Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
würde, aber ich glaube, es ist uns gelungen, ihn zu beruhigen.«
Er kam heraus auf die Veranda und berührte mein Gesicht. »Nur ein paar raue Minuten, wie? Ich sollte trotzdem lieber nach Jesse sehen.«
Ich nickte. »Ich mache uns etwas zum Abendessen.«
»Nein«, erwiderte er. »Du siehst aus, als müsstest du ein wenig aufgeheitert werden. Ein wütender Adam und Zee im Gefängnis, beides am gleichen Tag, ist ein bisschen viel. Warum ziehst du dich nicht um, und ich lade dich zu einer Pizza mit den Festivalteilnehmern ein?«
Die Pizzeria war voll mit Leuten und Instrumentenkästen. Ich nahm meine Limo und Samuels Bier und machte mich auf die Suche nach zwei leeren Sitzplätzen, während er für das Essen bezahlte.
Nachdem das Tumbleweed am Sonntagabend zu Ende gegangen war, sammelten sich alle Organisatoren und Musiker hier offenbar zu einem letzten Treffen – und sie hatten Samuel eingeladen, der mich mitgebracht hatte. Es war eine ziemlich beeindruckende Menge, und es gab nicht viele leere Plätze.
Ich musste mich an einen Tisch setzen, an dem bereits andere Leute aßen, weil es nur noch dort zwei leere Stühle gab. Ich beugte mich vor und brachte meinen Kopf dicht an das Ohr des Mannes, der mit dem Rücken zu mir saß.
Das war zu vertraulich für einen Fremden, aber mir blieb nichts anderes übrig. In diesem Lärm hätte ein Menschenohr meine Stimme aus weiterer Entfernung nicht wahrnehmen können.
»Sind diese Stühle da schon besetzt?«, fragte ich.
Der Mann blickte auf, und ich erkannte, dass er mir nicht so fremd war, wie ich gedacht hatte … auf zwei Ebenen. Erstens war er derjenige, der Samuels Walisisch korrigiert hatte, Tim Soundso – irgendein mitteleuropäischer Nachname –, und zweitens war er einer der Leute in O’Donnells Haus gewesen, der Aftershave-Mann.
»Kein Problem«, sagte er laut.
Es hätte Zufall sein können. Es gab wahrscheinlich tausend Leute in den Tri-Cities, die dieses Aftershave benutzten; vielleicht roch es für jemanden, der nicht meine Nase hatte, gar nicht so schlecht.
Das hier war ein Mann, der Tolkiens Elfisch und Walisisch sprach (wenn auch nicht so gut, wie er glaubte, wenn er Samuels Walisisch kritisierte). Kaum die Eigenschaften eines Feenvolk-hassenden Fanatikers. Er war wahrscheinlich eher einer dieser Fans, die den Besitzer der kleinen Feenvolk-Bar in Walla Walla so reich werden ließen und das Reservat in Nevada zu einem zweiten Las Vegas gemacht hatten.
Ich bedankte mich und nahm den Stuhl neben der Wand, was Samuel die Außenseite ließ. Vielleicht war er ja keiner von O’Donnells Bessere-Zukunft- Freunden. Vielleicht war er der Mörder – oder ein Cop.
Ich lächelte höflich und sah ihn mir gut an. Er war nicht schlecht in Form, aber eindeutig ein Mensch. Ohne eine Axt hätte er sicher niemanden köpfen können.
Also keiner von der Besseren Zukunft, und auch kein Mörder. Er war nur ein Mann, der seinen schlechten Geschmack in Sachen Aftershave mit jemandem teilte, der in O’Donnells Haus gewesen war.
»Ich bin Tim Milanovich«, sagte er und musste beinahe schreien, um sich über den Lärm all der anderen Leute hinweg verständlich machen zu können, als er vorsichtig den Arm über sein Bier und seine Pizza ausstreckte. »Und das hier ist mein Freund Austin, Austin Summers.«
»Mercedes Thompson.« Ich schüttelte ihm und auch dem anderen jungen Mann die Hand. Der zweite Mann, Austin Summers, war interessanter als Tim Milanovich.
Wenn er ein Werwolf gewesen wäre, wäre er sicher dominant gewesen. Er hatte die subtile Anziehungskraft eines wirklich guten Politikers. Nicht so hübsch, dass es den Leuten tatsächlich auffiel, aber so gut aussehend wie ein robuster Footballspieler. Mittelbraunes Haar, mehrere Schattierungen heller als meines, und braune Augen vervollständigten das Bild. Er war ein paar Jahre jünger als Tim, dachte ich, aber ich konnte sehen, wieso Tim mit ihm befreundet war.
Es war zu voll, als dass ich Austins Witterung wirklich aufnehmen konnte, solange er auf der anderen Tischseite saß, aber es gelang mir, die Hand, mit der ich seine geschüttelt hatte, zu meiner Nase zu bewegen, als juckte es mich dort – und plötzlich wurde der Abend etwas anderes als ein Ausflug, um mich von meinen Sorgen abzulenken.
Dieser Mann war ebenfalls in O’Donnells Haus gewesen – und ich wusste, warum einer von Jesses Angreifern irgendwie vertraut gerochen hatte.
Geruch ist eine komplizierte Sache. Er ist gleichzeitig eine
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