Mercy Thompson 05 - Zeichen des Silbers-korr-iO
verwandelt. Die Rückverwandlung nur Minuten danach zu versuchen, war unglaublich schwierig. Dass er sich trotzdem dazu entschloss, zeigte mir, dass er wirklich in schlechter Verfassung war.
Er hätte niemals seine Verwandlung eingeleitet, während er mich berührte, wenn er voll bei Bewusstsein gewesen wäre. Die Verwandlung ist schon alleine schmerzhaft genug; Hautkontakt macht es nur noch schlimmer. Wenn man dann noch die unbehagliche Haltung bedachte und die Schmerzen, die Adam bereits wegen seiner Verbrennungen hatte - ich wusste nicht, was passieren würde. Ich ließ mich langsam am Türrahmen nach unten gleiten und zog ihn mit mir, während seine Haut sich dehnte und die Knochen sich bewegten. Einen Werwolf bei der Verwandlung zu beobachten ist nicht schön.
Ich stemmte meine Handflächen flach auf den Boden, um der Versuchung zu widerstehen, ihn zu berühren. So sehr mein Kopf auch wusste, dass das Letzte, was er jetzt brauchte, Hautkontakt war, mein Körper war seltsamerweise davon überzeugt, dass er die Qual der Verwandlung lindern würde.
Ich schaute zu Ben und deutete mit dem Kinn auf die Krankenschwester und den Arzt, der einen Vorhang zur Seite gezogen hatte, um zu sehen, was los war. Ben schenkte mir einen »Warum ich?«-Blick. Als Antwort schaute ich erst zu Adam - offensichtlich lahmgelegt - und dann zu Sam, der ein Wolf war. Ben hob die Augen zum Himmel, wie um Gottes Gnade zu erflehen. Dann trottete er los, die Hände schützend vor dem Körper, um die Probleme zu lösen, die er lösen konnte. Dann schaute ich zu Mary Jo und fing einen Blick auf, der mir galt.. Und was für einen Blick. Sobald sie bemerkte, dass ich sie ansah, klärte sich ihre Miene. Ich konnte das Gefühl nicht identifizieren, das ich gesehen hatte - aber es war sehr stark gewesen.
»Irgendwer verletzt?«, fragte Ben. Wenn er sich mal über sein normalerweise ziemlich fieses Auftreten hinauswagte, empfanden die meisten Leute Ben als beruhigend. Ich glaube, es liegt an diesem eleganten britischen Akzent und seinem gelassenen Auftreten - und selbst mit den Verbrennungen und der verkokelten Kleidung wirkte er irgendwie zivilisierter als wir anderen.
»Nein«, antwortete der Arzt, auf dessen Namensschild Dr. Rex Fournier stand. Er wirkte, als wäre er vielleicht Mitte vierzig. »Ich habe ihn überrascht, als ich den Vorhang zurückgezogen habe.« Und dann sagte er mit einer Fairness, die man bei zu Tode verängstigten Leute selten findet: »Er hat sich ziemlich bemüht, niemanden zu verletzen. Hat mich nur zur Seite gestoßen. Wäre ich nicht über den Stuhl gestolpert, wäre ich nicht mal gefallen.«
»Er war bewusstlos, als ich gegangen bin«, erklärte Mary Jo halb entschuldigend. »Ich bin losgezogen, weil ich jemanden suchen wollte, der ihm helfen kann - wir waren schon eine Weile hier. Mir war einfach nicht klar, dass ich so lange weg war, dass er sich verwandeln konnte.«
»Nicht allzu lang«, sagte ich. »Der Krankenwagen ist mir entgegengekommen. Ihr könnt noch nicht länger als eine halbe Stunde hier sein, und fast die Hälfte davon braucht er, um eine Verwandlung abzuschließen. Wer hatte überhaupt die unglaublich clevere Idee, Adam in diesem Zustand ins Krankenhaus zu bringen?« Mary Jo. Ich konnte es von ihrem Gesicht ablesen.
»Man muss doch nur das ganze tote Fleisch abschälen«, sagte sie. Eine wirklich, wirklich schmerzhafte Prozedur - und Schmerzmittel wirken bei Werwölfen nie lange. Es war so eine schlechte Idee, dass wir sie alle einfach nur anstarrten, zumindest alle, die Bescheid wussten - Ben, Sam und ich. Adam war mit seiner Verwandlung beschäftigt.
»Mir war nicht klar, wie schlimm es ist«, verteidigte sie sich. »Ich dachte, es wären nur seine Hände. Ich habe seine Füße nicht gesehen, bis wir schon im Krankenwagen waren. Wären es nur seine Hände gewesen, wäre alles in Ordnung gewesen.«
Vielleicht. Eventuell.
»Ich dachte, du und Samuel wären tot«, sagte sie. »Und damit war ich der Rudelmediziner. Und als Sanitäterin und loyale Gefolgsfrau meines Alphas erschien mir das Krankenhaus die sicherste Option zu sein.«
Sie hatte gerade gelogen. Nicht in Bezug darauf, dass Adam im Krankenhaus sicherer war als zu Hause. Mit den Turbulenzen der letzten Zeit hatte sie wahrscheinlich sogar Recht damit, dass ein schwer verwundeter Adam in diesem Zustand beim Rudel nicht in Sicherheit war. Sie würden ihn zerreißen und sich hinterher entschuldigen und sich vielleicht sogar schlecht fühlen.
Weitere Kostenlose Bücher