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Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail

Titel: Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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atmete. Dann ging ich zu seiner Tochter.

    Sie hatte ihre Stellung nicht verändert, seit die Wache sie wieder angebunden hatte. Zwei Stunden vor dem Ausbruch würde es sicher sein, die Fesseln zu lösen, dachte ich, suchte aber im gleichen Moment schon in meinem Rucksack nach etwas, um ihre Seile durchzuschneiden.
    Es war einfach unmöglich, sie noch länger in diesem Zustand zu lassen.
    Ich weiß nicht, warum ich Zees Dolch mitgebracht hatte oder wieso ich nun nach ihm griff und nicht nach meinem Taschenmesser, aber die Waffe geriet in meine Hand, als gehörte sie dorthin.
    Jesse zuckte zusammen, als ich ein Knie auf das Bett stütze, also berührte ich ihre Schulter. »Ich bin’s, Mercy. Niemand wird dir mehr wehtun. Wir müssen noch ein bisschen warten, aber wir werden dich hier rausbringen. Du musst leise sein. Wenn du das für mich tun kannst, werde ich dieses Seil durchschneiden und sehen, was ich wegen des Klebebandes tun kann.«
    Sie war vollkommen passiv gewesen, aber nun begann sie zu zittern, als wäre ihr kalt. Es war tatsächlich nicht warm im Zimmer, und sie hatte keine Decke, also nahm ich an, dass das einen Teil des Problems ausmachte. Aber sie atmete auch, so gut sie konnte – eine schwierige Aufgabe, so wie ihr Mund mit dem Klebeband verschlossen war.
    Ich berührte die Schneide des Dolchs mit dem Daumen. Sie war scharf, aber nicht scharf genug, um damit einfach durch Kletterseil schneiden zu können.
    Ich ließ sie zwischen ein Stück des Seils und den Bettrahmen gleiten und hätte mich beinahe gestochen, als ich sie zurückzog und auf keinen Widerstand stieß. Zuerst glaubte ich, der Dolch sei unter dem Seil abgerutscht – aber das Seil war glatt durchtrennt!

    Ich warf der Waffe einen respektvollen Blick zu. Ich hätte wissen sollen, dass ein Dolch, den Zee zu seinem Schutz mit sich führte, für ein paar Überraschungen gut war. Ich schnitt das Seil an Jesses Füßen durch, und sie zog die Knie zur Brust hoch und schlang die Arme darum. Tränen liefen ihr über das Gesicht, und ich rieb ihr eine Minute lang den Rücken. Als sie sich ein wenig zu beruhigen schien, kehrte ich zu dem Rucksack zurück und holte eine kleine Reisedose mit WD-40 heraus.
    »Nach Essig und Backpulver stellt WD-40 eine der größten Erfindungen dieses Zeitalters dar«, sagte ich zu ihr. »Jetzt werden wir es benutzen, um dieses Klebeband zu lockern.«
    Ich war nicht sicher, ob es funktionieren würde, obwohl ich das Zeug schon oft verwendet hatte, um kleine Bandrückstände von Autos zu lösen.Aber schließlich gelang es mir wirklich, das Tape vorsichtig von ihrer Haut zu ziehen. Als genug gelöst war, schnitt ich es mit Zees Dolch dicht an ihrem Ohr durch. Ihr Haar zu befreien, interessierte mich im Augenblick nicht – ich musste das Klebeband erst einmal von ihrem Gesicht bekommen.
    Es löste sich so gut wie die Bandreste, die ich von Autos geholt hatte. Ich brauchte nicht lange, bis ihr Mund frei war; dann schnitt ich den Rest durch, und nur noch die Streifen im Haar blieben.
    »Das schmeckt widerlich«, sagte Jesse heiser und wischte sich den Mund mit dem Saum ihres T-Shirts ab.
    »Ich mag es auch nicht«, stimmte ich ihr zu, denn ich hatte es ein paar Mal in den Mund bekommen, wenn ich nicht daran gedacht hatte, dass das Zeug noch an meinen Händen klebte. »Wie lange hast du nichts mehr getrunken?«
    »Seit sie Dad hier hochgebracht haben«, flüsterte sie ihren Knien zu. »Als ich etwas gesagt habe, ist er aufgewacht, also
haben sie mich geknebelt. Ich dachte, Werwölfe seien unempfindlich gegen Drogen.«
    »Offenbar nicht gegen dieses Zeug«, stellte ich fest, während ich zu meinem Rucksack zurückkehrte und die Thermosflasche mit dem Kaffee herausholte. »Obwohl ich nicht glaube, dass es so funktioniert, wie sie wollen.
    Ich hätte daran denken sollen, Wasser mitzubringen«, sagte ich und hielt Jesse einen Becher mit der unangenehm riechenden schwarzen Flüssigkeit hin. Ich weiß, die meisten Leute mögen den Geruch, aber ich kann das Zeug irgendwie nicht ausstehen.
    Als sie sich immer noch nicht bewegte, verlor ich die Nerven: »Komm schon, du hast jetzt keine Zeit, dich im Selbstmitleid zu suhlen. Später in dieser Nacht, wenn du zu Hause bist, kannst du in Winterstarre fallen, wenn du das unbedingt willst. Jetzt musst du mir helfen, deinen Vater auf die Beine zu bringen.«
    Ich fühlte mich, als schlüge ich einen winselnden Hund, aber sie setzte sich tatsächlich hin und nahm den kleinen Metallbecher in

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