Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
angelaufen. »Wenn ich fertig bin – wenn ich gehe – wirst du es allein nicht aushalten können, denn du weißt, dass dich niemand jemals wieder lieben wird, wenn ich weg bin. Niemand. Du gehst zum Fluss und schwimmst, bis du nicht mehr schwimmen kannst. Genau wie es Austin getan hat.«
Er zog den Reißverschluss seiner Jeans auf, und ich wusste mit trostloser Sicherheit, dass er Recht hatte. Niemand würde mich danach noch lieben. Adam würde mich nicht mehr lieben. Ich konnte mich auch gleich ersäufen, nachdem ich meine Liebe verloren hatte, genau wie mein Pflegevater es getan hatte.
»Hör auf zu heulen«, sagte er. »Was gibt es denn schon, worüber du heulen könntest? Du hast das hier gewollt. Sag es. Du willst mich haben.«
»Ich will dich haben«, sagte ich.
»Nicht so. Nicht so.« Er streckte die Hand aus, griff nach dem Stab und benutzte ihn, um den Kelch umzustoßen, so dass er auf ihn zurollte. Dann ließ er den Stab fallen und griff nach dem Kelch.
»Trink«, sagte er.
Ich erinnere mich nicht genau, was danach geschah. Der nächste halbwegs klare Gedanke kam mir, als meine Hand
etwas Glattes und Altes berührte, etwas, das seine Kühle über meinen Arm verströmte, als ich die Hand um es schloss.
Ich starrte Tim ins Gesicht. Er hatte die Augen geschlossen und grunzte wie ein Tier, aber beinahe, als hätte er meinen Blick gespürt, öffnete er die Augen wieder.
Der Winkel war schlecht, also versuchte ich nichts Ausgefallenes. Ich schob ihm einfach das silberne Ende des Wanderstabs ins Gesicht und stellte mir dabei vor, dass es durch sein Auge ging und am Hinterkopf wieder herauskam.
Das geschah selbstverständlich nicht. Ich hatte nicht die Kraft eines Riesen oder eines Werwolfs. Man kann auch nicht viel Schwung sammeln, wenn man flach auf dem Rücken liegt und jemanden schlägt, der auf einem liegt. Aber ich tat ihm weh.
Er bäumte sich auf, und ich rutschte weg und ließ dabei den Stab fallen. Ich wusste, wo es eine bessere Waffe gab. Ich rannte zur Theke, wo mein großes Stemmeisen lag, seit ich es dazu benutzt hatte, den Motor, an dem ich an diesem Nachmittag gearbeitet hatte, einen zusätzlichen Viertelzoll höher zu stemmen.
Ich hätte davonlaufen können. Ich hätte Kojotengestalt annehmen und fliehen können, solange er abgelenkt war. Aber ich hatte keinen Ort mehr, an den ich fliehen konnte. Nach dieser Nacht würde mich niemand mehr lieben. Ich war ganz allein.
Ich hatte gelernt, die seltsamen Schreie auszustoßen, die anscheinend zu allen Kampfkünsten gehörten – obwohl ein Teil von mir sie immer albern gefunden hatte. Aber als ich das Stemmeisen hob wie einen Speer, kam
der Schrei, den ich von mir gab, aus den Tiefen meines Zorns und meiner Verzweiflung. Und es klang irgendwie kein bisschen dumm.
Er mochte stark sein, aber ich war schneller. Als ich mich ihm näherte, packte er meinen rechten Arm, den, der bereits verletzt war, und drückte.
Ich schrie, aber nicht vor Schmerzen. Ich war zu tief versunken, um etwas so begrenztes wie körperlichen Schmerz zu spüren. Mit der linken Hand stieß ich ihm das Ende des Stemmeisens in den Bauch.
Er fiel vornüber und landete spuckend und ächzend auf dem Boden. Obwohl ich es nur mit der linken Hand geführt hatte, war das Stemmeisen schwer genug, um ihm den Schädel zu zerschmettern, als ich es ihm auf den Kopf schlug.
Ein Teil von mir wollte weitermachen, bis von seinem Schädel nur noch Knochensplitter übrig waren. Ein Teil von mir wusste, dass ich ihn liebte. Aber ich gab dieser Liebe nicht nach. Ich hatte auch Samuel vor langer Zeit nicht nachgegeben, ich war Adam gegenüber nicht weich geworden, und ich würde Tim ebenfalls nicht nachgeben.
Ich benutzte das Stemmeisen nicht noch einmal gegenüber Tim – ich hatte etwas Wichtigeres zu tun.
Aber ganz gleich, wie fest ich schlug, das Stemmeisen konnte an dem Kelch nichts ausrichten. Das war seltsam, denn der Kelch bestand eindeutig aus Steingut, und Eisen brach die meiste Magie des Feenvolks. Zementsplitter flogen vom Werkstattboden auf, aber ich konnte nicht mehr erreichen als eine kleine Kerbe in den verdammten Kelch zu schlagen.
Ich schrie nach einem Vorschlaghammer und verschmierte bei meiner Suche danach Blut und andere Dinge in der Werkstatt, als ich hörte, wie ein Auto aufröhrend um die Ecke kam.
Diesen Motor kannte ich.
Es war Adam, aber er kam zu spät. Er konnte mich nicht mehr lieben.
Er würde so wütend auf mich sein!
Ich musste mich verstecken. Er
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