Mercy Thompson 05 - Zeichen des Silbers-korr-iO
hoch. »Im Moment interessiere ich mich für die britische Erstausgabe von Harry Potter und der Stein der Weisen.« Keine echte Lüge. Es wäre interessant gewesen, und ich hatte ihr ja nicht gesagt, dass ich es kaufen wollte. Ich weiß nicht, ob das Feenvolk Lügen genauso gut erkennen kann wie Werwölfe, aber jede Gruppierung, die ein so striktes Verbot gegen das Lügen hat, hat wahrscheinlich auch seine Mittel und Wege, um Lügen zu entdecken.
»Von etwas in der Art hat er mir nichts erzählt«, sagte sie misstrauisch, als hätte er das normalerweise getan. Aber sie hatte ihre Chance verspielt, mich davon zu überzeugen, dass sie Phins Aushilfe war, als sie meinen Kommentar darüber ignoriert hatte, dass ich sie noch nie im Laden gesehen hatte.
»Ich nehme an, er braucht dafür eine Weile«, erklärte ich ihr. »Ich habe nur vorbeigeschaut, um mal nach ihm zu sehen. Ich komme einfach ein andermal wieder.« Ich stoppte das »Danke«, das mir auf der Zunge lag und ersetzte es durch ein »Dann tschüss« und ein beiläufiges Winken.
Ich fühlte, wie ihre Augen sich in meinen Rücken brannten, bis ich hinter der nächsten Reihe Autos verschwunden war, und ich war froh, dass mein Auto ein gutes Stück vom Einkaufszentrum entfernt stand. Sam nahm den Kopf von meinem Sitz, ohne irgendeinen Teil seines Körpers so weit zu heben, dass man ihn durchs Fenster hätte sehen können. Er versteckte sich.
Ich schaute ihn an, dann warf ich noch einen kurzen Blick in den Buchladen, als ich vom Parkplatz fuhr. Die Frau stand wieder hinter dem Tresen und blätterte in etwas, das aussah wie ein Rechnungsbuch.
Zufälle gibt es im echten Leben viel seltener als in Filmen.
»Sam«, sagte ich, »versteckst du dich vor den Blicken von jemandem vom Feenvolk? Jemandem, der nach allen Elementen gleichzeitig riecht?« Er hob das Kinn und ließ es wieder fallen.
»Gehört sie zu den Guten?«, fragte ich. Er bewegte seinen Kopf auf eine Weise, die weder Ja noch Nein bedeutete.
»Ärger?« Er schnaubte bestätigend. »Verdammt.«
Ich fuhr an einer Tankstelle raus, parkte und rief Warren an, den Dritten in Adams Rudel und meinen Freund. »Hey, Warren«, sagte ich, als er abhob. »Hat Kyle in diesem Monster, in dem er lebt, einen Safe?« Ich könnte das Buch auch in Adams Safe legen - und wäre es nicht das Feenvolk, das danach suchte, wäre ich auch davon überzeugt, dass es dort versteckt und von Werwölfen umgeben sicher war. Aber im Haus von Warrens menschlichem Freund würde wohl niemand danach suchen, und es wäre fast genauso sicher.
»Mehrere.« Warrens Tonfall war trocken. »Ich bin mir sicher, dass er entzückt wäre, dir einen leihen zu können. Hortest du jetzt Erpressungsmaterial, Mercy?« Im Hintergrund konnte ich Leute und die Art von Echo hören, die in großen Räumen entstand.
»Wäre das nicht toll?«, meinte ich. »Was meinst du, wie viel würde Adam dafür zahlen, dass ein Sexfilm mit ihm nicht im Internet auftaucht?« Warren lachte.
»Ja«, sagte ich traurig. »Ich denke genauso. Also warten in meiner Zukunft keine Reichtümer auf mich und auch keine Erpressung. Könnt du oder Kyle mich und Sam irgendwann in nächster Zeit bei Kyles Haus treffen?«
»Ich habe gerade Wachdienst, aber ich wette, Kyle ist zu Hause. Er geht nicht immer ans Festnetz. Hast du seine Handynummer?« Warren arbeitete für seinen Freund - ich weiß, das klingt heikel, aber Warren hatte bei dem Stop and Rob, bei dem er vorher gearbeitet hatte, nicht gerade viel verdient. Also hatte Kyle ein paar Fäden gezogen, ein paar Beamte bestochen (wahrscheinlich) und noch ein paar andere erpresst und hatte Warren eine Privatdetektiv-Lizenz besorgt. Jetzt bewachte Warren für Kyles Rechtsanwaltsfirma Klienten und stellte heimliche Ermittlungen an.
»Ja, habe ich«, antwortete ich. »Bist du im Wal-Mart?«
»Nein, im Feinkostladen. Wal-Mart war vor einer Stunde.«
»Armer Junge«, sagte ich mitfühlend.
»Nö«, sagte er. »Ich tue etwas Sinnvolles. Diese Frau verdient es, sich sicher zu fühlen - obwohl eine Menge Leute anscheinend denken, ich wäre für ihr blaues Auge verantwortlich.«
»Du bist taff«, meinte ich ohne Mitgefühl. »Du kannst mit ein paar bösen Blicken umgehen.« Hundert Jahre lang ein schwuler Werwolf zu sein hatte Warren eine Haut verschafft, die so dick war, dass sie schon fast als Rüstung durchging. Ihn konnte nicht viel aus der Ruhe bringen außer Kyle.
»Ich hoffe fast, dass ihr Bald-Exmann auftaucht«, meinte er leise.
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