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Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail

Titel: Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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ernähren?«, fragte ich.
    »Nein.« Er wendete den Bus und fuhr wieder die Einfahrt hinauf. »Sich vom Werwolf des Herrn der Nacht zu ernähren, ist tabu.«

    Er sprach von diesem Herrn der Nacht, als hätte ich wissen sollen, wer er war, also fragte ich: »Wer ist der Herr der Nacht?«
    »Der Meister von Mailand – zumindest war das einmal so.«
    »Wann?«
    »Vor mehr oder weniger zweihundert Jahren. Er schickte Signora Marsilia hierher ins Exil, zusammen mit denen, die Ihr Gefolgschaft schuldeten.«
    »Vor zweihundert Jahren gab es hier überhaupt nichts«, stellte ich fest.
    »Es heißt, sie haben eine Nadel in eine Landkarte gesteckt. Du hast recht, es gab hier nichts. Nichts als Wüste, Staub und Indianer.« Er rückte den Rückspiegel zurecht, damit er mich sehen konnte, und sein Blick traf den meinen, als er fortfuhr. »Indianer und etwas, das wir nie zuvor gesehen hatten, Mercy. Gestaltwandler, die nicht vom Mond gerufen wurden. Männer und Frauen, die die Gestalt eines Kojoten annehmen konnten, wenn sie das wollten. Sie waren immun gegen die Magie, die uns gestattete, unentdeckt unter Menschen zu leben.«
    Ich starrte ihn an. »Ich bin nicht immun gegen Magie.«
    »Das habe ich auch nicht gesagt«, antwortete er. »Aber etwas von unserer Magie geht an dir vorbei. Warum, glaubst du, konntest du dich gegen Marsilias Zorn stellen, als wir anderen zu Boden fielen?«
    »Das Lamm.«
    »Es war nicht dein Schaf. Früher einmal hätte das, was du bist, dein Todesurteil bedeutet, Mercedes. Wir haben deine Art getötet, wo immer wir sie fanden, und sie taten das Gleiche mit uns.« Er lächelte mich an, und mein Blut gerann bei dem Ausdruck in diesen alten, kalten Augen. »Es gibt überall Vampire, Mercedes, und du bist der einzige Walker hier.«

    Ich hatte Stefan immer für meinen Freund gehalten. Selbst mitten in der Siedhe hatte ich seine Freundschaft nicht in Frage gestellt, nicht wirklich. Wie dumm von mir.
    »Ich kann mich selbst nach Hause fahren«, sagte ich.
    Er richtete den Blick wieder auf die Straße vor sich und lachte leise, als er an den Straßenrand fuhr und parkte. Er stieg aus, ließ den Motor aber laufen. Ich ließ Samuels Schulter los und zwang mich, die Sicherheit des Rücksitzes zu verlassen.
    Ich sah Stefan weder noch roch ich ihn, als ich ausstieg und zum Fahrersitz ging, aber ich konnte seinen Blick auf meinem Rücken spüren. Ich setzte dazu an loszufahren, dann nahm ich den Fuß wieder von Gas und trat auf die Bremse.
    Ich rollte das Fenster herunter und sagte zur Dunkelheit: »Ich weiß, dass du dort nicht wohnst – du riechst nach Holzrauch und Popcorn. Soll ich dich nach Hause bringen?«
    Er lachte. Ich zuckte zusammen, dann tat ich es noch einmal, als er sich ins Fenster lehnte und mir die Schulter tätschelte.
    »Geh heim, Mercy«, sagte er und war verschwunden – diesmal wirklich.

    Ich rollte hinter Lastern und Familienkutschen her und dachte an das, was ich gerade erfahren hatte.
    Natürlich wusste ich, dass Vampire ebenso wie das Feenvolk, die Werwölfe und ihre Verwandten aus der Alten Welt stammten. Ihre Gründe, nach Nordamerika zu kommen, hatten sich nicht sonderlich von denen der meisten Menschen unterschieden: Sie hatten Wohlstand, Macht und Land erlangen oder sich vor Verfolgung und Not schützen wollen.
    In der Renaissance waren Vampire ein offenes Geheimnis gewesen. In den italienischen und französischen Städten gelangten die Vampire zu Macht und Prestige. Dennoch gab es
nie wirklich viele. Ebenso wie Werwölfe starben Menschen, die Vampire werden wollten, häufiger, als sie ihr Ziel erreichten. Die meisten Fürsten und Adligen, die vorgaben, Vampire zu sein, waren in Wirklichkeit einfach nur kluge Menschen, die diese Behauptung aufstellten, um mögliche Rivalen zu beeindrucken.
    Die Priester sahen das anders. Als die Spanische Inquisition in der Neuen Welt begann, ihre Truhen zu füllen, damit die Kirche nicht mehr von der Gunst der Adeligen abhing, begann sie, die Vampire ebenso zu jagen wie alle anderen Übernatürlichen, die sie finden konnte.
    Hunderte, wenn nicht Tausende starben, des Vampirismus, der Hexerei oder des Werwesentums bezichtigt. Nur ein kleiner Prozentsatz dieser Personen war tatsächlich Vampire, aber sie erlitten dennoch gewaltige Verluste – und die Menschen (ein Glück für sie) vermehren sich viel schneller als die Untoten.
    Also kamen die Vampire in die Neue Welt, ebenso Opfer von religiöser Verfolgung wie die Quäker und Puritaner – nur

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