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Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok

Titel: Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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einsamer Wolf, ein Wolf außerhalb des Schutzes durch ein Rudel. Er wohnte in meinem Trailer, keine hundert Yards von Adams Haus entfernt. Ich wusste nicht, wieso er unbedingt dort wohnen wollte, aber ich wusste, warum ich ihn ließ: weil er sonst auf meiner Veranda campieren würde.
    Samuel hatte seine eigene Art, dafür zu sorgen, dass die Leute taten, was er wollte.
    Nun prüfte er mit dem Bogen das Temperament der Geige und ließ ihn mit einer zierlichen Präzision über
die Saiten tanzen, die er in Jahren, wahrscheinlich sogar Jahrhunderten der Übung erworben hatte. Ich hatte Samuel mein Leben lang gekannt, die Sache mit den »Jahrhunderten« aber erst vor einem knappen Jahr herausgefunden.
    Er benimmt sich einfach nicht wie ein alter Werwolf. Alte Werwölfe waren normalerweise angespannt, leicht zu verärgern und besonders in diesem letzten Jahrhundert schneller Veränderungen (wie man mir sagte) neigten sie eher dazu, Einsiedler zu sein als Ärzte in einer lebhaften Notaufnahme, angefüllt mit all dieser neuen Technologie. Samuel war einer der wenigen Werwölfe, die ich kannte, die andere wirklich mochten – Menschen ebenso wie Werwölfe. Er mochte sie sogar in Mengen.
    Nicht, dass er sich darum gerissen hätte, auf einem Folkmusik-Festival zu spielen. Das hatte ein wenig kreative Erpressung erfordert.
    Der Stress der Arbeit in der Notaufnahme führte – besonders da er ein Werwolf war und seine Reaktion auf Blut und Tod ein wenig unvorhersehbar sein konnte – dazu, dass er seine Gitarre oder die Geige mit zur Arbeit nahm und spielte, wenn er Gelegenheit hatte.
    Eine der Schwestern hatte ihn spielen hören und ihn für das Festival verpflichtet, bevor er einen Weg finden konnte, sich dem zu entziehen. Nicht dass er das besonders angestrengt versucht hätte. Oh, er hatte deshalb viel Getöse gemacht, aber ich kenne Samuel. Wenn er es wirklich nicht gewollt hätte, hätte ihn auch ein Bulldozer nicht auf diese Bühne bringen können.
    Er stimmte die Geige mit einer Hand, während er sie unters Kinn hielt und mit der anderen zupfte. Ein paar
Takte von einem Lied, und die Menge richtete sich erwartungsvoll auf, aber ich wusste es besser. Er wärmte sich immer noch auf. Wenn er wirklich zu spielen begann, würden es alle wissen: Vor einem Publikum wurde er lebendig.
    Manche Auftritte von Samuel erinnerten eher an die Vorstellung eines Komödianten als an die eines Musikers. Es hing alles davon ab, wie er sich gerade fühlte.
    Dann geschah es, der magische Augenblick, in dem er sein Publikum in Bann schlug. Die alte Geige gab ein flüsterndes Geräusch von sich, wie eine Eule in der Nacht, und ich wusste, dass er heute überwiegend Musiker sein würde. Das Flüstern verklang, und alle Augen wandten sich dem Mann auf der Bühne zu. Jahrhunderte der Übung und die Tatsache, dass er ein Werwolf war, gaben ihm zwar Tempo und Geschicklichkeit, aber die Musik kam aus seiner walisischen Seele. Er lächelte sein Publikum schüchtern an, und aus dem klagenden Geräusch wurde ein Lied.
    Bei meinem Geschichtsstudium hatte ich die romantischen Ideen über Bonnie Prince Charlie schnell verloren und gelernt, dass sein Versuch, den Thron von England zu besteigen, Schottland in die Knie gezwungen hatte. Samuels Fassung von »Over the Sea to Skye« trieb mir trotzdem die Tränen in die Augen. Es gab Worte zu diesem Lied, und Samuel konnte sie singen. Aber im Augenblick ließ er die Geige für sich sprechen.
    Als er leise die letzten Töne spielte, begann er darüber »Barbara Allen« zu singen, was unter Folksängern ungefähr so bekannt ist wie »Stairway to Heaven« unter Gitarristen. Nach den ersten Takten sang er den Rest der ersten
Strophe a capella. Als er den Refrain erreichte, brachte er die Geige in einen unheimlichen Diskant. Nach der zweiten Strophe sang das Publikum, eingeladen von seinem Lächeln, den Refrain mit. Der Gesang wirkte allerdings eher zögernd, bis eine der anderen Musikgruppen, die auf dem Pfad am Fluss vorbeigekommen war, mit einstimmte.
    Er nickte ihnen bei der letzten Strophe zu und hörte auf zu singen, überließ der Gruppe die präzisen Harmonien, für die sie bekannt war. Als das Lied zu Ende war, jubelten und klatschen wir, und er dankte seinen »Gastmusikern.« Die Publikumsmenge war größer geworden, während er spielte, und wir rutschten alle ein bisschen dichter zusammen.
    Er legte die Geige hin und griff nach seiner Gitarre, um ein Stück von Simon und Garfunkel zu spielen. Nicht einmal

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