Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
Sie hüpfte ein paar Schritte. »Tut mir leid, Stel.« Sie lächelte Stefan breit an, dann packte sie Estelles schlaffe Gestalt in den Stuhl, wie eine Puppe. Sie bewegte Estelles Kopf, damit er nicht mehr zur Seite hing, dann rückte sie ihren Rock zurecht. »Ist das gut?«
»Schön. Jetzt sei ein braves Mädchen und setz dich bitte neben Wulfe.«
Wie bei Bernard steckte Marsilia Estelles Hände auf die Dornen. Der schlaffe Vampir wurde schreiend und kreischend wieder lebendig, kaum dass ihre zweite Hand durchstoßen war.
Marsilia erlaubte es für eine Minute, dann sagte sie: »Stopp«, mit einer Stimme, die knallte wie eine Pistole mit Kaliber 22. Sie knallte, donnerte aber nicht.
Estelle erstarrte mitten in einem Schrei.
»Hast du mich betrogen?«, fragte Marsilia.
Estelle zuckte zusammen und schüttelte panisch den Kopf. »Nein. Nein. Nein. Niemals.«
Marsilia schaute zu Wulfe. Er schüttelte den Kopf. »Wenn Ihr sie so stark kontrolliert, um sie auf dem Stuhl zu halten, Herrin, kann sie nicht aufrichtig antworten.«
»Und wenn ich es nicht tue, schreit sie nur.« Sie schaute zur Tribüne. »Wie ich dir gesagt habe. Du kannst es selbst versuchen, wenn du willst. Nein?« Sie zog Estelles Hände vom Stuhl. »Geh und setz dich zu Wulfe, Estelle.«
Ein hispanisch aussehender Mann in einem der Stühle hinter mir kam auf die Füße. Er hatte die Tätowierung einer Träne direkt unter einem Auge, und auch er, wie Wulfe, sprang über die Sitze auf den Boden. Aber er hatte nicht Wulfes Grazie. Es schien mehr, als fiele er langsam die Tribüne hinunter, bis er schließlich auf Händen und Knien auf dem harten Boden landete.
»Estelle, Estelle«, stöhnte er und schob sich an mir vorbei. Er war menschlich, wahrscheinlich eines ihrer Schafe.
Marsilia hob eine Augenbraue und ein Vampir folgte Estelles Menschen mit der drei- oder vierfachen Geschwindigkeit. Er holte ihn ein, bevor der Mann den halben Weg zu Estelle zurückgelegt hatte. Der Vampir hatte das Aussehen eines recht ältlichen Mannes. Er sah aus, als wäre er an Alterschwäche gestorben, bevor man ihn zu einem Vampir gemacht hatte, obwohl an dem Griff, mit dem er den zappelnden Mann festhielt, nichts Altes oder Zittriges war.
»Was soll ich tun, Herrin?«, fragte der alte Mann.
»Ich würde es begrüßen, wenn er uns hier nicht mehr unterbrechen könnte«, sagte Marsilia. Ich warf einen Blick zu Warren, der die Stirn runzelte. Sie log also. Ich hatte es vermutet. Das war Teil des Drehbuchs. Nach einem nachdenklichen Schweigen sagte Marsilia: »Töte ihn.«
Es gab ein Knacken, der Mann fiel zu Boden – und jeder Vampir im Raum, der bis jetzt geatmet hatte, hörte damit auf. Estelle fiel ebenfalls zu Boden, ungefähr einen Meter neben Wulfe. Ich schaute zur Seite und ertappte überraschenderweise Marsilia dabei, dass sie mich beobachtete. Sie hatte meinen Tod gewünscht; ich konnte es an ihrem hungrigen Blick sehen. Aber momentan hatte sie Dringenderes zu tun.
Marsilia machte eine einladende Geste zum Stuhl und sah Stefan an. »Bitte, nimm meine Entschuldigung für die Verzögerung an.«
Stefan starrte sie an. Wenn irgendein Gefühl auf seinem Gesicht zu sehen war, dann konnte ich es nicht deuten.
Er war gerade einen Schritt vorgetreten, als sie ihn wieder stoppte. »Nein. Warte. Ich habe eine bessere Idee.«
Sie sah mich an. »Mercedes Thompson. Komm und lass uns Anteil haben an deiner Wahrheit. Bezeuge für uns die Dinge, die du gehört und gesehen hast.«
Ich verschränkte die Arme, nicht in offener Verweigerung – aber ich rannte auch nicht sofort los. Das war Marsilias Show, doch ich würde sie nicht vollkommen die Oberhand gewinnen lassen. Warrens Hand schloss sich über meiner Schulter – ich hielt es für eine Geste der Unterstützung. Oder vielleicht versuchte er auch, mich zu warnen.
»Du wirst tun, was ich sage, wenn du willst, dass ich aufhöre, deine Freunde zu verletzen«, säuselte sie. »Die Wölfe sind würdige Gegner … aber da gibt es noch diesen appetitlichen Polizisten – Tony, richtig? Und der Junge, der für dich arbeitet. Er hat ja eine so große Familie, nicht wahr? Kinder sind so verletzlich.« Sie schaute auf Estelles Mann, der tot direkt vor ihren Füßen lag.
Stefan starrte sie an, dann blickte er zu mir. Und sobald ich seine Augen sah, wusste ich, was es war, was er nicht zu zeigen versuchte … Wut.
»Bist du dir sicher?«, fragte ich ihn.
Er nickte. »Komm.«
Ich war nicht gerade glücklich darüber, es tun
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