Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail
sich geirrt haben sollte, würden sowohl Samuel als auch ich dafür bezahlen müssen.
Ich blieb reglos liegen, während mein Herz verzweifelt versuchte, sich einen Weg aus meinem Brustkorb zu schlagen. Samuel ließ mich schließlich los, knabberte noch einmal sanft an meiner Nase und bewegte sich dann lautlos von mir weg.
Ich rollte mich herum und schüttelte mich, damit mein Fell
sich wieder setzte, und wurde dabei endlich den BH los. Samuel lag auf dem Rücksitz ausgestreckt und beobachtete mich mit seinen wunderbaren weißen Augen. Er blinzelte einmal, dann legte er die Schnauze auf die Vorderpfoten und schloss die Augen, was so klar wie Worte sagte, dass die beiden Hälften seiner Seele wieder vereint waren.
Dann hörte ich einen großen Motor leise den Weg zum Parkplatz entlangschnurren. Ich verwandelte mich so schnell ich konnte wieder in einen Menschen und begann, nach meiner Kleidung zu suchen. Meine Unterwäsche war hellgrün und relativ leicht zu finden. Ich konnte den Sport-BH schneller an- als ausziehen und fand mein T-Shirt, als mein Fuß es berührte.
Das Auto wurde langsamer, als es näher kam, und die Scheinwerfer leuchteten durch die Fenster meines Busses.
»Hose, Hose, Hose«, murmelte ich und suchte hektisch den Boden ab. Ich fand sie gerade, als Reifen auf Kies knirschten, und das Auto hinter uns parkte. Ich fand auch Zees Dolch und schob ihn unter die Gummimatte nahe der Seite des Busses, die am weitesten von der Schiebetür entfernt war.
Fieberhaft zog ich die Hose hoch, zog den Reißverschluss zu und knöpfte sie zu, gerade, als sich die Fahrertür des anderen Autos öffnete. Schuhe. Zum Glück waren sie weiß, und ich packte sie und zog sie über die nackten Füße, ohne sie aufzuschnüren.
Ich sah das riesige Tier, das auf dem Rücksitz des Busses lag, hektisch an. Samuel würde sich noch eine Weile nicht zurückverwandeln können, wahrscheinlich ein paar Stunden. Nach einer erzwungenen Veränderung brauchte ein Wolf immer Zeit, um sich davon zu erholen, selbst wenn er so viel Macht wie Samuel besitzt, und es war zu spät, um ihn zu verbergen.
»Sei ein guter Hund, Samuel«, sagte ich also mit strenger
Stimme. »Jag den netten Polizisten keinen Schrecken ein. Wir haben keine Zeit, uns zum Revier eskortieren zu lassen.«
Der Lichtkegel einer Taschenlampe fand mich, und ich winkte, dann öffnete ich langsam die Schiebetür.
»Ich bin hier, um zu joggen«, sagte ich. Die Taschenlampe verhinderte, dass ich das Gesicht des Mannes sehen konnte.
Wir schwiegen beide einen Moment. »Es ist ein Uhr morgens, Ma’am.«
»Ich konnte nicht schlafen«. Ich bedachte ihn mit einem bedauernden Lächeln.
»Allein bei Nacht zu joggen, ist eine riskante Sache, Ma’am.« Er senkte die Taschenlampe, und ich blinzelte schnell und hoffte, dass die tanzenden Nachbilder auf meiner Netzhaut bald verschwinden würden.
»Deshalb nehme ich immer ihn hier mit«, sagte ich und wies mit dem Daumen hinten in den Bus.
Der Polizist stieß einen spontanen Fluch aus. »Entschuldigung, Ma’am. Das ist ganz bestimmt der größte Hund, den ich je gesehen habe – und ich bin mit Bernhardinern aufgewachsen.«
»Fragen Sie mich nicht, was er ist«, sagte ich, schlüpfte durch die Tür, und stellte mich neben den Mann. »Ich habe ihn im Tierheim gefunden, als er ein Welpe war. Mein Tierarzt sagt, er könnte ein Irischer Wolfshund sein, vielleicht gekreuzt mit einem Husky oder Wolfsspitz.«
»Oder einem sibirischen Tiger«, murmelte er ohne zu wollen, dass ich er hörte. Mit lauterer Stimme sagte er dann: »Warum zeigen Sie mir nicht Ihren Führerschein, die Autopapiere und die Versicherungskarte, Ma’am?« Er war nun entspannt und erwartete offenbar keinen Ärger mehr.
Ich öffnete die vordere Beifahrertür und holte meine Handtasche aus dem Behälter zwischen den vorderen Sitzen, in den
ich sie gesteckt hatte, als wir bei Onkel Mike gewesen waren. Direkt neben den Autopapieren steckten die Versicherungskarte und meine SIG.
Das hier würde so viel einfacher verlaufen, wenn der nette Polizist die Waffe nicht bemerkte – ebenso wenig wie die .444 Marlin weiter unten im Behälter. Ich hatte einen Waffenschein, der mir erlaubte, die Marlin mitzuführen, aber das wollte ich im Augenblick lieber verschwiegen. Besonders, wenn man Stefan glauben durfte, dass der Besitz von so etwas wie Zees Dolch in diesem Bundesstaat tatsächlich verboten war.
Ich griff also schnell nach der Versicherungskarte und den Autopapieren,
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