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Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok

Titel: Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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Ein Karton davon lag offen auf dem Boden, neben einem halben Dutzend Flaschen verschiedenen Inhalts. Der Wasserhahn war voll aufgedreht. Die Spüle war zugestöpselt und füllte sich schnell mit heißem Wasser.
    Während Chad den Wasserhahn abdrehte, schaute ich mich genau im Raum um. Als Chad meinen Arm berührte, schüttelte ich den Kopf. »Ich sehe nichts.«
    Dann seufzte ich und fing an aufzuräumen. Es schien mir, als würde ich das hier im Haus ziemlich oft machen. Ich schrubbte die Wand ab und Chad wischte den Boden. Es gab nichts, was ich gegen die Dellen in der Wand tun konnte – und als ich sie mir genau ansah, nahm ich an, dass einige davon auch älter sein konnten.
    Sobald wieder alles so gut war, wie wir es machen konnten, machte ich uns Sandwiches und Pommes zum Mittagessen. So gestärkt setzten wir unsere Erkundungen fort, indem wir auf den Speicher stiegen.
    Tatsächlich gab es zwei Speicher. Der über Chads Zimmer war über eine schmale Treppe erreichbar, die in einem Wandschrank versteckt war (vielleicht die letzte Erinnerung an die Bedienstetentreppe). Ich erwartete fast Staub
und Umzugskisten, aber der Raum enthielt nur ein modernes Büro mit einem professionell aussehenden Computer auf einem Kirschholzschreibtisch. Dachluken sorgten für eine offene, luftige Atmosphäre, welche die Anwaltsregale aus Kirschholz voller schwerer, ledergebundener Werke gut ergänzte. Das einzige schrullige Element war ein Spitzenkissen auf der Fensterbank vor dem einzigen normalen Fenster.
    »Du hast gesagt, es gibt noch einen?«, fragte ich. Ich war auf der Treppe stehen geblieben, weil es mir irgendwie aufdringlich vorkam, den Raum zu betreten.
    Chad führte mich auf die andere Seite des ersten Stocks und in das Schlafzimmer seiner Eltern. Ich fragte mich, warum das Büro personalisiert und charmant war, während der Schlafzimmertrakt unpersönlich und kalt war und offensichtlich professionell eingerichtet, nur dass er genauso gut in ein Kaufhaus gepasst hätte wie in dieses alte Haus.
    Im begehbaren Kleiderschrank war eine große, rechteckige Luke an der Decke. Wir mussten einen Stuhl holen und ihn unter die Öffnung schieben, bevor ich an die Schlaufe kam, und dann stellte sich die Luke als ausziehbare Leiter heraus. Sobald wir den Stuhl zur Seite geschoben hatten, klappte die Treppe sich bis zum Boden aus.
    Mit den Taschenlampen in der Hand kletterten wir furchtlosen Forscher auf einen Speicher, der mehr zu einem Haus wie diesem passte als der vorige. Vom Aufbau her war er das Spiegelbild des Büros, nur ohne die Dachfenster und die fantastische Aussicht. Das Licht kämpfte sich mühsam durch die weiße Farbe, die das einzige Fenster überzog, und flimmerte auf den Wollmäusen, die wir durch unsere Gegenwart aufgewirbelt hatten.

    Vier alte Schrankkoffer standen aufgereiht an der Wand neben einer alten pedalbetriebenen Nähmaschine mit der in aufwändigen Goldlettern gestalteten Aufschrift SIN-GER auf der zerkratzten hölzernen Seitenwand. Hier standen auch weitere Milchkisten, aber auf dem Speicher hatte zumindest jemand einen Weg gefunden, die Spinnen zurückzuhalten. Ich sah überhaupt keine ekligen Krabbeltiere. Oder auch größere Mengen Staub. War ja klar, dass Amber sogar auf ihrem Speicher staubwischte.
    Die Schrankkoffer waren verschlossen. Aber der enttäuschte Ausdruck auf Chads Gesicht brachte mich dazu, mein Taschenmesser hervorzuziehen. Ein wenig Wackeln und Rütteln mit dem sonst völlig nutzlosen Zahnstocher und der kleinsten der Klingen, und ich hatte den ersten Koffer geöffnet, bevor man auch nur die ersten drei Strophen von »Dreizehn Mann auf des toten Mannes Kiste« singen konnte. Das weiß ich, weil ich vor mich hin summe, wenn ich Schlösser knacke – eine schlechte Angewohnheit. Aber nachdem ich keinerlei Absicht habe, professionell als Dieb zu arbeiten, habe ich mir nicht die Mühe gemacht, es mir abzugewöhnen.
    Dieser Schrankkoffer war gefüllt mit gelblich verfärbter Wäsche mit Spitze an den Rändern und Stickereien von Frühlingskörben oder Blumen oder anderen angemessen weiblichen Verzierungen. Der zweite war interessanter. Hauspläne (die wir herausholten), Verträge, alte Diplome von Leuten, deren Namen Chad nichts sagten, und ein paar Zeitungsartikel aus den Zwanzigerjahren über Leute, deren Namen zu denen auf den Diplomen passten. Überwiegend Todes-, Geburts- und Hochzeitsanzeigen. Keine der Todesanzeigen betraf Personen, die gewaltsam
oder zu jung ums Leben gekommen

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