Mercy Thompson 05 - Zeichen des Silbers-korr-iO
dass er auf diese Art lange überleben kann - hörst du mich, Wolf?« Sam zog die Lefze hoch und entblößte seine Zähne. »Das tut er«, erklärte ich.
»Er wird müde werden und hungriger als normalerweise. Langsam wird er die Ketten verlieren, die Samuel als Kontrolle für ihn geschmiedet hat, aber dann wird nur noch eine reißende Bestie zurückbleiben. Ein neuer Wolf, ein vollständiger Wolf, der die Kontrolle hat, tötet ohne Probleme und oft, aber normalerweise gibt es einen Grund dafür, selbst wenn der Grund nicht mehr ist, als dass ihm der Geruch seines Opfers nicht gefallen hat. Was von Samuel noch übrig ist, wird töten und zerstören, bis er tot umfällt.«
»Woher weißt du das?« Charles war erst ein paar Jahrhunderte alt. Er hatte noch nie irgendwo gelebt, wo er außerhalb der Kontrolle des Marrok war, und der Marrok tötete Wölfe, die die Kontrolle verloren. Aber er klang absolut sicher.
»Lass uns sagen, dass ich einmal wie du einen Freund hatte, dem ich helfen wollte, und ich habe ihn außerhalb der Sichtweite meines Vaters versteckt, an einem Ort, wo er keinen Schaden anrichten konnte. Es wäre barmherziger gewesen, ihn gleich zu töten.«
Ich vergrub meine Finger in Sams Pelz. »Wie lange haben wir noch?«
»Mein Freund war alt, aber nicht so alt wie Samuel. Er hat innerhalb weniger Tage seine Menschlichkeit verloren, wurde gegen Ende krank und lethargisch. Ich dachte, er würde einfach verblassen - aber dann verfiel er in Raserei.« Er hielt für einen Moment inne. »Und dann ist er einfach tot umgefallen. Weniger als eine Woche. Ich habe keine Ahnung, wie lang Samuel durchhalten wird.«
»Wenn er ausgerastet wäre, als der Wolf die Kontrolle übernommen hat?«, fragte ich. »Wie es bei neuen Wölfen passiert? Wäre das besser gewesen?« Ich war so glücklich gewesen, dass es bei ihm anders war.
»Dann hätte er überlebt, bis unser Vater ihn erwischt hätte - aber du wärst genauso gestorben wie die Leute, die im Krankenhaus in seiner Nähe waren. Das ist besser, Mercedes. Aber vertrau ihm nicht zu sehr.«
»Hast du irgendwelche Vorschläge, wie ich ihm helfen kann?«
»Als Erstes musst du den Wolf davon überzeugen, mal wieder Samuel ans Steuer zu lassen, und sei es nur für eine kurze Weile.«
»Er will überleben«, erklärte ich beiden. »Deswegen hat er Samuel zur Seite gedrängt. Wenn das bedeutet, dass er Samuel zurückkommen lassen muss, wird er es tun.« Ich klang um einiges überzeugter, als ich mich fühlte, aber Sam seufzte und gab ein müdes, leises Wimmern von sich.
»Und dann musst du Samuel davon überzeugen, dass er überleben will.«
»Und wenn mir das nicht gelingt? Wenn der Wolf Samuel herauslässt und er sich immer noch umbringen will?«
»Dann muss der Wolf wieder um die Kontrolle kämpfen - oder mein Bruder stirbt.« Charles seufzte schwer. »Alles stirbt, Mercedes. Bei manchen dauert es nur ein wenig länger als bei anderen.«
7
A m Abend nahm ich Sam mit zum Buchladen, was unpraktisch war.
Ich nehme an, wir hätten beide zu Hause bleiben können, aber ich wollte mir Phins Buchladen genauer anschauen. Die Frau hatte nach etwas gesucht; vielleicht konnte ich herausfinden, wonach. Vielleicht würde ich dort Phin finden, gesund und munter. Vielleicht würde ich so nicht die ganze Nacht zu Hause sitzen und mir Sorgen um Dinge machen, auf die ich keinen Einfluss hatte.
Ich konnte Sam nicht alleine lassen, nicht nach meinem Telefonat mit Charles. Aber er war auch nicht unbedingt der beste Partner für einen Einbruch im Laden.
Die Leute würden eine Frau übersehen, die abends in der Uptown-Mall in Richland herumwanderte, selbst wenn die meisten Läden schon geschlossen hatten. So spät war es noch nicht, erst kurz nach neun. Die Verbrechensrate in Richland ist relativ niedrig - und überwiegend werden die Verbrechen dann von Gangmitgliedern oder Teenagern verübt. Sam....
Ich stellte mir die Befragungen vor, während ich die Schnellstraße entlangfuhr.
Officer: »Sagen Sie, haben Sie gestern Abend irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt?«
Zufälliger Zeuge: »Da war dieser große weiße Hund. Riesig. Und wirklich total weiß, hat in der Dunkelheit geleuchtet wie eine Lampe.«
Jau. Sam machte die Sache komplizierter. Also würde ich mich einfach benehmen, als wüsste ich genau, was ich tat, und darauf hoffen, dass niemand die Polizei rief.
»Ich weiß nicht wirklich, was ich in dem Buchladen zu finden hoffe«, sagte ich. »Es wird kaum eine
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