Mercy-Thompson 03 - Spur der Nacht-retail-ok
so bestürzt aussehen ließ. Es war nicht meine Nacktheit. Sie war unter Werwölfen aufgewachsen, und Gestaltwandler können sich nicht allzu viel Schamgefühl leisten. Für die Wölfe ist die Veränderung ein langsamer Prozess, und es tut weh; wenn sie die Kleidung zerreißen, wenn sie sich verändern, macht das alles nur noch schlimmer. Und sie sind sogar noch knurriger als sonst – also ziehen sie sich meistens zuerst aus.
Nein, es war nicht meine Nacktheit, es war das Blut. Ich war vollkommen mit Blut bedeckt.
Erschrocken schaute ich hinter zum Teppich, der den ganzen Weg die Treppe hinauf Blutflecken abbekommen hatte. »Verdammt«, sagte ich. »Das wird eine teure Reinigungsrechnung geben.«
Ich hörte ein Brüllen, das das Haus beben ließ, und hörte auf, mir wegen des Teppichs Gedanken zu machen. Ich ließ das Geländer los, auf das ich mich gestützt hatte, und stolperte hinüber zu Jesses Fenster, das weit geöffnet war. Sie hatte das Fliegengitter bereits rausgerissen. Die Messer immer noch in der Hand, stieg ich hinaus und auf das Dach der Veranda, wo ich sehen konnte, was los war.
Die Werwölfe waren übel zugerichtet. Ben lag neben Adams SUV, und in dem Metall direkt über ihm war eine riesige Beule.
Darryl umkreiste Fideal, und sein gestromtes Fell verschwamm
mit den Schatten. Wenn er sich nicht bewegt hätte, hätte ich nicht gewusst, dass er da war. Adam hockte auf Fideals Rücken und schlug mit den Krallen der Vorderpfoten durch die Wasserpflanzen, was aussah, als würde er riesige Kratzer verursachen, aber ich hätte nicht sagen können, wie viel es seinem Gegner wirklich schadete. Honey und ihr Mann arbeiteten zusammen. Sie reizte Fidael mit schnellen Sprüngen und raschen Bissen, bis er sich ihr zuwandte, und dann nutzte Peter die Ablenkung, um vorzuspringen und mit dem Schwert zuzuschlagen.
Von meinem Aussichtspunkt aus konnte ich Peter rufen hören: »In all diesem Seetang kann ich kein Fleisch finden.«
»Ich weiß nicht, ob sie gewinnen oder verlieren«, murmelte Jesse, als sie ebenfalls durch das Fenster stieg. Sie warf ihre Bettdecke über mich und kniete sich an den Rand des Vordachs.
»Ich auch nicht«, wollte ich sagen, aber auf halbem Weg durch das letzte Wort hielt ich inne, als eine Welle von Magie schmerzhaft über mir zusammenschlug. Ich ließ mich auf den Bauch fallen.
»Achtung!«, rief ich den Wölfen unter mir zu. Ich war wieder auf den Beinen und am Rand des Daches, so schnell ich konnte – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Fideal unglaublich schnell über das Ufer und in den schwarzen Fluss huschte. Adam befand sich immer noch auf seinem Rücken.
Werwölfe können nicht schwimmen. Wie Schimpansen haben sie zu wenig Fett: Ihre Masse ist zu dicht für Auftrieb. Mein Pflegevater hatte Selbstmord begangen, indem er in einen Fluss gesprungen war.
Ich hätte vom Dach springen sollen. Ich hätte mich mitten in der Luft verändern können, und auf vier Beinen wäre ich innerhalb von Sekunden im Wasser gewesen – aber ich hatte versprochen, auf Jesse aufzupassen. Nur weil ein Versprechen verdammt unbequem wird, kann man es nicht einfach brechen.
Ohne eine Sekunde zu verschwenden, ließ Peter das Schwert fallen und watete in den Fluss. Das Verandalicht zeigte mir, wie sein Kopf unter Wasser verschwand.
Jesses Hand schloss sich fest wie ein Schraubstock um die meine.
»Komm schon, komm schon«, murmelte sie, dann stieß sie einen Freudenschrei aus, als Peter wieder auftauchte und einen hustenden und spuckenden Wolf hinter sich her zog.
Ich setzte mich und schlug erleichtert die Hände vor das Gesicht.
10
D u bist vollkommen von Blut und Splittern überzogen«, stellte Jesse verärgert fest, als sie mir half, meine müden Knochen zurück durch das Fenster zu schleppen. »All das Blut wird nicht gerade dabei helfen, die Werwölfe zu beruhigen.«
»Ich muss runtergehen und nachsehen«, erklärte ich störrisch und nicht zum ersten Mal. »Einige von ihnen sind verletzt, und es ist meine Schuld.«
»Sie haben jede Minute des Kampfes genossen, und das weißt du auch. Sie werden sowieso ein bisschen Zeit brauchen um sich so weit zu beruhigen, dass sie ungefährlich sind. Dad wird raufkommen, wenn er in der Lage ist, mit uns zu reden. Und du solltest duschen, bevor du den Teppich vollkommen verdirbst.«
Ich sah nach unten und stellte fest, dass ich immer noch Blutflecke hinterließ. Meine Füße fingen an wehzutun, sobald ich das bemerkte.
Mit ein bisschen mehr
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