Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
einfacher als Leben, Mercy, mein Mädchen«, sagte er liebevoll und zitierte damit den Lieblingsspruch meines Pflegevaters. »Tanze, wenn der Mond scheint, und weine nicht über Probleme, die dir noch bevorstehen.«
Sein Lächeln wurde weicher, und für einen Moment konnte ich deutlich den Mann erkennen, der er einmal gewesen war. »Es ist kalt hier draußen, Mercy, und dieser Mantel hilft dir nicht viel. Geh und wärm dich auf, Mädchen.«
Ich wusste nicht, wie ich mich verabschieden sollte, also ließ ich es sein. Ich drehte mich einfach um und ging.
Als die Zeiger der Uhr im Motel auf zwölf standen, ging ich zum Bus, den Charles – oder eher Carl – vor Nummer eins geparkt hatte. Wenn Adam noch nicht so weit ist, wird er eine andere Mitfahrgelegenheit finden müssen. Ich kann es hier keine Minute länger aushalten.
Ich öffnete eine Klappe hinten am Auto, um den Frostschutz zu überprüfen, denn der Bus hatte ein kleines Leck, um das ich mich noch nicht gekümmert hatte. Als ich sie wieder schloss und mich umdrehte, stand Samuel mit einer vollgestopften Segeltuchtasche vor mir.
»Was machst du da?«, fragte ich misstrauisch.
»Hat Vater dir das nicht gesagt?« Er bedachte mich mit einem trägen Grinsen, eines von denen, die mein Herz immer hatten schneller schlagen lassen. Ich war nicht begeistert, herauszufinden
dass es immer noch funktionierte. »Er schickt mich mit euch. Jemand muss sich um die Abtrünnigen kümmern, die Adam angegriffen haben, und Adam selbst ist dazu noch nicht in der Lage.«
Ich drehte mich auf dem Absatz herum, bevor mir etwas Angemessenes eingefallen wäre, um mich für meine nur zu deutliche Bestürzung zu entschuldigen, aber dann ging die Tür von Zimmer Nummer eins auf.
Adam sah aus, als hätte er in den letzten vierundzwanzig Stunden zwanzig Pfund abgenommen. Er trug eine geliehene Trainingshose und eine offene Jacke über dem nackten Oberkörper. Die meiste sichtbare Haut hatte Prellungen in allen Farben des Regenbogens, Lila, Blau und Schwarz und hellere rote Stellen, aber es gab keine offenen Wunden mehr. Adam kleidete sich sonst immer sehr sorgfältig und achtete auf sein gepflegtes Äußeres, aber nun hatte er dunkle Stoppeln am Kinn, und sein Haar war unfrisiert. Er hinkte langsam auf den Bürgersteig hinaus und stützte sich dabei fest auf einen Stock.
Ich hatte nicht erwartet, ihn so bald wieder in aufrechter Position zu sehen, und man sah mir die Überraschung wohl deutlich an, denn er lächelte schwach.
»Eine starke Motivation hilft bei der Heilung«, sagte er. »Ich muss Jesse finden.«
»Motivation und Dummheit«, murmelte Samuel neben mir, und Adams Lächeln wurde breiter, wenn auch nicht unbedingt freundlicher.
Ein Erneutes »Ich muss Jesse finden«, war alles, was er als Antwort auf Samuels offensichtliche Missbilligung entgegnete. »Mercy, ohne dein Auftauchen wäre ich tot. Danke.«
Unsere Beziehung war für mich immer voller Fragen gewesen, und zu wissen, dass Bran ihm befohlen hatte, auf mich aufzupassen,
half nicht gerade, sie besser zu verstehen. Dennoch, ich konnte dem Drang, ihn zu necken, nicht widerstehen – er nahm das Leben so ernst!
»Es ist mir immer eine Freude, dich zu retten«, verkündete ich unbeschwert und war froh über das Aufflackern in seinen Augen, bevor er lachte.
Er musste stehen bleiben, um zu Atem zu kommen. »Verdammt noch mal«, sagte er und schloss die Augen. »Tu so was nicht.«
Samuel war unauffällig näher gekommen, entspannte sich aber, als Adam weiterging, ohne umzufallen. Ich öffnete die Schiebetür hinter dem Beifahrersitz.
»Willst du dich hinlegen?«, fragte ich. »Oder würdest du lieber auf der Bank sitzen?«
»Ich werde mich setzen«, knurrte Adam. »Meine Rippen sind nicht erfreut über das Liegen.«
Als er zum Bus kam, hielt ich mich zurück und ließ zu, dass Samuel ihm hineinhalf.
»Mercy«, sagte Bran zu meiner Überraschung hinter meiner Schulter, weil ich nur auf Adams Miene geachtet hatte.
Er hatte ein paar Decken auf dem Arm.
»Ich wollte früher hier sein und dich informieren, dass Samuel mit euch kommt«, erklärte er und reichte mir die Decken. »Aber ich musste ich um andere Dinge kümmern, die länger dauerten, als ich erwartet habe.«
»Wusstest du, dass du ihn mit uns zurückschicken würdest, als du gestern Abend mit mir gesprochen hast?«, fragte ich.
Er lächelte. »Ich hielt es für möglich, ja. Aber ich habe auch noch einmal mit Adam geredet, nachdem ich mich von dir
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