Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
sie mochtest.«
»Ja«, gab Stefan zu. »Und weil in ihrem Tod keine Gerechtigkeit gelegen hätte. Sie hatte keinen von uns getötet
– und hätte es nicht getan, wenn du ihr nicht den Auftrag dazu gegeben hättest.« Zum ersten Mal, seit er auf dem Stuhl saß, sah er Marsilia direkt an. »Du hast sie gebeten, das Monster zu töten, das du nicht finden konntest – und sie hat es getan. Zweimal.«
»Wahrheit.«
»Sie hat Andre getötet!« Marsilias Stimme hob sich zu einem Brüllen, und Macht erfüllte sie und den Raum, in dem wir waren. Die Lichter blendeten ein wenig ab, um dann zu ihrer vorherigen Helligkeit zurückzukehren.
Stefan lächelte sie säuerlich an. »Weil es keine Wahl gab. Wir haben ihr keine andere Wahl gelassen – du, ich und Andre.«
»Wahrheit.«
»Du hast sie mir vorgezogen«, sagte Marsilia, und ihre Macht füllte die Luft mit etwas Fremdartigem. Ich trat einen Schritt näher zu Adam und schauderte.
»Du wusstest, dass sie Andre gejagt hat, wusstest, dass sie ihn getötet hat – und du hast das, was sie getan hat, vor mir versteckt. Du hast mich gezwungen, dich zu foltern und deine Machtbasis zu zerstören. Du musst mir antworten.« Ihre Stimme donnerte durch den Raum, brachte den Boden zum Vibrieren und die Wände zum Wackeln. Die hängenden Lampen schwangen vor und zurück und erzeugten Schattenspiele.
»Nicht mehr«, sagte Stefan. »Ich gehöre dir nicht.«
»Wahrheit«, schnappte Wulfe und kam plötzlich auf die Beine. »Das ist die reine Wahrheit – du hast es selbst gespürt.«
Uns gegenüber, hoch auf der Tribüne, stand ein Vampir auf. Er hatte ein weiches Gesicht, weit auseinanderstehende
Augen und eine Stupsnase, die ihn eigentlich nicht hätte aussehen lassen sollen wie einen Vampir. Wie Wulfe und Estelles Mensch schritt er über die Stühle. Aber in seinen Schritten war weder Zögern noch Schwung. So, wie er voranschritt, hätte sein Weg genauso gut völlig gerade und asphaltiert sein können. Er landete auf dem Boden und ging zu Wulfe.
Er trug einen Smoking und ein paar Panzerhandschuhe aus dunklem Metall. Metallplatten auf dem Handrücken und Gliederketten um die Finger. Er bewegte seine Finger, und Blut tropfte von den Handschuhen zu Boden.
Niemand machte Anstalten, es aufzuwischen.
Er drehte sich um und sagte mit einer hauchigen, leisen Stimme: »Akzeptiert. Er ist keiner deiner Männer, Marsilia.«
Ich hatte keine Ahnung, wer er war, aber Stefan schon. Er erstarrte auf seinem Sitz, und sein gesamtes Sein war auf den Vampir mit den blutigen Panzerhandschuhen konzentriert. Stefans Gesicht war so ausdruckslos, als hätte die gesamte Welt sich auf ihrer Achse bewegt.
Marsilia lächelte. »Sag mir, ist Bernard auf dich zugekommen, um mich zu verraten?«
»Ja«, sagte Stefan ausdruckslos.
»Hat Estelle dasselbe getan?«
Er holte tief Luft, blinzelte ein paarmal und entspannte sich dann. »Bernard schien die besten Interessen der Siedhe im Blick zu haben«, sagte er.
»Wahrheit«, kam von Wulfe.
»Aber Estelle – als sie mich fragte, ob ich mich ihr gegen dich anschließen wolle … sie wollte Macht.«
»Wahrheit.«
Estelle kreischte und versuchte, auf die Füße zu kommen, aber sie konnte sich nicht von Wulfe wegbewegen.
»Und was hast du ihnen geantwortet?«, fragte Marsilia.
»Ich habe ihnen gesagt, dass ich mich nicht gegen dich stellen werde.« Stefan klang unendlich erschöpft, aber irgendwie trugen seine Worte trotzdem über den Lärm, den Estelle machte.
»Wahrheit«, verkündete Wulfe.
Marsilia sah den Vampir mit den Panzerhandschuhen an, der seufzte und sich zu Estelle hinunterbeugte. Er tätschelte ihr ein paarmal den Kopf, bis sie sich beruhigte. Wir alle hörten das Krachen, als ihr Genick brach. Er nahm sich Zeit, um ihren Kopf von ihrem Körper zu trennen. Ich wandte den Blick ab und schluckte schwer.
»Bernard«, sagte Marsilia, »wir halten es für das Beste, wenn du zu deinem Schöpfer zurückkehrst, bis du dir Loyalität angewöhnt hast.«
Bernard stand auf. »Alles ein Trick. Du hast Stefans Leute getötet – in dem Wissen, dass er sie liebte. Du hast ihn gefoltert. Alles, um mich und Estelle bei unserer kleinen Rebellion zu ertappen … eine Rebellion, die im Herzen deines eigenen Andre geboren wurde.«
»Du hast Recht. Vergiss nicht, dass ich seinem kleinen Liebling, Mercedes, eine Falle gestellt habe, damit sie der Hebel wird, mit dem ich die Welt bewegen kann. Wenn sie Andre nicht umgebracht hätte, wenn er ihr nicht dabei
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