sie traute sich zu, die andere im Zweikampf zu besiegen. Ein Blick in die Runde aber ließ sie von diesem Gedanken Abstand nehmen. Sie befanden sich auf einer winzigen Felseninsel inmitten eines wild schäumenden Ozeans, über dem sich bereits das nächste magische Unwetter zusammenzog. Wenn sie die Eirun tötete, würden Tharon und sie auf dieser Insel gefangen sein und dem Sturm, der bald über sie ziehen würde, zum Opfer fallen.
    Mit gesenktem Blick stand sie auf und ging mit steifen Schritten zu Tharon hinüber. Unterwegs merkte sie, dass die Eirun ihr sogar den Dolch gelassen hatte, den sie stets am Körper trug. Die Waffewar um einiges länger als das Messerchen des Spitzohrmädchens und besaß einige spezielle Eigenschaften. Doch gerade die Tatsache, dass die Weiße es nicht für nötig befunden hatte, ihr die Waffe abzunehmen, bewies, dass diese sich ihrer Gefangenen vollkommen sicher war.
    »Nun, großer Magier, diesmal sitzen wir mitten in Taliens Kochkessel«, sagte sie, als sie sich über Tharon beugte und mangels anderen Verbandsmaterials Streifen aus dem Futter seines Talars herausschnitt.
    »Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich freuen würde, dir widersprechen zu können. Aber du hast recht. Wie

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