Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
nach dem letzten Konzert heute Abend als Freiwilliger beim Festival zu helfen. Iss etwas!
Ich folgte seinem Rat und holte mir eine Schale aus dem Schrank. Ich hatte Hunger. Samuel war ein guter Koch – und es würde noch ein paar Stunden dauern, bis es dunkel wurde.
O’Donnells Adresse stand im Telefonbuch. Er wohnte in Kennewick, nahe der Olympia in einem bescheidenen Haus mit ordentlichem Vorgarten und einem acht Fuß hohen weißen Zaun, der den Hof hinter dem Haus umschloss. Vor einiger Zeit war hier wohl jemand der irrigen Annahme erlegen, das Haus würde weniger wie ein Fließbandprodukt aussehen, wenn er es blau anstriche und Läden an den Fenstern anbrachte.
Ich fuhr daran vorbei und sah das gelbe Absperrband der Polizei, das sich über die Türen zog – und die dunklen Häuser zu beiden Seiten.
Es dauerte eine Weile, einen guten Parkplatz zu finden. In dieser Gegend würden die Leute ein fremdes Auto bemerken, das vor ihrem Haus stand. Schließlich stellte ich den Wagen auf den Parkplatz einer Kirche nicht weit von O’Donnells Haus.
Ich zog das Halsband mit den Blechmarken an, auf denen Adams Telefonnummer und seine Adresse eingraviert waren. Ein Aufenthalt im Tierheim hatte dazu geführt, dass ich jetzt dankbar zu solch kleinen Vorsichtsmaßnahmen griff. Ich sah kein bisschen wie ein Hund aus, aber in der Stadt würde es zumindest keine wütenden Bauern geben, die mich abknallen wollten, bevor sie mein Halsband sehen konnten.
Einen Platz zu finden, wo ich mich verwandeln konnte, erwies sich als schwieriger. Mit dem Tierheim konnte ich zurechtkommen, aber ich wollte nicht unbedingt eine Anzeige wegen unsittlicher Entblößung riskieren. Schließlich fand ich ein leeres Haus mit einem Maklerschild vor der Tür und einem unverschlossenen Gartenhäuschen.
Von dort brauchte ich nur ein paar Blocks bis zu O’Donnells Haus zu traben. Zum Glück sorgte O’Donnells Zaun dafür, dass sein Hof wirklich vor neugierigen Blicken geschützt war, denn ich musste mich zurückverwandeln und die Dietriche herausholen, die ich innen in das Halsband geklebt hatte.
Es war immer noch nahe genug am Sommer für einen angenehm milden Abend – gut so, denn ich musste das verdammte Schloss pudelnackt öffnen, und es dauerte zu lang. Samuel hatte mir beigebracht, wie man Schlösser mit einem Dietrich öffnet, als ich vierzehn war. Seitdem hatte
ich es nicht oft getan – nur ein paarmal, wenn ich meine Schlüssel im Auto vergessen hatte.
Sobald die Tür offen war, steckte ich die Dietriche wieder ins Halsband. Zum Glück klebte das Isolierband immer noch gut genug, um sie zu halten.
Eine Waschmaschine und ein Trockner standen direkt hinter der Hintertür, und auf dem Trockner lag ein schmutziges Handtuch. Ich nahm es und wischte damit Tür, Türgriff, Schloss und alles andere ab, worauf ich vielleicht Fingerabdrücke hinterlassen hatte. Ich wusste nicht, ob die Polizei eine Möglichkeit hatte, Abdrücke von nackten Füßen zu finden, aber ich wischte auch den Boden ab, dann warf ich das Handtuch wieder auf den Trockner.
Ich ließ die Tür angelehnt und unverriegelt, dann verwandelte ich mich wieder in einen Kojoten, geduckt unter dem Blick von Augen, die ich nicht entdecken konnte. Ich wusste, wusste, dass niemand gesehen hatte, wie ich hineinging. Der leichte, mitunter böige Wind hätte mir den Geruch von jedem Wesen zugetragen, das sich in der Nähe herumtrieb. Dennoch spürte ich, dass mich jemand beobachtete, beinahe, als wäre das Haus sich meiner Anwesenheit bewusst. Unheimlich.
Den Schwanz unbehaglich eingezogen, wandte ich meine Aufmerksamkeit der Aufgabe zu, die vor mir lag, damit ich bald wieder gehen konnte – aber anders als in den Häusern im Reservat hatte es hier in letzter Zeit viele Besucher gegeben. Die Polizei, dachte ich, die Kriminaltechniker – aber auch bevor sie hier gewesen waren, waren viele Leute durch diesen Flur gegangen.
Es erstaunte mich, dass ein so unausstehlicher Kerl wie O’Donnell so viele Freunde haben sollte.
Ich schlich durch die erste Tür in die Küche, und der Geruch vieler Leute verging. Es gab drei oder vier leichte Geruchsspuren, O’Donnell und jemand, der ein besonders unangenehmes Rasierwasser benutzte, waren hier gewesen.
Die Schranktüren standen offen, die Schubladen waren herausgezogen und hingen ein wenig schief. Trockentücher waren achtlos auf die Theke geworfen worden.
Vielleicht war Aftershave-Mann ein Polizist, der die Küche durchsucht hatte – es
Weitere Kostenlose Bücher