Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
neutral gehalten.
»Ambers zehnjähriger Sohn. Ich halte gerade eine 1957 aufgenommene Platte von den Mello-Kings in den Händen. Ich glaube, das ist die neueste hier – nein, ich habe gerade noch ein Beatles-Album gefunden … hm, nur die Hülle. Es sieht aus, als würde die Platte fehlen. Also sind die Mello-Kings wahrscheinlich das Neueste hier drin.«
»Aha. Kein Glück bei der Geisterjagd?«
»Ein bisschen.« Ich dachte reumütig an die geschlossene Tür, die uns zu Gefangenen gemacht hatte. »Was ist mit dir? Wie laufen die Verhandlungen mit der Herrin?«
»Warren und Darryl sollen sich heute Abend mit zweien ihrer Vampire treffen.«
»Welche?«
»Bernard und Wulfe.«
»Sag ihnen, sie sollen vorsichtig sein. Wulfe ist mehr als nur ein Vampir.« Ich hatte Bernard nur einmal getroffen, und er hatte mich nicht besonders beeindruckt – und vielleicht erinnerte ich mich auch nur an Stefans Reaktion auf ihn.
»Versuch nicht, einem alten Hund neue Tricks beizubringen«, meinte Adam ruhig. »Mach dir keine Sorgen. Hast du Stefan gesehen?«
Ich berührte meinen Hals mit den Fingern. Wie sollte ich darauf antworten? »Ich weiß nicht, es könnte sein, dass er mich letzte Nacht gebissen hat«, schien mir irgendwie nicht das Richtige zu sein. »Bis jetzt hat er sich rar gemacht. Vielleicht kommt er heute Abend mal vorbei, damit wir reden können.«
Ich hörte, wie die Tür im Erdgeschoss sich öffnete. »Ich muss jetzt aufhören, Amber ist zurück.«
»In Ordnung. Ich rufe dich heute Abend nochmal an.« Und damit legte er auf.
»Deine Mutter ist wieder da«, erklärte ich Chad und fing an, die Platten wieder einzuräumen. Sie waren schwer. Ich konnte mir nicht vorstellen, was der ganze Koffer wiegen würde. Vielleicht hatten sie den Schrankkoffer erst gepackt, als er schon auf dem Speicher stand – oder sie hatten acht stramme Werwölfe gehabt, um ihn zu tragen.
»Sie ist verschlossen«, rief ich zu Amber nach unten, als sie an der Luke rüttelte. »Ich glaube, auf deiner Seite gibt es einen Riegel.«
Sie atmete schwer, als sie die Leiter nach unten zog.
Ihre gesamte Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf Chad, und sie kümmerte sich nicht um gesprochene Sprache, während ihre Hände tanzten.
»Wir sind in Ordnung«, unterbrach ich sie. »Du hast hier wirklich coole Platten. Habt ihr sie mal schätzen lassen?«
Sie drehte sich um, um mich anzustarren. Als hätte sie vollkommen vergessen, dass ich da war. Ihre Pupillen waren … seltsam. Zu groß, entschied ich, selbst für den dämmrigen Speicher.
»Die Platten? Ich glaube, Corban hat sie gefunden, als wir das Haus gekauft haben. Ja, er hat sie geprüft. Sie sind nichts Besonderes. Nur alt.«
»Hattest du Spaß beim Einkaufen?«
Sie schaute mich ausdruckslos an. »Einkaufen?«
»Amber, ist mit dir alles in Ordnung?«
Sie blinzelte, dann lächelte sie. Es war so süß und strahlend, dass mir kalte Schauder über den Rücken liefen. Amber konnte man vieles nachsagen, aber sie war nicht süß. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr.
»Ja. Ich habe einen Pullover gekauft und ein paar frühe Weihnachtsgeschenke.« Sie schob die Frage beiseite. »Wie kommt es, dass ihr hier festgesessen habt?«
Ich zuckte mit den Achseln, legte die letzten Platten zurück und schloss den Schrankkoffer. »Wenn du niemanden hast, der in dein Haus einbricht, um miese Streiche zu spielen, würde ich sagen, es war der Geist.«
Ich stand auf und starrte an ihr vorbei zu der geöffneten Luke. Und ich roch Vampir. Konnte Stefan hier sein? Ich hielt inne und schaute mich um, während Chad die Stufen hinunterpolterte und mich und seine Mutter mit dem Geruch nach Vampir und frischem Blut allein zurückließ.
»Was ist?«, fragte Amber und trat einen Schritt nach vorne.
Sie roch nach Schweiß, Sex und einem Vampir, der nicht Stefan war.
»War einkaufen alles, was du getan hast?«, fragte ich.
»Was? Ich war beim Friseur, habe ein paar Rechnungen bezahlt – das ist alles. Bist du in Ordnung?«
Sie log nicht. Sie wusste nicht, dass sie die Zwischenmahlzeit eines Vampirs gewesen war. Heute.
Ich schaute auf das Tageslicht, das durch das Fenster in den Raum drang, und wusste, dass ich dringend mit Stefan reden musste.
7
I ch wartete, bis es dunkel war, dann schlich ich mich leise aus der Hintertür und in den Hof.
»Stefan?«, rief ich gedämpft, damit mich im Haus niemand hören würde.
Es war nun auch wieder nicht so dumm, ihn zu rufen. Er war hierhergekommen, um auf mich
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