Merani und die Schlange unter dem Meer
Metallplatte fallen ließ. Oben wurde ein Fenster aufgerissen, und Kipan, der während seines Aufenthalts im Heimathafen bei seinen Eltern wohnte, steckte den Kopf heraus. »Was ist los? Gibt es Alarm? Kommen die schwarzen Schiffe?«
Dann erkannte er, wer unten stand, und atmete auf. »Ach, ihr seid es nur.« Kaum hatte er es gesagt, sah er aus, als würde er diese Worte auch schon wieder bereuen. »Entschuldigt, ich wollte nicht unhöflich erscheinen. Es ist nur …«
Merani unterbrach ihn barsch. »Ist dein Vater zu Hause?«
»Der Großadmiral befindet sich hier in seinem Haus.«
Nun tauchte Kip an einem anderen Fenster auf und unterbrach seinen Sohn. »Jetzt schwätz nicht so gedrechselt daher, sondern mach den Kindern die Tür auf! Habt ihr Hunger? Wenn ja, lasse ich sofort Goldgarnelen auf den Herd stellen. Es ist schön, dass ihr mich besucht.«
Um zum Geburtsort der magischen Stürme zu kommen, brauchte Meranidie Hilfe des Großadmirals und musste ihn daher bei Laune halten. »Wir essen gerne mit, Onkel Kip!«
»Ich habe großen Hunger«, setzte Careedhal hinzu. »Auf die Dauer machen Blaubeeren nicht satt.«
»Ihr habt gestern auch nur einen Pfannkuchen zum Abendbrot gegessen«, erinnerte Qulka ihn mit einem gewissen Tadel in der Stimme. Da die Beschäftigung mit Magie kräftezehrend war, mussten die magisch Begabten ihrer Ansicht nach tüchtig essen. Allerdings lagen ihre und Careedhals Vorstellung von einer ausreichenden Portion meilenweit auseinander.
Merani war froh, als ein Diener erschien und ihnen öffnete, sonst hätte die Zofe auch ihr Vorhaltungen gemacht. Qulka verstand einfach nicht, dass sie in der Nacht nur wenig magische Kraft verbraucht hatte. Kaum hatte sie dies gedacht, spürte sie ein Loch in ihrem Bauch, in das ein ganzes Fass Goldgarnelen zu passen schien, obwohl sie im Gegensatz zu Careedhal drei Pfannkuchen verdrückt hatte.
Der Großadmiral empfing sie in der Eingangshalle. Seine rundliche Gestalt steckte in einem weiten Morgenmantel, und er trug noch die Schlafmütze auf dem Kopf. Aber seine Augen wirkten hellwach, und sein Gesicht strahlte. Er umarmte Merani und hielt sie dann ein Stück von sich weg. »Heilige Ilyna, bist du in der letzten Zeit gewachsen! Ich glaube, du bist jetzt fast schon so groß wie ich.«
Das war eine leichte Untertreibung, denn in Wahrheit überragte Merani ihn um die Breite von zwei Fingern. Sie korrigierte ihn jedoch nicht, sondern sah zu, wie er nach ihr auch Argeela und Careedhal an seine Brust drückte.
Nun erschien auch Kips Ehefrau, die im Gegensatz zu ihrem Mann vollständig bekleidet war. Sie trug ihr bestes Hauskleid und eine blaue Stola mit einem aufgestickten Wappen, das im oberen Feld einen roten, dreimastigen Segler auf blauem Grund zeigte und darunter drei blaue Blumen auf rotem Grund. Die Dame wareine entfernte, wenn auch verarmte Verwandte von Graf Hemor und hatte die Gelegenheit ergriffen, durch eine Heirat mit dem gefeierten Helden und Seefahrer Kip jene Stellung zu erhalten, die ihr ihrer Ansicht nach zukam.
Sie hob kurz die Augenbrauen, als sie ihren Mann in einem so unstandesgemäßen Aufzug vor sich sah, sagte aber nichts, sondern knickste anmutig vor Merani, Argeela und Careedhal. »Kaiserliche und Fürstliche Hoheiten, Euer Besuch ehrt unser Haus. Kommt und erfrischt euch. Das Frühstück wird serviert, sobald mein Gemahl sich angezogen hat.«
Bei diesen Worten wurde Großadmiral Kip sich seines Morgenrocks und der Pantoffeln an seinen Füßen bewusst. »Ich bin gleich wieder da«, versicherte er grinsend und verschwand.
Statt seiner tauchte Kipan auf, dem es gelungen war, in der kurzen Zeit in die prachtvolle Uniform eines adeligen Seeoffiziers zu schlüpfen. Als er vor den Gästen salutierte, kicherten die beiden Mädchen. Es war deutlich zu sehen, wer hier im Haus den Ton angab, denn der Blick seiner Mutter ruhte mit einem ebenso stolzen wie zufriedenen Ausdruck auf ihm.
»Kaiserliche und Fürstliche Hoheiten, Euer Besuch ehrt unser Haus. Wenn Ihr erlaubt, führe ich Euch in den Frühstückssalon.« Kipan verbeugte sich und reichte Merani den rechten und Argeela den linken Arm, während seine Mutter an Careedhals Seite trat und diesem ihren Arm anbot.
Die drei sahen sich kurz an, und ihren Gesichtern konnte man ablesen, was sie dachten: »Ilyndhirische Sitten!« Aber sie lächelten freundlich und folgten ihren Gastgebern in einen Raum, in dem die Dienerschaft bereits den Tisch deckte.
Das Zimmer war ganz mit Holz
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